Katastrophe in der März-Statistik Autoabsatz in Japan bricht ein
01.04.2011, 11:03 Uhr
Blickt auf eine schwer verwüstete Volkswirtschaft: Notenbankchef Masaaki Shirakawa (Archivbild).
(Foto: REUTERS)
Das Erdbeben, der Tsunami und das Reaktor-Desaster reißen große Löcher in die japanische Autoindustrie. Mit den Verkaufszahlen für März liegen jetzt erstmals belastbare Zahlen zum wirtschaftlichen Ausmaß der Dreifach-Katastrophe vor. Die zarten Aufschwungssignale aus dem neuesten Tankan-Bericht bieten dagegen keinerlei Trost. Die Daten stammen größtenteils aus der Zeit vor dem großen Beben.
Im Erdbeben-Monat März ist der Autoabsatz in Japan um mehr als 35 Prozent eingebrochen. Das teilte der Verband japanischer Autohäuser mit. Ohne Berücksichtigung von Kleinwagen der Klasse bis 660 Kubikzentimeter Hubraum sank der Absatz im Vergleich zum Vorjahr sogar um 37 Prozent auf knapp 280.000 Fahrzeuge. Branchenführer Toyota musste - ohne Berücksichtigung seiner Marke Lexus - einen Rückgang von fast 46 Prozent hinnehmen. Nissan brachte 37,7 Prozent weniger Fahrzeuge an die Kunden, Honda Motor verbuchte einen Rückgang von 28,3 Prozent.
Toyota räumte unterdessen ein, dass die Folgen der verheerenden Naturkatastrophen die Bilanzen des Unternehmens belasten dürften. Das Ausmaß sei aber noch nicht abzuschätzen, sagte Toyota-Präsident Akio Toyoda. Diese Frage stünde derzeit aber auch nicht im Mittelpunkt. Vielmehr richte sich das Interesse auf das Schicksal der Opfer. Wegen der Produktionsausfälle in Folge von Erdbeben und Tsunami hatten Beobachter die Prognose für Toyotas operativen Gewinn im laufenden Geschäftsjahr um 84 Prozent auf 1,7 Mrd. Dollar gesenkt.
Toyota hebt US-Preise an
Unter Hinweis auf den anhaltend hohen Yen-Kurs kündigte Toyota unterdessen Preiserhöhungen für die meisten Modelle im US-Markt an. Toyota-, Scion- und Lexus-Fahrzeuge kosten künftig zwischen 200 und 900 Dollar mehr, teilte der bislang weltgrößte Autobauer mit. Die Spanne für die Aufschläge reicht demnach von 1,2 bis 2,2 Prozent. Ein fünftüriger Prius beispielsweise, der bisher 21.650 Dollar kostete, soll demnächst 22.120 Euro einbringen. Die Preiserhöhungen gelten ab Mai.
Trotz der verheerenden Folgen der Japan-Katastrophe befindet sich der Yen seit Wochen im Höhenflug - zwischenzeitlich erreichte er zum Dollar den höchsten Stand seit dem zweiten Weltkrieg. Der Höhenflug konnte durch ein gemeinsames Einschreiten der führenden sieben Industriestaaten zwar gestoppt werden. Trotzdem bekommt Toyota weiterhin vergleichsweise wenig für in den USA verkaufte Autos - und erhöht deshalb die Preise.
Tankan-Bericht verzeichnet Aufschwung
Die Dreifach-Katastrophe mit Erdbeben, Tsunami und Reaktorunglück in Fukushima traf die japanische Wirtschaft neuesten Daten zufolge mitten in einer Phase des anbrechenden Aufschwungs. Die Stimmung in Japans Wirtschaft hatte sich laut Tankan-Index bis zur Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe deutlich verbessert. Der unter gewöhnlichen Umständen an den Finanzmärkten hoch bewertete Konjunkturindex der japanischen Notenbank Bank of Japan (BoJ) stieg im März auf sechs Punkte. Im Dezember hatte der Tankan-Index noch bei fünf Punkten stagniert. Im Vorfeld befragte Ökonomen hatten mit einem Anstieg des Geschäftsklimaindex auf plus 7 Punkte gerechnet.

Produktion bei Toyota: Wenn die Verkäufe nicht reichen, wackeln schnell auch Arbeitsplätze - schlechte Aussichten für eine schnelle Konjunkturerholung.
(Foto: dpa)
Da die meisten Unternehmen die vierteljährliche Umfrage jedoch vor dem Beben beantwortet hatten, ist die Aussagekraft stark eingeschränkt. Volkswirte gehen von einem Einbruch beim Geschäftsklima in Folge der Katastrophen aus. Die Notenbank kündigte deshalb an, zu Beginn kommender Woche zusätzliche Referenzdaten für die Stimmungslage vor und nach dem Beben zu veröffentlichen. Diese Daten dürften nach Einschätzung von Fachleuten deutlich bedeutsamer sein als die jetzt vorgelegten Umfrage-Ergebnisse. In dem gesonderten Bericht sollen vor allem jene Befragungen eingehen, die nach dem Beben am 11. März stattgefunden haben.
Dienstleister besser als erwartet
Wie aus dem bislang vorliegenden Tankan-Bericht weiter hervorgeht, stieg auch der Diffusionsindex für das Geschäftsklima der großen Unternehmen des Dienstleistungssektors. Er legte im ersten Quartal auf plus 3 Punkte zu von zuvor plus 1 Punkt. Hier hatten Ökonomen einen Anstieg auf plus 2 Zähler prognostiziert.
"Die Daten bestätigen lediglich, dass die Wirtschaft vor dem Erdbeben im Begriff war, sich aus ihrer Flaute zu befreien", kommentierte Yoshiki Shinke, Volkswirt am Dai-Ichi Life Research Institute. Er fügte hinzu, dass verschiedene noch zu veröffentlichende Wirtschaftsindikatoren die BoJ wohl zu weiteren geldpolitischen Stützungsmaßnahmen für die Wirtschaft zwingen würden.
"Der Ausweis am Montag wird der erste der BoJ sein, der auf Daten beruht, welche die Auswirkungen der Katastrophe widerspiegeln, was die Chancen auf eine Entscheidung zugunsten weiterer Lockerung auf der anstehenden Sitzung erhöhen könnte", sagte Credit-Suisse-Ökonom Kenro Kawano.
Das Wort "Tankan" ist eine Abkürzung für "Untersuchung zur kurzfristigen Konjunktureinschätzung der Unternehmen". Der Bericht, für den rund 11.000 Unternehmen aller Größenordnungen befragt werden, gilt als wichtiger Kompass für den weiteren Zinskurs der japanischen Notenbank.
Quelle: ntv.de, rts/DJ