77 Tunnel und Brücken im Gebirge China baut Eisenbahn durch Permafrostgebiet nach Kirgistan
27.12.2024, 21:05 Uhr Artikel anhören
Der Torugart-Pass enthält Permafrostgebiete, in denen der Boden nie ganz taut.
(Foto: picture alliance / Artcolor)
Der Torugart-Pass ist eine Bergregion mit rauem Klima und hoher seismischer Aktivität. Dennoch beginnen China und Kirgistan jetzt mit dem Bau einer 523 Kilometer langen Eisenbahnlinie durch das Permafrostgebiet. In nur sechs Jahren soll die Handelsroute fertig und auch für Deutschland attraktiv sein.
Kirgistan und China verstärken ihre enge wirtschaftliche Zusammenarbeit durch den Bau einer neuen Eisenbahnstrecke. Der kirgisische Präsident Sadir Dschaparow gab den Startschuss für den Bau einer neuen Bahnlinie zwischen China, Kirgisistan und Usbekistan, die den zentralasiatischen Ländern als Tor zu den chinesischen Küstenhäfen dienen, Zentralasien aber auch als Versorgungsweg nach Europa erschließen soll. Die Kosten für das Projekt belaufen sich nach Schätzung kirgisischer Behörden auf umgerechnet rund 7,7 Milliarden Euro.
Bei der vom Staatsfernsehen live übertragenen Zeremonie wurden in den verschneiten Bergen der Region Dschalal-Abad im Süden Kirgistans Fackeln in den Nationalfarben der drei Länder gezündet. Dschaparow dankte "unseren Partnern - China und Usbekistan - für die Unterstützung bei der Ausführung dieses Projekts".

Chinas bisheriger Torugart-Hafen: ein Lkw-Terminal in der nordwestlichen Region Xinjiang.
(Foto: IMAGO/Xinhua)
Die Strecke werde "die Versorgung mit Gütern von China nach Kirgisistan und dann weiter nach Zentralasien" und in die benachbarten Länder "einschließlich der Türkei" und "sogar in die Europäische Union" sicherstellen, sagte der kirgisische Staatschef, der anlässlich des feierlichen Startschusses für das Projekt einen traditionellen Filzhut trug.
Vor wenigen Wochen hatte Dschaparaw auch Deutschland eingeladen, sich am Bau der Eisenbahnlinie zu beteiligen. Fehlende überregionale Verkehrsverbindungen seien das Haupthindernis dafür, dass mehr Waren nach Europa geliefert werden können, erklärte der kirgisische Staatschef im September bei einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz.
"Sehr komplex"
Die strategisch wichtige und insgesamt 523 Kilometer lange Eisenbahnlinie wird die chinesische Stadt Kashgar in der nordwestlichen Region Xinjiang mit dem kirgisischen Grenzübergang Torugart im gleichnamigen Gebirgspass verbinden. Nach einem Umweg zur nördlich gelegenen Goldmine Makmal soll die Strecke zur Stadt Dschalal-Abad im Süden Kirgisistans verlaufen und dort an die bestehende Eisenbahnlinie nach Andischan in Usbekistan angeschlossen werden.
Der Streckenabschnitt in China soll auf einer Strecke von rund 155 Kilometern verlaufen. Der kirgisische Abschnitt mit 305 Kilometern und der usbekische mit 63 Kilometern sollen zusammen mehr als doppelt so lang werden.
Die geplante Strecke verläuft teilweise in Gebirgsregionen und in Permafrostgebieten, wo der Boden nie ganz auftaut. Allein in Kirgisistan sei der Bau von 27 Tunneln und 46 Brücken vorgesehen, hieß es bei der im Fernsehen übertragenen Präsentation. Der Bau werde "sehr komplex" sein, da er in einer Bergregion mit rauem Klima und hoher seismischer Aktivität erfolge.
Konkurrenz für Russland
Das Projekt war zwei Jahrzehnte lang diskutiert worden, wurde aber im Juni mit der Unterzeichnung eines Regierungsabkommens durch die Staats- und Regierungschefs von China, Kirgisistan und Usbekistan festgezurrt. Nach Angaben der kirgisischen Eisenbahngesellschaft könnte der Bau der Strecke etwa sechs Jahre dauern.
Die Ex-Sowjetrepublik Kirgistan pflegt enge Beziehungen sowohl zu Russland als auch zu China. Traditionell sieht Moskau Zentralasien als sein Einflussgebiet an. Peking ist jedoch bestrebt, Russland dort als Regionalmacht abzulösen: Zentralasien spielt eine Schlüsselrolle bei Pekings Infrastrukturprogramm Neue Seidenstraße.
Zuletzt baute Peking seine Beziehungen zu den rohstoffreichen Ländern Zentralasiens immer weiter aus. Allein in die Gasförderung in Zentralasien sowie in den Bau von Eisenbahn- und Straßenverbindungen durch die Region investiert China Milliardensummen.
Quelle: ntv.de, chr/AFP