Vorwurf der "Ausbeutung" DDR-Reichsbahn setzte Zwangsarbeiter ein
30.05.2014, 02:21 Uhr
Die DDR-Reichsbahn ist nach der Wende im Deutschen-Bahn-Konzern aufgegangen.
(Foto: dpa)
Eine Studie deckt einen dunklen Punkt in der Deutschen-Bahn-Firmengeschichte auf: Die DDR-Reichsbahn soll politische Gefangene als Arbeiter ausgebeutet haben. Der DB-Konzern, in dem die Reichsbahn nach der Wende aufging, gibt sich ahnungslos.
Die Deutsche Reichsbahn der DDR hat nach einem Bericht des Fernsehmagazins "Report Mainz" in großem Umfang politische Gefangene als Zwangsarbeiter für sich schuften lassen. Das sei das Ergebnis einer Studie, die von der Union der Opferverbände der Kommunistischen Gewaltherrschaft in Auftrag gegeben worden sei. Die heutige Deutsche Bahn müsse sich diesem Teil ihrer Geschichte stellen, forderte die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke. Sie sei mit der Reichsbahn zur Zeit der Teilung geschäftlich verbunden gewesen. Nach der Wende ging die Reichsbahn im DB-Konzern auf.

Die deutsche Bahn müsse die Verantwortung übernehmen und Wiedergutmachung leisten, so die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke.
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Die Reichsbahn soll in der DDR regelmäßig Kontingente von Zwangsarbeitern erhalten haben. Jährlich seien rund 1200 bis 1500 Strafgefangene eingesetzt und zu schweren Arbeiten gezwungen worden - im Gleisbau oder bei der Verschrottung von Waggons. "Wir können jetzt erstmals belegen, dass die Deutsche Reichsbahn zwischen 1951 und 1989 von der Zwangsarbeit politischer Gefangener in erheblichem Maße profitiert hat", sagte der Leiter des Forschungsprojekts, Christian Sachse. Zwar lasse sich der so erzielte Profit nicht mehr genau beziffern; nachweisbar sei aber, dass Amnestien für Strafgefangene zu Millionenverlusten bei der Reichsbahn führten.
Deutsche Bahn ohne eigene Erkenntnisse
Sachse stellte weiterhin klar: "Die Zwangsarbeiter wurden zu physisch schweren und gesundheitsgefährdenden Arbeiten eingesetzt und dabei so schlecht entlohnt, dass man nur von Ausbeutung sprechen kann." Gleicke forderte die Deutsche Bahn AG auf, die Verantwortung für diesen Teil ihrer Unternehmensgeschichte anzunehmen. Es gehe darum, die Aufarbeitung zu unterstützen und gegebenenfalls auch Wiedergutmachung zu betreiben.
Die Deutsche Bahn selbst gab an, sie habe zum Arbeitseinsatz von Häftlingen "keine Forschungsergebnisse und Erkenntnisse". Für weitere Stellungnahmen wolle die Bahn die Veröffentlichung der Studie abwarten. Sie soll nach Angaben von Report Mainz Mitte Juni in Berlin vorgestellt werden.
Im März hatte "Report Mainz" unter Berufung auf eine Studie der Stasi-Unterlagen-Behörde berichtet, dass zahlreiche Firmen der Bundesrepublik von Zwangsarbeit in der DDR profitierten. Die Unternehmen, darunter Audi und Volkswagen, ließen demnach vor allem in den 70er und 80er Jahren billig Waren in DDR-Betrieben produzieren, die auch Häftlinge beschäftigten. Im November vergangenen Jahres hatte bereits der schwedische Möbelhauskonzern Ikea eingeräumt, dass in der DDR politische Häftlinge und Strafgefangene unter Zwang Möbel für ihn fertigen mussten.
Quelle: ntv.de, afr/dpa/AFP