Autokonzerne weit vorne "Deutsche Marken schlagen sich extrem gut"
24.11.2023, 16:11 Uhr Artikel anhören
"Die Automobilmarken sind die klaren Gewinner im Ranking", sagt Simon Thun.
(Foto: imago/STPP)
Einmal im Jahr gibt die Beratung Interbrand ein Ranking der globalen Marken heraus. Diesmal schneiden vor allem die Autobauer überdurchschnittlich gut ab. „Da spielt auch Luxus eine Rolle“, sagt Interbrand-Manager Simon Thun im Podcast "Die Stunde Null".
Wie misst man überhaupt den Wert von Marken?
Simon Thun: Wir schauen uns dafür drei Aspekte an. Zum einen die finanziellen Aussichten, also die Frage, welche Erwartungen Analysten an die Entwicklung der Unternehmen haben. Zweitens geht es um die Bedeutung der Marke in der jeweiligen Industrie. Und drittens kommt noch der Aspekt hinzu, wie wichtig die Marke im Vergleich zu ihren relevanten Wettbewerbern ist. Alle drei Faktoren ergeben kombiniert den aktuellen Wert der Marke.
Im aktuellen Ranking gibt es einige Auffälligkeiten. Zwar sind ganz vorne schon seit Längerem die vier großen US-Tech-Konzerne, also Apple, Microsoft, Google und Amazon. Dahinter aber bewegt sich etwas. Unter anderem gibt es einen starken Aufschwung der Automarken, obwohl es ja oft heißt, das sei eine Industrie auf dem absteigenden Ast. Wie lässt sich das erklären?
Die Automobilmarken sind die klaren Gewinner im Ranking dieses Jahres. Das liegt vor allem daran, dass die Branche sich seit Jahren in einer tiefen Transformation befindet. Da geht es um Nachhaltigkeit, Elektrifizierung und eine veränderte Kundennachfrage. Man kann sehen, dass sich die Unternehmen auch in der Markenführung schon länger danach ausrichten. Und jetzt profitieren sie von dem Momentum. Das Wachstum bei den Autobauern ist übrigens ähnlich wie in den vergangenen Jahren. Es ist eher so, dass die anderen Branchen nachlassen.
Unter die Top 10 haben es ja auch zwei deutsche Automarken geschafft, nämlich Mercedes und BMW. Starkes Wachstum beim Markenwert zeigen aber auch Audi und Porsche. Unterschätzen wir in Deutschland die Rolle dieser Marken?
Im Grunde gilt für alle deutschen Marken, dass da sehr gründlich Markenführung betrieben wird. Da spielt auch der Bereich von Premium und Luxus eine Rolle, bei dem das finanzielle Wachstum stärker ausfällt.
Die deutschen Unternehmen schneiden also insgesamt gut ab?
Eigentlich sind alle zehn Marken im Ranking, die ihre Zentrale in Deutschland haben, sehr stabil. Im Ländervergleich schlagen sich die deutschen Marken extrem gut.
Was war der letzte große Neuzugang unter den Top 10?
Das war sicherlich Nike im vergangenen Jahr. Das Unternehmen hat sein Marketing in den letzten Jahren sehr konsequent auf die Zielgruppen ausgerichtet, die für die Marke entscheidend sind. Dieses Jahr ist mit BMW ein deutsches Unternehmen dazu gekommen.
Es fällt auf, dass bei einer Reihe von Unternehmen die Werte zurückgegangen sind. Da gibt es eine Ballung von Tech-Unternehmen. Wie Facebook, Intel, Philipps, Nintendo, Huawei oder HP. Was ist der Grund?
Das lässt sich nicht auf die komplette Branche übertragen. Das sind sehr unterschiedliche Fälle, die in sehr unterschiedlichen Umfeldern operieren. Was aber auffällig ist, wenn man es auf einen Fall herunterbricht: Facebook geht als Marke runter, Instagram legt dafür deutlich zu. Da verändert sich also die Relevanz. Instagram hat ein sehr viel klareres Profil.
In welchen Branchen spielen Marken die größte Rolle?
Das hat oft mit den objektiven Rahmenbedingungen zu tun. Wir sehen, dass im Bereich Energieversorgung die Rolle der Marke sehr gering ist. Im Bereich Luxus ist sie extrem hoch, da ist die Marke oft ausschlaggebend für die Kaufentscheidung. Wir sind als Menschen eben keine rein auf den Nutzwert orientierten Wesen.
Sind Sie als Experte gefeit vor der Versuchung, beim Einkauf auf die Marke zu achten?
Natürlich werde auch ich von Marken beeinflusst. Aber ich nehme das auch gar nicht als negativ wahr. Eine Marke kann ja eine Lebenseinstellung oder die Werte symbolisieren, für die man steht.
Manchmal geht es doch aber einfach nur um das soziale Prestige, das man sich da einkauft.
Dieser Beweggrund ist aus unserer Sicht seit Jahren rückläufig. Natürlich gibt es Fälle, in denen Menschen sich selbst über Marken definieren. Aber wir sehen, dass sich das dreht. Es ist eher so, dass Unternehmen über die Marke zur Verantwortung gezogen werden: Wer etwas verspricht, sich aber anders verhält, bei dem kann es sein, dass der Konsument mit den Füßen abstimmt und woanders hingeht.
Hören Sie in der neuen Folge von "Die Stunde Null"
- Warum die Marketingbudgets kleiner geworden sind
- Weshalb China keine globalen Marken mehr haben will
- Was Simon Thun vom Namenswechsel bei Twitter hält
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Quelle: ntv.de