Euro-Partner machen Druck Griechenland wehrt sich
03.10.2011, 20:08 Uhr
Krankenhaus in Athen: Der griechische Patient beschäftigt die Euro-Partner.
(Foto: AP)
Die Sorge um Griechenland wächst. Das Land kann seine Sparziele nicht erfüllen, die Euro-Partner machen Druck. Athen wehrt sich gegen eine "Sündenbock"-Rolle, muss aber auf die dringend nötigen Kredite weiter warten. Immerhin verbreiten Diplomaten Hoffnung.
Wegen verfehlter Sparziele gerät Griechenland unter massiven Druck der Euro-Partner - und setzt sich trotzig zur Wehr. Beim Treffen der Euro-Finanzminister am Montag in Luxemburg nahmen die Kassenhüter die Sanierungsfortschritte Athens kritisch unter die Lupe und ließen Zweifel am Sparwillen Athens erkennen. In der angespannten Atmosphäre pochte Griechenland auf die versprochenen Milliardenhilfen, ohne die das Land Mitte Oktober pleite sein dürfte.
Die Euro-Partner lassen Athen bei den benötigten Krediten zappeln, verbreiten aber Hoffnung. Nach Angaben von EU-Diplomaten wäre es verfrüht, Griechenland jetzt von den internationalen Hilfsgeldern abzuschneiden.
Venizelos fordert Respekt
Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos wehrte sich gegen Schuldzuweisungen: "Griechenland ist ein Land mit strukturellen Problemen, aber nicht der Sündenbock der Euro-Zone". Athen erfülle die Auflagen der internationalen Geldgeber, sagte der Minister.
Kurz zuvor hatte er mitgeteilt, das Sparziel für das laufende Jahr zu verfehlen. Das Haushaltsdefizit werde statt der vereinbarten 7,6 nun 8,5 Prozent betragen. Den Haushaltsentwurf für 2012 bezeichnete Venizelos als "sehr ambitioniert". Der Euro knickte daraufhin ein.
Für das Jahr 2012 rechnet Athen laut einem am Sonntagabend vom Kabinett verabschiedeten Haushaltsentwurf nun mit einem Defizit von 6,8 Prozent. Bisher hatte die Regierung für das kommende Jahr 6,5 Prozent angepeilt.
Warten auf das Troika-Urteil
Im Gegenzug für das 110 Mrd. Euro schwere Hilfsprogramm von Europäern und Internationalem Währungsfonds muss Athen strenge Auflagen einhalten. Auf die dringend benötigte acht Mrd. Euro schwere Kredittranche muss Athen aber weiter warten.
Eine Expertengruppe ("Troika") aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) ist derzeit vor Ort und überwacht die Sparfortschritte. "Die Troika beschäftigt sich ja mit der Frage, was angesichts der aktuellen Zahlen in Griechenland die Empfehlungen sind, und diesen Bericht warten wir ab, das ist der Sinn", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).
Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker bekräftigte, bei dem Treffen würden die Minister keine Entscheidung über die Auszahlung des Geldes treffen. Nach derzeitiger Planung wollen die Euro-Kassenhüter die Summe bei einem Sondertreffen am 13. Oktober freigeben.
Beratungen über einen Kredithebel
Die Minister berieten über die Ausweitung des Krisenfonds für wackelnde Euro-Staaten EFSF. Dabei geht es um wichtige Detailfragen beim zweiten Griechenland-Hilfspaket, wie zum Beispiel das von Finnland geforderte Sicherheitspfand für Kredite, und die Umsetzung der Gipfelbeschlüsse vom 21. Juli.
Eine effektivere Verwendung der Mittel des Euro-Krisenfonds EFSF mit Hilfe von Kredithebeln könnte eine Möglichkeit sein. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte: "Ein Kredithebel ist eine der Optionen, die wir uns derzeit anschauen. Ich erwarte, dass wir darüber heute reden werden." Der Rettungsschirm könnte auf diese Weise mehr Schlagkraft erhalten.
Mit solchen Finanz-Instrumenten könnte die Ausleihsumme des Krisenfonds EFSF höher werden, ohne dass sich das Haftungsrisiko für die einzelnen Staaten erhöht. Der Krisenfonds EFSF kann derzeit 440 Mrd. Euro Notkredite vergeben. Schäuble wehrte dagegen ab und sagte: "Im EFSF sind bisher nur zehn Prozent (..) durch Programme für Griechenland und Portugal belegt. Und deswegen machen diese Spekulationen jetzt auch gar keinen Sinn."
Heilung für den griechischen Patienten
Beschlüsse zum Kredithebel wurden nicht erwartet. Denn zunächst einmal wollen die Euro-Länder die Ratifizierung des erweiterten Krisenfonds in den noch ausstehenden vier Ländern abwarten - und dies nicht durch neue Debatten gefährden.
In den vier Staaten Portugal, Niederlande, Malta und beim Wackelkandidat Slowakei müssen die Parlamente noch zustimmen. "Ich glaube, jetzt müssen die Länder der Euro-Zone erst einmal ihre Hausaufgaben machen", sagte Belgiens Finanzminister Didier Reynders. Er nahm Griechenland in Schutz: "Das Ziel lautet ja nicht, dass Griechenland geheilt wird und dann stirbt. Das Ziel lautet, dass wir ihm wirklich helfen."
Der neue EFSF, bei dem Deutschland mit 211 Mrd. Euro bürgt, soll möglichst Mitte Oktober einsatzbereit sein.
Quelle: ntv.de, sla/dpa