Historisches Tief Interesse an Unternehmensgründungen knickt ein
18.06.2022, 05:09 Uhr
Von der Politik erwartet sich der DIHK weniger Bürokratie für Gründer, einfache und schnelle Prozesse sowie einen besseren Zugang zur Gründungsfinanzierung.
(Foto: picture alliance / Zoonar)
Die Deutsche Industrie- und Handelskammertag berät potenzielle Gründerinnen und Gründer. Doch im vergangenen Jahr lässt das Interesse dem DIHK zufolge merklich nach, vor allem in den klassischen Gründerbranchen wie Gastronomie oder Einzelhandel. Zwei positive Entwicklungen gibt es aber doch.
Das Interesse an Unternehmensgründungen hat in Deutschland im vergangenen Jahr spürbar nachgelassen. Vor allem in klassischen Gründer-Branchen wie der Gastronomie und dem Einzelhandel interessieren sich immer weniger Menschen für den Schritt in die Selbstständigkeit, berichtet der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in seinem "Report Unternehmensgründungen", der dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vorliegt.
Um zehn Prozent ist die Zahl potenzieller Gründerinnen und Gründer gesunken, die sich bei den Industrie- und Handelskammern (IHKs) in persönlichen Gesprächen über eine Existenzgründung informiert hatten. Mit 159.682 persönlichen Gesprächen erreichte das Gründungsinteresse in Industrie, Handel und den Dienstleistungsbranchen ein historisches Tief in der seit dem Jahr 2002 geführten Statistik. In den IHK-Gründungsberatungen, denen zumeist bereits ein ausformuliertes Geschäftskonzept zugrunde liegt, betrug der Rückgang sogar 13 Prozent.
"Wir sehen eine Reihe von besorgniserregenden Entwicklungen", sagte DIHK-Präsident Peter Adrian dem RND. "Erneut sind viele Gründungen zurückgestellt worden. Vor allem in den Bereichen, die das Unternehmertum in den Regionen prägen, beobachten wir eine deutliche Zurückhaltung", so Adrian weiter. Besonders im Einzelhandel und der Gastronomie seien die Unsicherheiten nach den langen Lockdown-Phasen infolge der Corona-Pandemie groß, beklagte der DIHK-Präsident. "Es droht, viel unternehmerischer Geist verloren zu gehen", warnte er. "Denn sind es vor allem auch die zahlreichen Geschäfte, Restaurants und die vielen kleineren und mittelgroßen Unternehmen, die Eigenverantwortung und Unternehmertum vor Ort erlebbar machen."
Gründungen für den Nebenerwerb im Trend
Zwei positive Entwicklungen sieht der DIHK allerdings auch. So wuchs laut Gründungsreport das Interesse an Nebenerwerbsgründungen gegen den Trend: Vier Prozent mehr Gründerinnen und Gründer wollten sich in wirtschaftlich unsicheren Zeiten ein zweites berufliches und finanzielles Standbein aufbauen. Und auch bei größeren Betrieben legte die Zahl der Gründungen zu.
Beides sei eine "sehr erfreuliche Nachricht", sagte Adrian. "Gerade in unsicheren und herausfordernden Zeiten ist es unternehmerischer Geist, der auch in schwierigem Umfeld Chancen sieht. Aus einem solchen positiven Spirit entstehen Innovationen, die unsere Wirtschaft nach vorne bringen", betonte er. "Das macht Hoffnung, dass unser Land trotz der aktuellen Unwägbarkeiten in Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine auf innovative und mutige unternehmerische Persönlichkeiten bauen kann."
An die Politik appelliert der DIHK-Präsident, die Erwartungen der Gründerinnen und Gründer ernst zu nehmen. Dazu gehörten weniger Bürokratie, einfache und schnelle Prozesse sowie ein besserer Zugang zur Gründungsfinanzierung. "Das sind entscheidende Stellschrauben für eine Erfolgsstory bei den Unternehmensgründungen. Der aktuelle DIHK-Report liefert konkrete Hinweise, wie das Umfeld für Gründerinnen und Gründer verbessert werden kann."
Quelle: ntv.de, mpe