Im US-Finanzstreit geht es einen Schritt vor und zwei zurück Republikaner torpedieren Senatskompromiss
15.10.2013, 21:50 Uhr
Ein Kompromiss muss her. Das wissen auch die US-Bürger. Aber das politische Ränkespiel in den USA hält an. Am Donnerstag droht die Zahlungsunfähigkeit der größten Volkswirtschaft der Welt.
(Foto: REUTERS)
Im Senat sind sich Demokraten und Republikaner einig, oder besser: zumindest kompromissbereit. Doch statt die Lösung des US-Schulden- und Haushaltsstreit fertig einzutüten, zündelt nun das republikanisch dominierte Repräsentantenhaus: Neue Forderungen tauchen auf. Das Weiße Haus reagiert empört - die Wall Street reagiert auf ihre Weise.
Die Gespräche und Verhandlungen im quälenden US-Haushaltsstreit haben erneut einen Dämpfer erhalten. Nachdem sich zu Wochenbeginn Demokraten und Republikaner im Senat auf einen Beinah-Kompromiss verständigt hatten, der mit etwas gutem Willen beschlussfähig gewesen wäre, haben die Republikaner im Abgeordnetenhaus neue Forderungen gestellt - und damit die Party verdorben.
US-Medien zufolge sah der Kompromissvorschlag vom Wochenauftakt vor, die Schuldenobergrenze bis zum 7. Februar anzuheben. Außerdem könnte ein Übergangsbudget verabschiedet werden, das den Verwaltungsstillstand beendet und die Finanzierung der laufenden Regierungsgeschäfte bis zum 15. Januar sicherstellt.
In der Zwischenzeit soll den Angaben zufolge ein gemeinsamer Ausschuss von Senat und Repräsentantenhaus bis zum 13. Dezember einen längerfristigen Kompromiss zur Sanierung der Staatsfinanzen aushandeln. Eine ähnliche «Superkommission» war vor zwei Jahren allerdings daran gescheitert, nach einem Streit über das Schuldenlimit einen umfassenden Haushaltskompromiss zu erarbeiten.
Und weiter geht's
Die republikanische Führung im Repräsentantenhaus übernahmen zwar aus dem Senat weite Teile des Kompromisses, garnierten ihn aber mit für die Demokraten unakzeptablen Bedingungen. Das Weiße Haus lehnte den Vorstoß postwendend ab. "Im Senat haben Demokraten und Republikaner an einem gemeinsamen Vorschlag gearbeitet, der die selbstgemachte Krise beenden sollte, die bereits amerikanische Familien und Unternehmer geschädigt hat", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Amy Brundage. "Weil nur noch wenige Tage bleiben, sollte das Repräsentantenhaus dasselbe tun."
Auch der Chef der Demokraten im Senat, Harry Reid, gab dem neuen Plan der Republikaner keine Chance. Der komme nicht durch den Senat, sagte Reid. Die Einigung in den USA ist auch deshalb so schwierig, weil beide Kammern des Kongresses - Senat und Abgeordnetenhaus - einem Gesetzentwurf zustimmen müssen. Weil es in beiden Kammern unterschiedliche Mehrheiten gibt, blockieren sich beide Lager. Im Senat haben Obamas Demokraten das Sagen, im Repräsentantenhaus die Republikaner.
Senatskompromiss nur gegen Gegenleistungen
Auch der neue Vorschlag der Republikaner sah vor, den amerikanischen Staatsbetrieb - der wegen der ungeklärten Finanzierung seit zwei Wochen lahm liegt - wieder hochzufahren und bis zum 15. Januar auf dem bisherigen Ausgabenniveau weiterlaufen zu lassen. Der Regierung wäre es gestattet, bis Anfang Februar zusätzliche Schulden aufzunehmen. Die Schuldenobergrenze, die derzeit bei 16,7 Billionen Dollar liegt, müsste dafür angehoben werden.
Allerdings wollte sich die Partei ihre Zustimmung teuer erkaufen. Unter anderem soll eine Steuer auf medizinische Geräte für zwei Jahre auf Eis gelegt werden. Damit würden für die Gesundheitsreform von Präsident Obama pro Jahr zwischen 20 Milliarden und 30 Milliarden Dollar fehlen und die Demokraten müssten andere Finanzquellen anzapfen.
Die Republikaner wollten als Gegenleistung für ihre Zustimmung zum Senatskompromiss außerdem die Trickkiste des Finanzministers erheblich verkleinern, wenn es um Möglichkeiten geht, die Schuldenobergrenze zu umgehen. Denn eigentlich sind die USA schon seit dem Frühjahr am Limit, durch eine geschickte Buchführung des Finanzministeriums bisher aber noch flüssig. Beispielsweise wurden die Zahlungen an die Pensionsfonds für Beamte gestrichen. Verhindern wollen die Republikaner auch Zuschüsse für Abgeordnete, Senatoren und hohe Beamte für Versicherungen.
Boehner rudert zurück
Der Chef Republikaner im Repräsentantenhaus, John Boehner, versuchte zu beschwichtigen. Er erklärte vor Reportern, dass seine Fraktion noch keine Entscheidung getroffen habe. Eine Pleite der USA solle auf jeden Fall vermieden werden. Die Parlamentarier haben dazu noch bis Donnerstag zeit.
An den Börsen kommt das Gerangel nicht gut an. Nachdem der Wochenauftakt an der Wall Street positiv verlaufen war, bröckeln mit der Zuversicht auf eine schnelle Lösung im Finanzstreit auch die Kurse wieder. Der Dow gab ebenso nach wie S&P-500 und Nasdaq. Der Dax, der mit einem Allzeithoch geschlossen hatte, kam nachbörslich wieder etwas zurück.
Quelle: ntv.de, bad/DJ/AFP