Prüfbericht entlarvt Bilanztricks Lehman war längst pleite
12.03.2010, 07:27 UhrDer jüngste Prüfbericht wirft ein dunkles Licht auf die damalige Bankführung: Offenbar war Lehman Brothers schon Monate vor der eigentlichen Insolvenz mehr als nur schwer angeschlagen. Mit Bilanztricks soll das Wall-Street-Institut seine Probleme kaschiert haben - die Grundlage für die bislang schwersten Marktturbulenzen in der Geschichte der Weltwirtschaft.

Der Name stand einst für eine stolze Tradition: Nun steht "Lehman" für einen der inneren Kreise der Krise.
(Foto: REUTERS)
Die US-Investmentbank Lehman Brothers war einem Prüfbericht zufolge bereits Wochen vor ihrem Kollaps im September 2008 zahlungsunfähig gewesen. Das Geldhaus habe zudem Buchungstricks angewendet, heißt es in dem veröffentlichten 2200 Seiten starkem Bericht eines gerichtlich bestellten Prüfers. So sei mit einem Trick der Eindruck erweckt worden, dass Lehman seinen Verschuldungsgrad im Jahr 2008 verringerte. Tatsächlich sei dies jedoch nicht der Fall gewesen, was zum Zusammenbruch der Bank beigetragen habe.
Trickserei, kein Fehlverhalten
Dennoch wirft der Prüfer Anton Valukas von der Anwaltskanzlei Jenner & Block dem Management der Bank kein umfassendes Fehlverhalten vor. Zwar könne man einige Entscheidungen des Managements rückblickend infrage stellen und die Methoden zur Bewertung der Vermögenswerte seien möglicherweise unzulänglich gewesen, heißt es in dem Bericht. Die Verantwortlichen seien jedoch größtenteils nicht haftbar für den Zusammenbruch der Bank.
Das Ergebnis der mehr als einjährigen Recherche des Rechtsanwalts wirft nicht nur ein schlechtes Licht auf die damalige Bankführung, sondern auch auf die Buchprüfer von Ernst & Young. Für seinen Bericht sichtete Valukas zusammen mit seinem Stab mehrere Mio. Dokumente und führte zahlreiche Interviews.
Die Pleite von Lehman Brothers im September 2008 gilt als Höhepunkt der Finanzkrise. Ab diesem Zeitpunkt verloren die Banken jegliches Vertrauen untereinander. Nur das massive Eingreifen der Regierungen hielt die weltweiten Märkte notdürftig am Laufen. Die Zeche zahlen die Bürger bis heute.
Rückblick
Lehman Brothers hatte sich wie viele andere Finanzunternehmen mit kompliziert konstruierten Hypothekenpapieren verspekuliert. Bereits ein Jahr vor dem Zusammenbruch deuteten sich die Probleme auf den globalen Märkten an und wuchsen dann rapide. Die Banken fingen an, sich zu misstrauen.
Am Ende, auch das stellte Valukas fest, verlangten unter anderem die Citigroup und JP Morgan von Lehman Brothers derart hohe Sicherheiten für neue Kredite, dass die Investmentbank kapitulieren musste. Ihr ging das Geld aus. Lehman Brothers wurde im Eilverfahren zerschlagen, übrig blieben Zehntausende Geschädigte, darunter auch viele deutsche Kleinanleger.
Valukas war bereits im Januar vergangenen Jahres von einem Gericht als Prüfer in dem Fall bestellt worden. Er sollte nach Hinweisen auf Betrug, Unredlichkeit und Fehlverhalten suchen. Der Bericht war im Februar fertig gestellt worden und wurde am Vortag vom zuständigen Insolvenzrichter freigegeben.
Quelle: ntv.de, rts/dpa