
Viele schöne Tannen schmücken das Weiße Haus in den USA..
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Schön aussehen, nicht nadeln und gut riechen soll die perfekte Tanne fürs Weihnachtsfest. Besonders die Nordmanntanne ist und bleibt beliebt. Alternativen zum Naturbaum sorgen für Druck auf dem Tannenmarkt.
Melania Trump ist nicht unumstritten, aber die First Lady weiß, wie man sich in festliche Stimmung bringt. Ende November hat sie im Weißen Haus 62 pompös dekorierte Weihnachtsbäume vorgestellt. Mit dicken Kugeln, bunten Lichterketten und roten Schleifen. Das sieht wunderschön aus, dahinter steckt aber ein knallhartes Geschäft. Mehr als 700 Millionen Euro pro Fest setzt die Branche allein in Deutschland um, jedes Jahr wird es etwas mehr.
Das meiste Geld verdienen traditionelle Weihnachtsbaumanbauer, von denen gibt es hierzulande etwa 2000. Einer von ihnen ist Christian Mütherich. Er bewirtschaftet in seiner Baumschule in der dritten Generation rund 120 Hektar Anbaufläche. Der Großteil seiner Bäume wächst im nordrhein-westfälischen Sauerland, dem größten deutschen Anbaugebiet. Bis die Nordmanntanne beim Käufer landet, ist es ein langer und aufwendiger Weg. Bis zur Ernte können zwölf Jahre vergehen, erzählt der Weihnachtsbaumproduzent im ntv-Podcast "Wieder was gelernt". Man müsse die einzelnen Weihnachtsbäume jedes Jahr in Form schneiden, um den Saftfluss zu regulieren.
Knapp 30 Millionen Weihnachtsbäume stellen sich die deutschen jedes Jahr in ihr Wohnzimmer. Mittlerweile sind es so viele, dass mehr als zwei Millionen Tannen importiert werden müssen, um die Nachfrage bedienen zu können. Auf deutschen Weihnachtsbaum-Plantagen packen dabei mehr als 7.000 Saisonarbeitskräfte an. Die Arbeit in den Kulturen ist mühevoll und kräfteraubend, ohne polnische Erntehelfer wäre es nicht zu schaffen.
Das Lieblingskind ist auch ein Problemkind

Ohne polnische Arbeitskräfte sind deutsche Tannenbaum-Züchter aufgeschmissen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Aber trotz intensiver Pflege schafft es nicht jeder Baum ins Wohnzimmer. Die Nordmanntanne ist der mit Abstand beliebteste Weihnachtsbaum der Deutschen, rund drei Viertel holen sich den Klassiker für das Fest nach Haus. Die Tanne ist aber nicht nur Lieblings-, sondern auch Problemkind. Sie sei sehr schwierig in der Aufzucht, sagt Christian Mütherich. 40 Prozent der Keime seien überhaupt nicht keimfähig. Außerdem brauche die Nordmanntanne ein, zwei Jahre, bevor ihre Samen Fuß fassen. Das führe zu großen Ausfällen.
Auch die Frostanfälligkeit und der Wuchs entscheiden, ob die Nordmanntanne beim Kunden oder direkt im Schredder landet. Gekauft werde der Baum in den meisten Fällen nur, wenn er saftig grüne Nadeln zeige und schön stufig und buschig gewachsen sei, erklärt der Weihnachtsbaum-Züchter. Nur dann könne man den vollen Preis verlangen. Den meisten Deutschen ist der Meter Weihnachtsbaum rund 20 bis 30 Euro wert. Jeder Fünfte gibt bis zu 40 Euro für die Tanne aus, knapp jeder Zehnte bezahlt sogar mehr als 50 Euro.
Eine immer wichtigere Rolle für die Kaufentscheidung spielt die auch Frage, wie der Baum angebaut worden ist. Wird mit Chemie nachgeholfen? Oder ist alles so, wie es Mutter Natur gewollt hat? Besonders Frauen sind bereit, für eine ökologisch angebaute Tanne tiefer ins Portemonnaie zu greifen.
Christian Mütherich setzt auf einen nachhaltigen Weihnachtsbaumanbau. Bei ihm wird ein neuer Baum dort nachgepflanzt, wo ein anderer gefällt oder aus der Erde geholt wurde. Spritzen ist allerdings erlaubt, wie bei vielen anderen Großproduzenten mit riesigen Anbauflächen. Man gebe dem Baum an Nährstoffen, was er braucht, sagt der Sauerländer.
Etikettenschwindel beim Bio-Baum
Anders ist es beim ökologisch-biologischen Anbau. Von den rund 2.000 Weihnachtsbaumanbauern in Deutschland züchten weniger als 100 die ungespritzte Bio-Tanne mit Zertifikat. Es handelt sich um ein Nischenprodukt mit viel kleineren Kulturen. Unter anderem, weil nicht immer Bio drin ist, wo Bio draufsteht, warnt Bernd Pirrone von der Initiative Bio-Weihnachtsbaum Deutschland, einem Zusammenschluss unabhängiger Bio-Weihnachtsbaumproduzenten. Immer wieder gebe es Trittbrettfahrer unter den Händlern, die Weihnachtsbäume aus vermeintlich ökologischem Anbau anbieten mit Preisen unter 15 Euro pro Meter, die aber nicht zertifiziert seien.
Mit Alternativen zur klassischen Tanne versuchen auch mehrere Startups das Weihnachtsbaum-Geschäft zu mehr Nachhaltigkeit zu bewegen. Thomas Müller aus Mainz-Kastell bietet Christbäume zum Mieten an. Die landen nach Weihnachten nicht im Müll, sondern wieder auf seinem Grundstück.
"Man kann sich die Bäume online oder per Videotelefonie aussuchen", erzählt der Tannen-Gründer. "Anschließend werden sie eingepackt und versandt, im lokalen Bereich bringen wir sie auch selbst zur Tür. Dann darf man die Bäume für einen vereinbarten Zeitraum behalten und schmücken. Wenn sie zurückkommen, graben wir sie wieder ein und pflegen sie für ein weiteres Jahr - so können die Bäume viele Weihnachten erleben."
Ein Baum, viele Weihnachten
Den Baum zur Miete gibt es bei Müller mit Versand und Verpackung für knapp 90 Euro. Manche Kunden bestellen sogar Jahr ein Jahr aus immer denselben Baum. Nach Weihnachten kommen sie im Karton zurück. Den Kunden sei die Optik nicht egal, erzählt der Gründer. Viel wichtiger sei es den meisten aber, dass der Baum nach dem Weihnachtsfest nicht sterbe, sondern weiter gepflegt werde.
Die zurückgesendeten Bäume päppelt er mit viel Geduld wieder auf. Gespritzt oder gedüngt werden die Miettannen nicht, auch das Unkraut auf seinem Grundstück rupft Müller persönlich raus. Noch betreibt der Weihnachtsbaumfreund, so heißt sein Startup, das Geschäft nebenberuflich. Doch die Nachfrage nach den Tannen zum Mieten wächst, gerade im Winter wird daraus immer häufiger ein Vollzeitjob.
Mit seinem Mietkonzept ist Thomas Müller längst nicht mehr allein auf dem Markt. Mittlerweile bieten auch größere Händler zusätzlich zu ihrem konventionellen Geschäft Bäume auf Zeit an. Alternativen werden für Kunden, die nicht nur einen schönen Baum, sondern auch ein gutes Gewissen haben wollen, zunehmend attraktiver. Aber auch wenn Nachhaltigkeit im Trend liegt, ist klar: Noch ist die Nordmanntanne der Klassiker unter den Weihnachtsbäumen.
Alle Folgen von "Wieder was gelernt" finden Sie in der ntv-App, bei Audio Now, Apple Podcasts und Spotify. Für alle anderen Podcast-Apps können Sie den RSS-Feed verwenden. Kopieren Sie die Feed-URL und fügen Sie "Wieder was gelernt" einfach zu Ihren Podcast-Abos hinzu.
"Wieder was gelernt" ist ein Podcast für Neugierige: Warum kann die kleine Ameise Ant China ins Wanken bringen? Wie bringt Nokia das LTE-Netz auf den Mond? Warum wird der Rhein "umgebaut"? Hören Sie rein und werden Sie dreimal die Woche ein bisschen schlauer.
Quelle: ntv.de