Mieses Jahr 2016 Nordex-Anleger ignorieren Risiken
06.01.2017, 10:33 Uhr
Wird in die USA die Förderung für erneuerbare Energien gekürzt?
(Foto: imago/Manngold)
Nach einem kräftigen Rückgang im vergangenen Jahr ist die Aktie des Windkraftanlagenherstellers Nordex auf dem Weg nach oben. Die Risiken haben seit der Trump-Wahl allerdings zugenommen. Lässt der Rückenwind bald nach?
Die Verluste von mehr als 35 Prozent aus dem Vorjahr will Nordex schnell vergessen und setzt zur Erholung an. Beflügelt wurde das Papier jüngst von einer Einschätzung von Goldman Sachs. Die Analysten hatten sich positiv zu den Wachstumsperspektiven und der Bewertung des Windkraftherstellers geäußert und ihre Kaufempfehlung mit einem Kursziel von 31 Euro bestätigt.
Gegenüber dem aktuellen Kurs hätte das Papier damit ein Potenzial von knapp 50 Prozent. Rückenwind hatte das Papier zuletzt vor allem von den steigenden Ölpreisen. In dem Umfeld rechnen sich Windkraftanlagen eher als vorher, zumal die Energiegestehungskosten in den nächsten Jahren wegen der Weiterentwicklung der Technologie weiter deutlich sinken sollen.
Angesichts dessen sehen Investoren darüber hinweg, dass das Umfeld für Nordex in den nächsten Quartalen deutlich schwieriger sein könnte als bislang erwartet. Die 2018er-Ziele könnte der Konzern verfehlen. Noch sehen diese einen Umsatzanstieg auf 4,2 bis 4,5 Milliarden Euro vor, während die Ebitda-Marge (Gewinn vor Zinsen, Steuern Abschreibungen im Verhältnis zum Umsatz) auf mehr als zehn Prozent verbessert werden soll. Das würde einem Ebitda von 435 bis 495 Millionen Euro entsprechen, 2016 dürfte es bei 280 Millionen gelegen haben.
Wo lauern nun die Gefahren? Wie schwer es der Konzern bereits in dem bestehenden Umfeld hat, zeigt die Eingrenzung der 2016er-Prognose wegen Auftragsverschiebungen auf das untere Ende der vorherigen Spanne. So soll der Umsatz lediglich auf 3,35 Milliarden Euro steigen. Die Ebitda-Marge werde nur 8,3 Prozent erreichen. Vorstandschef Lars Bondo Krogsgaard hielt zwar am Ziel eines Auftragseingangs von "gut 3,4 Milliarden Euro" fest. Es sei zwar hart, aber machbar. Dazu hätte Nordex allerdings im vierten Quartals Orders von 1,2 Milliarden Euro an Land ziehen müssen – kein leichtes Unterfangen.
Die Analysten von Goldman gehen davon aus, dass Nordex in den nächsten Tagen die Zahlen zum Auftragseingang veröffentlichen wird. Am 30. März, wenn der Konzern den Geschäftsbericht vorlegt und einen Ausblick auf 2017 gibt, wissen Anleger mehr über die Gesamtentwicklung. Diese will Krogsgaard positiv gestalten und treibt dafür die Integration der spanischen Tochter Acciona Windpower voran, die nach der Übernahme seit dem zweiten Quartal 2016 in die Ergebnisse von Nordex einfließt. Durch die Transaktion expandiert der Konzern kräftig in die Emerging Markets, wie Mexiko, Brasilien und Indien, sowie in die USA, in denen Nordex bislang nur schwach oder gar nicht vertreten war.
Blick in die USA
Dass das Umfeld für Nordex im Jahr 2017 bereits schwierig werden könnte, darauf deuten die Aussagen des viel größeren Konkurrenten Vestas hin. Vorstandschef Anders Runevad warnte, dass das Wachstum nach drei Jahren mit rasanten Zuwächsen künftig deutlich schwächer ausfallen könnte, worauf es am 8. November, also kurz vor dem Wahlsieg von Donald Trump, zu einem kräftigen Kursrückschlag bei der Aktie gekommen war. "Wir erwarten, dass vor allem das US-Geschäft im Jahr 2017 auf einem niedrigeren Niveau als 2016 sein wird", so Runevad.
Der Vorstandschef rechnet also mit einem Umsatzrückgang für die USA. Diese Aussage hatte Runevad wohlgemerkt vor Trumps überraschendem Wahlsieg gemacht. Experten befürchten, dass Trump, der signalisiert hat, das Pariser Klimaschutzabkommen aufzukündigen, verstärkt auf Kohle setzen wird, um so Jobs in dem Bereich zu schaffen - und im Gegenzug die Förderung für erneuerbare Energien deutlich kürzen wird.
Daher könnte auf die Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien noch einiges zukommen. Dabei will Nordex in den USA expandieren. So soll der Marktanteil dort, der 2016 wohl bei rund zwei Prozent liegen wird, 2018 auf zehn Prozent gesteigert werden und für ganz Nordamerika auf 26 Prozent. Damit würde die Region der zweitwichtigste Umsatzlieferant von Nordex werden. Im Gegenzug soll der Anteil des wichtigen Europa-Geschäfts von 64 Prozent auf nur mehr 43 Prozent sinken. Sollte Trump seine Ankündigungen in die Tat umsetzen, könnte es Nordex aber sehr schwer fallen, sein 2018er-Ziel für die USA zu erreichen.
Die Unsicherheit bei Nordex bietet aber auch Chancen, weil damit Seitwärtspapiere, wie etwa Discount-Zertifikate günstiger werden. Die hohe Volatilitätsbewertung ermöglicht ein attraktives Chance-Risikoprofil, wenn die Aktie leicht steigt oder sogar etwas verliert. "Wer zum Beispiel bis zum Juni 2017 mit einem leichten Anstieg der Aktie auf mindestens 22,50 Euro rechnet, kann eine Rendite von fast 14 Prozent mit Discount-Zertifikaten erzielen", sagt Anouch Wilhelms, Zertifikate-Experte der Commerzbank. Gleichzeitig erleidet der Anleger erst dann Verluste, wenn die Nordex-Aktie zum Laufzeitende mehr als 7,2 Prozent verliert. Sollte die Aktie allerdings bis zum Juni stärker steigen als auf 22,50 Euro, liegt die maximale Rendite des Zertifikats weiterhin bei 14 Prozent. Erst wenn die Titel von Nordex im Juni 2017 oberhalb von 24,30 Euro notieren, fällt die Rendite der Aktie höher aus als die des Discount-Zertifikats – etwa bei einem robusten Anstieg der Ölpreise oder einem Kurswechsel von Donald Trump.
Quelle: ntv.de