Explosionsschutz aus Schwaben R. Stahl lehnt Übernahme ab
10.04.2014, 20:28 Uhr
Technologisch führend beim Explosionsschutz von der LED-Taschenlampe bis zum Schaltschrank: "Wir sind von der Ankündigung überrascht worden."
(Foto: R. Stahl / stahl.de)
Eine deutsche Spezialfirma aus Waldenburg in Baden-Württemberg kämpft gegen die feindliche Übernahme: Ein Elektrotechnik-Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen wirft eine stattliche Summe in die Waagschale. Der Kurs der Stahl-Aktie zieht steil an.
Der schwäbische Explosionsschutz-Spezialist R. Stahl sieht sich mit einem mehr als 300 Millionen Euro schweren Versuch einer feindlichen Übernahme konfrontiert. Das gemessen am Umsatz gut doppelt so große Elektrotechnik-Unternehmen Weidmüller hat den Aktionären der börsennotierten Firma aus Waldenburg am Donnerstag ein Kaufangebot für ihre Aktien in Aussicht gestellt, das um fast die Hälfte über dem Schlusskurs des Vortages liegt.
Ein leichtes Spiel hat Weidmüller dabei nicht: Der Vorstand und die Großaktionäre von R. Stahl wollen offenbar nicht verkaufen. "Das Familienkonsortium hat eine Aufnahme von Gesprächen abgelehnt", teilte der Vorstand mit. Die Familien Stahl und Zaiser halten zusammen 51 Prozent der Aktien.
Bieterschlacht im Mittelstand
"Wir sind von der Ankündigung überrascht worden", sagte Stahl-Finanzvorstand Bernd Marx auf Anfrage. Weidmüller-Chef Peter Köhler erklärte, es habe "konstruktive Gespräche" mit den Hauptaktionären von R. Stahl gegeben. Damit kann sich Köhler offenbar nicht auf die Mehrheitseigentümer beziehen. Denn dort will man von "konstruktiven" Gesprächen nichts wissen.
Stahl-Finanzchef Marx betonte, die Familien hätten stets alle Kaufofferten abgelehnt, um den Hersteller von Schaltern für explosionsgefährdete Bereiche unabhängig zu erhalten. In einer Weidmüller-Mitteilung ist dagegen von einer "perfekten Kombination für weiteres Wachstum" die Rede.
Übernahmeschlacht im Mittelstand
"Bereits im Vorfeld haben Vertreter der Firma Weidmüller das Gespräch mit dem Familienkonsortium als unserem Hauptaktionär gesucht", heißt es bei R. Stahl. "Das Familienkonsortium hat eine Aufnahme von Gesprächen abgelehnt." In der Vergangenheit sei R. Stahl häufiger mit Anfragen dieser Art konfrontiert worden. "In all diesen Fällen hat das Familienkonsortium zum Unternehmen gestanden, um die Unabhängigkeit weiter zu bewahren."
Die feindlich gesinnte Annäherung löste an der Börse teils kräftige Turbulenzen aus. "Der Börsenkurs spiegelt den Wert des Unternehmens nicht wider", sagte Marx. Die R.-Stahl-Aktie schnellte nach Bekanntgabe der Offerte zwar um fast 40 Prozent auf 44,80 Euro nach oben. Der Kurs blieb damit aber unter dem Übernahmeangebot von 47,50 Euro je Aktie.
Schutzschalter für Bohrinseln und Destillerien
Weidmüller mit Sitz in Detmold baut Stecker, Anschlüsse, Automatisierungstechnik, Spezialwerkzeuge, Gerätegehäuse und Markierungssysteme für industrielle Großkunden. Im Geschäftsjahr 2013 erzielte das Unternehmen eigenen Angaben zufolge mit rund 4600 Mitarbeitern einen Umsatz von 640,3 Millionen Euro.
R. Stahl dagegen beliefert seine Kunden mit speziellen Schaltgeräten, Tastern, Leuchten und Steuerungseinheiten, die den besonderen Anforderungen beim Betrieb von elektrischen Anlagen in explosionsgefährdeten Arbeitsbereichen entsprechen.
"Unsere Hauptabnehmer finden sich in der Gas- und Ölindustrie sowie in der Chemie und Pharmazie", heißt es in einer Unternehmensdarstellung. "Aber auch die Nahrungsmittelbranche, der Schiffbau und die Biokraftstoff-Industrie müssen explosionsgeschützte Produkte einsetzen." Produkte des im Frankfurter Prime Standard notierten Unternehmens kommen darüber hinaus in Kläranlagen, Wasseraufbereitungsanlagen oder Destillerien zum Einsatz. R. Stahl kommt mit rund 1850 Mitarbeitern auf einen Umsatz von zuletzt 304 Millionen Euro.
Quelle: ntv.de, mmo/rts