Neue Hindernisse am Kapitalmarkt Moody's drückt Italien-Rating
13.07.2012, 09:30 Uhr
Die "ewige Stadt" Rom: Muss Italien sich vor einer "Ansteckungsgefahr" fürchten?
(Foto: REUTERS)
Beobachter rätseln: Ist es Zufall oder ein genau platzierter Paukenschlag? Wenige Stunden vor einer milliardenschweren Auktion italienischer Staatsanleihen senkt die Ratingagentur Moody's ihre Einstufung der Bonität Italiens um volle zwei Stufen. Die Aufnahme frischer Kredite könnte sich für Rom damit weiter verteuern.

Emotionslos: Die Ausgabe neuer Staatsanleihen findet üblicherweise weniger Beachtung als ein durchschnittliches Fußballspiel.
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Die Ratingagentur Moody's hat die Bonität des Euro-Landes Italien in der Nacht überraschend herabgestuft. Die Bewertung italienischer Staatsanleihen wurde um zwei Stufen von "A3" auf "Baa2" gesenkt. Wie die Analysten mitteilten, bleibe der Ausblick für das hoch verschuldete Land weiter negativ. Mit weiteren Herabstufungen in den kommenden Wochen ist damit zu rechnen.
Es sei zu erwarten, dass die Kosten für die Refinanzierung der Staatsschulden weiter steigen oder das Land angesichts eines Vertrauensverlustes seinen Zugang zum Finanzmarkt verliert, hieß es zur Begründung. Außerdem wurde auf die "Ansteckungsgefahr" Griechenlands und Spaniens verwiesen.
Abgesehen von konjunkturellen Einflüssen stellten die Moody's-Analysten erneut die sogenannten politischen Risiken heraus: Angesichts einer sich verschlechternden wirtschaftlichen Entwicklung in Italien, die durch sinkendes Wachstum und steigende Arbeitslosenzahlen deutlich werde, so hieß es in der Begründung weiter, steige auch das Risiko, . Dies würde sich dann wiederum negativ auf das Vertrauen am Markt und die Möglichkeiten zur Beschaffung frischen Geldes auswirken.
Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung?
Vor diesem Hintergrund sei wegen der hohen Verschuldung, des großen Finanzbedarfs in den Jahren 2012 und 2013 sowie des Rückzugs von ausländischen Anlegern ein großes Liquiditätsrisiko entstanden. Moody's rechnet damit, dass die italienische Wirtschaft in diesem Jahr um 2 Prozent schrumpft.
Ungewöhnlich erscheint der Zeitpunkt der Benotung: Üblicherweise nehmen Ratingagenturen Rücksicht auf das Marktumfeld. Um Überreaktionen nervöser Investoren zu vermeiden, werden potenziell kursbewegende Nachrichten meist erst am späten Freitagabend nach US-Börsenschluss veröffentlicht. In diesem Fall scheint der Terminkalender Moody's unter Zeitdruck versetzt zu haben: Vor dem Wochenende steht eine Auktion von Schuldscheinen und Aufstockungen aus Rom mit Laufzeiten von sieben bis elf Jahren über insgesamt rund 5 Mrd. Euro an.
Bofinger: Märkte ignorieren Fortschritte
Verbale Unterstützung für Italiens Regierungspolitik kommt unterdessen aus Deutschland: Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger hält die hohen Refinanzierungskosten Italiens für ungerechtfertigt. "Man kann nicht erkennen, warum Italien bei einem Defizit von 1,7 Prozent Renditen von 6,0 bis 6,5 Prozent zahlen sollte, während Großbritannien mit einem Defizit von 7,7 Prozent seine Schulden am Markt mit rund zwei Prozent refinanzieren kann", sagte Bofinger der italienischen Zeitung "Corriere della Sera".
Die Märkte sähen nicht die Fortschritte, die das hoch verschuldete Land gemacht habe. Italien sei im Kreise der sieben führenden Industriestaaten (G7) beim Haushaltsdefizit hinter Deutschland das solideste Land, sagte Bofinger, der als Mitglied im Sachverständigenrat die deutsche Bundesregierung berät. Es sei richtig, dass Italiens Regierungschef Mario Monti beim jüngsten Euro-Gipfel durchgesetzt habe, dass Italien bei den Rettungsschirmen EFSF und ESM einen vereinfachten Antrag auf den Kauf von Staatsanleihen stellen kann. Italien müsste dann keine zusätzlichen Auflagen erfüllen. Monti erhofft sich davon, dass die Finanzierungskosten für die Verschuldung sinken.
Monti befeuert die Gerüchteküche
Noch am Vortag hatte sich Italien zu vergleichsweise günstigen Bedingungen am Geldmarkt refinanziert. Mit einem Papier mit einer Laufzeit von einem Jahr seien 7,5 Mrd. Euro eingenommen worden, teilte das italienische Schatzamt mit. Die zu zahlende Rendite lag bei 2,697 Prozent, nachdem sie am 13. Juni noch bei 3,972 Prozent gelegen hatte.
Mitte der Woche Italien doch noch Hilfe durch den Euro-Rettungsschirm benötigen könnte. "Es wäre gewagt zu behaupten, Italien werde diese Unterstützung niemals brauchen", sagte er laut italienischen Medien nach einem Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel. Bis dato hatte er entsprechende Behauptungen stets zurückgewiesen.
Wien wiegelt ab
Österreichs Finanzministerin Maria Fekter erwartet dagegen vorerst nicht, dass Italien unter den europäischen Rettungsschirm schlüpft. "Wir haben momentan keinen Anlass dafür, dass Italien einen Antrag stellt", sagte sie am Rande einer IWF-Konferenz. Der Rettungsschirm EFSF habe ausreichend Kapazitäten für Hilfen für Spanien. Zudem solle in den nächsten Tagen feststehen, welche Unterstützung Zypern benötige, sagte Fekter.
Italien schiebt einen Schuldenberg von fast als 2 Billionen Euro vor sich her. Die Regierung von Ministerpräsident Mario Monti hat sich harte Spareinschnitte vorgenommen und sich das Ziel gesetzt, im Jahr 2013 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.
Quelle: ntv.de, mmo/DJ/rts