Streit um EZB-Anleihekauf Schäuble attackiert Weidmann
15.09.2012, 17:04 Uhr
Finanzminister Schäuble kritisiert, dass Bundesbankchef Weidmann seinen Widerstand gegen das Anleihe-Kaufprogramm der EZB öffentlich gemacht hat.
(Foto: picture alliance / dpa)
Bisher liegen Finanzministerium Bundesbank in der Euro-Krise meist auf gleicher Linie. Doch im Streit um die geplanten Anleihekäufe der EZB geht Wolfgang Schäuble Bundesbank-Chef Weidmann hart an. Unterdessen kommt die Euro-Rettung voran: Der Umfang des Hilfspakets für Spaniens Banken soll in den nächsten Tagen feststehen.
Im Streit um den Kauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) geht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auf Distanz zum obersten Notenbanker Deutschlands. Schäuble untermauerte seine Kritik an Bundesbankchef Jens Weidmann, der als deutscher Vertreter EZB-Rat gegen die Entscheidung gestimmt hat. Es gebe eine Debatte innerhalb der EZB, die er mit Respekt zur Kenntnis nehme, sagte Schäuble der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Er sei sich aber "nicht sicher, ob es zur Stärkung des Vertrauens in die Notenbank beiträgt, wenn diese Debatte halböffentlich geführt wird", sagte er weiter.
Weidmann sagte kurzfristig seine Teilnahme an der Pressekonferenz Schäubles zum Abschluss des EU-Finanzministertreffens in Nikosia ab. Schäuble wies darauf hin, dass die Bevölkerung in der Schuldenkrise tief verunsichert sei. Auf die Frage, ob Weidmann zu weit gehe, wenn er seinen Dissens mit EZB-Präsident Mario Draghi öffentlich mache, antwortete Schäuble: "Das ist eine Diskussion innerhalb der EZB, die ich nicht kommentiere."
Dass ein Regierungsmitglied Kritik an Notenbankern übt, ist ungewöhnlich. Ein Streit zwischen politischer und geldpolitischer Führung der größten Volkswirtschaft der Euro-Zone droht zudem eine Beruhigung der Schuldenkrise zu gefährden. Weidmann hatte schon vor der Entscheidung der EZB, unter bestimmten Bedingungen unbegrenzt Staatsanleihen der Mitgliedsländer zu kaufen, dagegen Front gemacht. In der EZB-Ratssitzung votierte er als einziger mit Nein. Auch unmittelbar vor dem Beschluss hatte Schäuble kritisiert, dass Beratungen in den EZB-Gremien in Teilen veröffentlicht würden.
Schäuble pocht auf strikte Auflagen für EZB-Feuerwehreinsatz
Schäuble bekräftigte seine Unterstützung für den EZB-Beschluss, gegen die Kritiker aus Sorge vor einer Staatsfinanzierung durch die Notenbank – und möglicherweise steigender Inflation - Sturm laufen. "Die EZB hat immer gesagt, sie kaufe Staatsanleihen nur aus geldpolitischer Verantwortung heraus", betonte Schäuble. "Und sie wird das nur in solchen Ländern tun, die unter dem Rettungsschirm sind und die sich an strikte Auflagen halten. Es geht darum, Übertreibungen an den Märkten einzudämmen."
Der Minister pochte in Nikosia auf diese strikten Auflagen. Krisenstaaten wie Spanien müssten im Gegenzug für jede Hilfe aus dem gemeinsamen Rettungsfonds ESM ein Programm aus Strukturreformen zusagen, betonte er. Dies gelte auch für den Fall, wenn der ESM dank einer zentralen europäischen Bankenaufsicht Institute direkt mit Kapital unter die Arme greifen könne, um den Steuerzahlern weitere RettungsMrd. zu ersparen. "Mit dem Land muss auch dann ein Anpassungsprogramm vereinbart werden. Daran gibt es keine Zweifel."
Finanzbedarf für Spaniens Banken soll bald vorgelegt werden
Ob sich diese Ankündigung halten lässt dürfte sich bald zeigen. Denn nach dem grünen Licht aus Deutschland für den ESM hat sich Spanien auf den Weg zu weiteren Finanzhilfen gemacht. Die Regierung kündigte bis Ende des Monats ein Reformpaket an. In Madrid gingen Zehntausende aus Protest gegen den Sparkurs auf die Straße.
Zudem soll der milliardenschwere Finanzbedarf für marode spanische Banken nach Einschätzung der zyprischen EU-Ratspräsidentschaft "in den nächsten Tagen" offengelegt werden. "Die Erwartung ist, dass der Betrag deutlich niedriger liegen wird als die 100 Mrd. (Euro), die ursprünglich von der Eurogruppe und der Troika vereinbart wurden", sagte der zyprische Finanzminister Vassos Shiarly. Auch Schäuble sagte: "Nach jetzigem Stand wird Spanien deutlich unter der Obergrenze von 100 Mrd. Euro bleiben."
Nach Schäubles Worten stellen die Minister Madrid ein positives Zeugnis über die bisherigen Reformanstrengungen aus. "Der spanische Kollege hat sehr überzeugend dargelegt, dass Spanien auf dem richtigen Weg ist." Die Euro-Finanzminister hatten Spanien im Juli ein Bankenhilfsprogramm von bis zu 100 Mrd. Euro zugesagt. Als Soforthilfe stehen davon 30 Mrd. Euro zur Verfügung. Wichtige spanische Geldhäuser leiden an den Folgen einer geplatzten Immobilienblase.
Quelle: ntv.de, rts/dpa