Das ABC der Schuldenmisere Sprechen Sie Krise?
09.12.2011, 11:18 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Zwischen Krisengipfeln, Rettungsschirmen und Sparpaketen tauchen immer neue Wörter in der Staatsschulden-Debatte auf. EFSF und ESM, Spreads und Sekundärmarkt oder Lender of Last Resort beherrschen die Diskussion. Überblick verloren? Kein Problem: Die wichtigsten Begriffe im Überblick.
"AAA": Auch Triple-A genannt. Die bestmögliche Bonitätsnote für die Kreditwürdigkeit eines Schuldners, die von Ratingagenturen vergeben werden kann. Sie soll signalisieren, dass eine Pleite höchst unwahrscheinlich ist.
Anleihe, die: Anleihen, auch Bonds genannt, sind Wertpapiere, mit denen sich Unternehmen oder Staaten Geld am Kapitalmarkt leihen. Dabei erhalten sie von Investoren für eine Anleihe eine bestimmte Summe quasi als Kredit, den sogenannten Nennwert. Der liegt oft bei beispielsweise 1000 Euro. Staaten oder große Unternehmen können Milliardenbeträge mit Anleihen einsammeln, dazu geben sie gleichzeitig ganz viele dieser Anleihen aus.
Anders als bei Aktien steht die Laufzeit jeder Anleihe von Anfang an fest. Von einem Jahr bis hin zu vielen Jahrzehnten ist dabei quasi alles denkbar. Daneben steht außerdem fest, wie viel Zinsen ein Anleger jährlich für sein eingezahltes Geld bekommt. Je länger Investoren ihr Geld verleihen, umso größer ist für sie dadurch in der Regel das Risiko, weshalb normalerweise auch der Zins mit der Laufzeit steigt.
Nachdem das Geld einmal kassiert ist, werden Anleihen üblicherweise an der Börse gehandelt. Der Kurs einer Anleihe ist dabei anders als bei Aktien kein Geldbetrag, sondern ein Prozentwert. Er gibt an, wie viel Prozent des Nennwerts eine Anleihe aktuell wert ist. Je niedriger der Kurs steht, umso höher ist die Rendite für den, der die Anleihe nun kauft. Dafür ist aber auch das Risiko größer, am Ende auf seinen Schulden sitzen zu bleiben. Steht eine Anleihe zum Beispiel bei 80 Prozent, kostet sie vereinfacht gesagt beim Kauf ein Fünftel weniger, obwohl der Käufer am Ende der Laufzeit volle 100 Prozent zurückerhält. Auch die Zinsen werden auf den vollen Wert gezahlt.
Das Unternehmen oder der Staat, der mit der Anleihe Geld gesammelt hat, merkt von diesen Kursschwankungen auf seinem Konto eigentlich nichts, das einmal gezahlte Geld bleibt unberührt. Doch jede Anleihe muss irgendwann zurückgezahlt werden. Braucht aber der Staat oder das Unternehmen das Geld noch, müssen neue Anleihekäufer gefunden werden - und die lassen sich dann ihr Geld mit fürstlich hohen Zinsen entlohnen. Das gilt auch für alle Euro-Schuldenstaaten. Renditen von 7 Prozent und mehr sind für die Länder nur dann ein Problem, wenn sie in naher Zukunft alte Schulden mit neuen ablösen müssen.
Ansteckung, die: Das größte Risiko der Staatsschuldenkrise in Europa ist die Gefahr einer flächendeckenden Ansteckung mit der Angst vor einer Staatspleite. Steigen in einem Land die Renditen der Anleihen aus Angst vor Zahlungsschwierigkeiten immer weiter an, dann löst das unter Anlegern - ob berechtigt oder unberechtigt - die Angst aus, auch in anderen Staaten mit hohen Schulden könnten sich Anleger reihenweise von ihren Anleihen trennen. Das würde die Finanzierung der Schulden auch dieser Staaten verteuern und dadurch echte Probleme schaffen, weil die Wirtschaftskraft der Staaten mit allzu hohen Zinsen nicht Schritt halten kann. Die Folge wäre eine deutliche Ausweitung der Staatsverschuldung. Weil im schlimmsten Falle, in dem sich ein Land beim nächsten ansteckt, ein Land nach dem nächsten im übertragenen Sinne umfallen könnte, spricht man bei der Ansteckung oft auch vom Dominoeffekt.
Bond, der: Siehe Anleihen.
Bonität, die: Die Bonität ist eine andere Bezeichnung für die Kreditwürdigkeit einer Privatperson, eines Unternehmens oder eines Staates. Sie sagt aus, in welchem Maße Gläubiger mit der Rückzahlung von Krediten rechnen können. Eine besonders wichtige Rolle bei der Bonitätsbewertung spielen Ratingagenturen. Sie vergeben Bonitätsnoten anhand einer standardisierten Skala von Ratingcodes von "AAA" (Schuldner höchster Bonität mit sehr geringem Ausfallrisiko) bis hin zu "D" (Pleite bzw. Zahlungsausfall bereits eingetreten).
Bundesanleihe, die: Auch Bunds genannt. Staatsanleihen, die von der Bundesrepublik Deutschland ausgegeben werden. Sie gelten wegen der starken Wirtschaftskraft Deutschlands und der guten Kreditwürdigkeit ("AAA"-Rating) als Maßstab sicherer Staatsanleihen in Europa. Die Renditen für Anleihen anderer Staaten in Europa werden zur Vergleichbarkeit oft statt mit absoluten Renditen auch als Spreads angegeben.
Bunds, die: Siehe Bundesanleihe.
Dominoeffekt, der: Siehe Ansteckung
EFSF, die: Die Abkürzung EFSF steht für Europäische Finanz-Stabilitätsfazilität. Der Begriff Fazilität steht dabei für einen Topf, aus dem rasch Kredite vergeben werden können. Die EFSF ist nichts anderes als der vorläufige Euro-Rettungsschirm, der gemeinsam von der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds im Mai 2010 aufgelegt wurde. Er soll Ende 2012 vom dauerhaften Rettungsschirm ESM abgelöst werden.
Die EFSF kann in der Not schnell Kredite an notleidende Euro-Staaten vergeben, die sich an den Märkten nicht mehr refinanzieren können. Sie darf zudem Staatsanleihen von Euro-Staaten kaufen, um die Kurse zu stabilisieren. Insgesamt stehen ihr für Kredite und Anleihenkäufe 440 Mrd. Euro zur Verfügung, obwohl sie selbst gar kein eigenes Geld besitzt. Sie leiht sich das Geld mit Anleihen am Finanzmarkt und gibt es an den notleidenden Staat weiter. Im Gegenzug verpflichtet sich das Land auf strenge Sparauflagen. Damit die Käufer der EFSF-Anleihen keine Angst um ihre Investition haben müssen, springen EU, EZB und IWF in die Bresche: Sollte ein Staat den EFSF-Kredit nicht zurückzahlen können, stehen sie mit Garantien von insgesamt 750 Mrd. Euro in der Pflicht. Das ist deutlich mehr, als die EFSF überhaupt an Krediten aufnehmen und vergeben darf. Diese üppige Ausstattung mit Garantien sorgt dafür, dass die Ratingagenturen den Anleihen der EFSF die bestmögliche Bonitätsnote "AAA" ausstellen, wodurch die Zinsen für die Kredite so niedrig wie möglich ausfallen. Um mit den Kreditmitteln der EFSF mehr Geld in Bewegung zu setzen als 440 Mrd Euro, darf sie ihr Geld auch "hebeln".
ESM, der: Der dauerhafte Euro-Rettungsschirm heißt Europäischer Stabilitätsmechanismus. Er soll Ende 2012 den vorläufigen Rettunsgschirm EFSF ersetzen. Er unterscheidet sich von seinem Vorläufer vor allem in einem Punkt: Der ESM wird über 80 Mrd. Euro eigenes Kapital verfügen, das von den Euro-Staaten eingezahlt wird. Deutschlands Anteil daran liegt bei 22 Mrd. Euro. Mit eigenem Kapital steht der ESM auf finanziell solideren Füßen. Zusätzlich dazu gewähren die Euro-Staaten Kreditgarantien im Gesamtvolumen von 620 Mrd. Euro. Insgesamt steht dem ESM damit als Schwungmasse 700 Mrd. Euro Kapital zur Verfügung, wovon 500 Mrd. Euro tatsächlich für Kredite vergeben werden können. Die restliche Summe von 200 Mrd. Euro dient wie schon bei der EFSF als Absicherung, um auch dem ESM die bestmögliche Bonitätsnote und damit niedrige Zinsen zu sichern. Zusätzlich dazu stellt auch weiterhin der IWF 250 Milliarden Euro Kredit zur Verfügung.
Ob ein Euro-Land Kredite vom ESM erhält, entscheidet sein Gouverneursrat, das sind die Finanzminister der Eurozone. Sie entscheiden auch, ob das Kapital des ESM von allen Euro-Staaten verpflichtend aufgestockt werden soll. Ursprünglich sollten die Entscheidungen dieses Rates immer einstimmig fallen. Doch nach den Vorstellungen der zwei größten Euro-Staaten Deutschland und Frankreich soll für einen Beschluss nur eine qualifizierte Mehrheit von 85 Prozent nötig sein. Der Stimmanteil richtet sich grundsätzlich danach, mit wie viel Kapital ein Land an der Europäischen Zentralbank beteiligt ist.
Eine Analyse von EU-Kommission und IWF soll in Not geratene Staaten prüfen, ob sie überhaupt in der Lage sind, mit Krediten und eigener Kraft aus der hohen Verschuldung herauszukommen. Ist das nicht der Fall, dann müssen die Staaten mit ihren Gläubigern über einen Verzicht auf einen Teil der Schulden verhandeln.
Euro-Austritt, der: Der Austritt eines Landes aus der Währungsunion ist in den EU-Verträgen eigentlich nicht vorgesehen. Daher kann ein Staat weder auf eigenen Wunsch noch auf Drängen anderer Staaten aus dem Euro ausscheiden und eine eigene Währung einführen. Denkbar wäre lediglich ein Austritt eines Landes aus der Europäischen Union, was nach Artikel 50 des EU-Vertrags möglich ist. Das ist jedoch mit hohen Hürden und Problemen verbunden. Neben dem verheerenden politischen Signal für das vereinte Europa würde ein ohnehin finanziell stark geschwächtes Land mit dem Austritt oftmals auch auf hohe Subventionszahlungen verzichten.
Eurobond, der: Bisher finanzieren sich alle Staaten Europas grundsätzlich eigenständig, indem sie beispielsweise mit Anleihen Schulden aufnehmen. Eurobonds sind hingegen gemeinsame europäische Staatsanleihen, die von allen Euro-Staaten gemeinsam herausgegeben werden. Mit diesen Anleihen würden sich alle Staaten zu einem einheitlichen Zinssatz verschulden, dafür aber auch gemeinschaftlich für alle aufgenommenen Schulden haften. Schwächere Staaten könnten sich durch Eurobonds deutlich billiger finanzieren als bisher, große und wirtschaftlich starke Staaten wie Deutschland müssten hingegen höhere Zinsen als bislang in Kauf nehmen.
Befürworter von Eurobonds sehen in gemeinschaftlichen Schulden und einheitlichen Zinsen ein geeignetes Mittel, um Spekulationen an den Finanzmärkten gegen einzelne Staaten zu unterbinden. Gegner sehen genau darin das Problem, da sie fürchten, dass damit auf Kosten der Gemeinschaft kein Land mehr eigene Sparanstrengungen unternehmen müsste, um sich weiter finanzieren zu können.
EZB, die: Die Europäische Zentralbank (EZB) ist die Hüterin der Gemeinschaftswährung Euro. Ihre Kernaufgabe ist, die Preise in Europa möglichst stabil zu halten, also insbesondere hohe Preissteigerungen (Inflation) noch Preisrückgänge (Deflation) auf breiter Front zu verhindern. Daneben soll sie auch Beschäftigung und Wachstum in Europa unterstützen. Um diese Ziele zu erreichen, verfügt die EZB über einen breiten Instrumentenkasten der Geld- und Währungspolitik. Dazu zählt als wichtigste Stellschraube die Festsetzung des Leitzinses, doch auch Eingriffe am Devisenmarkt oder die Festlegung, wie viel Geld die Banken von Spareinlagen ihrer Kunden weiterverleihen dürfen, gehören dazu.
Damit die Zentralbank nicht auf politischen Druck hin hemmungslos Geld druckt, um damit ausufernde Staatsschulden zu finanzieren, ist der EZB die so genannte monetäre Staatsfinanzierung ausdrücklich verboten. In Artikel 123 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU ist geregelt, dass die EZB weder Kredite an Staaten vergeben darf noch am so genannten Primärmarkt, also von den Staaten selbst, Anleihen kaufen darf. Um aber die ausufernden Zinsen von Schuldenstaaten abzufedern, hat die EZB ein Programm aufgelegt, um im großen Stil Staatsanleihen am Sekundärmarkt aufzukaufen. Dieses Programm verstößt nach Meinung von Kritikern ebenfalls gegen das Finanzierungsverbot. Die Zentralbank rechtfertigt die Käufe damit, dass sie ohne den Effekt der Käufe eine wirkungslose Geldpolitik fürchtet.
Weil trotz der Anleihenkäufe die Renditen für immer weitere Staaten zeitweise dramatisch steigen, fordert eine Reihe von Ökonomen und Politikern, die EZB sollte ihr Programm massiv ausbauen. Sie setzen auf eine Garantieerklärung der Zentralbank für alle europäischen Staatsanleihen. Damit würde die Notenbank im Zweifel uneingeschränkt die Papiere der Staaten in ihre Bilanz aufnehmen und damit das Risiko einer Pleite tragen. Befürworter eines solchen Plans sehen die Zentralbank in ihrer Rolle als "Lender of Last Resort" in der Pflicht. Auch direkte Käufe am Primärmarkt halten sie für denkbar. Gegner, insbesondere deutsche Notenbankvertreter in der Tradition der Bundesbank, halten aus Gründen der Geldwertstabilität nichts von den Plänen und sehen ohnehin kein Mandat der EZB für solche Käufe.
Fiskalunion, die: Beschließen mehrere Staaten, über ihre Einnahmen und Ausgaben nicht mehr alleine, sondern gemeinsam zu entscheiden, dann begründen sie damit eine Fiskalunion. So wie in einer Währungsunion für mehrere Staaten nur noch eine einzige Währung gültig ist, so geben Staaten in einer Fiskalunion ihre Souveränität auf, eigenständig Steuern zu senken, Sozialausgaben zu erhöhen oder Konjunkturprogramme aufzulegen. Entscheidungen werden dann gemeinschaftlich getroffen. Weil Entscheidungen in Finanzfragen den Kern politischer Eigenständigkeit ausmachen, wird der Begriff Fiskalunion manchmal auch mit einer so genannten politischen Union gleichgesetzt, in der grundsätzlich über alle wesentlichen Politikfelder gemeinschaftliche Entscheidungen getroffen werden.
In Europa bilden die 17 Euro-Staaten die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion. Sie stimmen sich in der Wirtschaftspolitik untereinander ab, sind letztlich aber weitgehend frei in ihren Entscheidungen. In Fragen der Staatsfinanzen liegt die Kompetenz gänzlich in Händen der Staaten. In der Währungspolitik sieht dies anders aus. Zwar gibt es in allen Euro-Staaten weiterhin eine eigene Zentralbank, die Geldpolitik wird aber für alle Länder zentral von der Europäischen Zentralbank festgelegt. Diese Kombination einer Wirtschafts- und Währungsunion ohne Fiskal- bzw. politische Union gilt für Kritiker als eine wichtige Ursache der Staatsschuldenkrise. Sie fordern daher eine europäische Wirtschaftsregierung.
Haircut, der: Verzichten die Geldgeber eines Unternehmens oder eines Staates auf einen Teil ihrer Investition, um damit eine spätere vollständige Pleite zu verhindern, spricht man von einem Schuldenschnitt, einer Umschuldung oder auf Finanzdeutsch auch von einem Haircut. Dieser Verzicht kann auf freiwilliger Basis mit Gläubigern ausgehandelt werden oder aber vom Schuldner festgelegt werden.
Hebel, der: Im Finanzbereich beschreibt ein Hebel ein Geschäft, bei dem sich ein Investor für ein großes Projekt zusätzlich zu seinem eigenen Kapital weiteres Geld von anderen Finanziers leiht, um damit ein Vielfaches seines eigenen Geldes bewegen zu können. Der Hebel liegt darin, dass der Investor seinen Kreditgebern unabhängig vom Erfolg des Projekts einen festen Zins für ihr Geld verspricht, selbst aber sämtliche Gewinne seines Projekts einstreichen kann, die deutlich höher ausfallen können.
Nach diesem Grundprinzip funktioniert auch der Hebel des Rettungsschirms EFSF. Die Euro-Staaten bringen 440 Milliarden Euro mit, die dann von Geldgebern um ein Vielfaches aufgestockt werden sollen. Glückt die "Investition" und können gerettete Euro-Staaten ihre Kredite an den EFSF zurückzahlen, dann erhalten die Investoren des EFSF ihr Geld verzinst zurück. Die Euro-Staaten nehmen den "Gewinn" mit, die Euro-Staaten vor dem Kollaps gerettet zu haben, wozu sie bei allen Staaten gleichzeitig finanziell nicht alleine in der Lage gewesen wären. Scheitert der Versuch und kommt es zu einer Staatspleite, müssen die Euro-Staaten dafür alleine geradestehen.
IWF, der: Der Internationale Währungsfonds, kurz IWF, gilt als globale Finanzfeuerwehr. Die Sonderorganisation der Vereinten Nationen stellt Mitgliedsländern in Finanznot Rettungskredite zur Verfügung. Im Gegenzug verpflichten sich die Staaten auf Programme zur Senkung ihrer Verschuldung und Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Auf staatlicher Ebene ist der Fonds daher ein Lender of Last Resort. Die Stimmrechte im IWF richten sich danach, mit wie viel Geld ein Land am Kapital des IWF beteiligt ist. Den größten Anteil und damit das größte Stimmengewicht haben die USA mit 16,74 Prozent. Da für Beschlüsse des IWF eine Mehrheit von 85 Prozent erforderlich ist, können die USA Entscheidungen blockieren. Deutschlands Anteil liegt bei 5,87 Prozent. Kritiker werfen dem IWF vor, lediglich als Interessenvertreter reicher Industriestaaten zu handeln.
Lender of Last Resort, der: Bei einer Pleite gibt es immer Verlierer. Weil in manchen Fällen die Folgen jedoch so dramatisch und zerstörerisch wären, dass beispielsweise der Zusammenbruch des Finanzsystems befürchtet werden muss, sollte eine rettende Institution einspringen, die auch dann noch Geld zur Verfügung stellt, wenn niemand sonst es mehr kann oder möchte. Bei Banken kommt diese Rolle den Zentralbanken zu, bei Staaten springt der Internationale Währungsfonds ein. In der Staatsschuldenkrise gibt es Stimmen, die neben dem IWF ein beherztes Einschreiten der EZB fordern, um mit unbegrenzten Käufen von Staatsanleihen die Lage an Europas Schuldenfront zu entspannen.
Primärmarkt, der: Bringt ein Staat oder Unternehmen neue Anleihen an den Markt, um damit frisches Kapital einzusammeln, verkauft er diese Anleihen am Primärmarkt. Dabei werden die Papiere entweder quasi zum Listenpreis verkauft oder aber, insbesondere bei Staatsanleihen, mittels einer Auktion verkauft. Anleger geben dabei Zinsgebote für ihre gewünschte Zahl von Anleihen ab. Die für den Staat attraktivsten Gebote kommen dann zum Zug und erhalten ihre Papiere. Sind die Anleihen einmal verkauft, werden sie fortan am Sekundärmarkt gehandelt.
Ramschniveau, das: Die Noten, die Ratingagenturen bei ihrer Arbeit vergeben, werden in zwei große Kategorien eingeteilt. Die zehn besten Noten der Bonität von "AAA" bis "BBB-" (vergeben von Standard & Poor's oder Fitch) bzw. "Baa3" (vergeben von Moody's) werden als so genannter "Investment Grade" bezeichnet. Um sie von schlechteren Noten unterhalb dieses Niveaus bis hin zum tatsächlichen Zahlungsausfall abzugrenzen, werden Anleihen der zweiten Kategorie als "Junk Bonds" bezeichnet, also Ramschanleihen. Die Ratingnoten von "BB+" bis "D" (Standard & Poor's sowie Fitch) bzw. "Ba1" bis "C" (Moody's) werden deshalb auch als Ramschniveau bezeichnet. Bei Ratings mit Ramschniveau müssen Investoren nach Lesart der Ratingagenturen grundsätzlich mit Zahlungsausfällen rechnen. Große Investoren, die Gelder von Rentenkassen oder Versicherungen verwalten, dürfen daher oft nur Anleihen von Schuldnern kaufen, die eines der guten Ratings erhalten haben, also als "Investment Grade" eingestuft sind.
Rating, das: Rating ist das englische Wort für Bewertung. Es wird für die Noten benutzt, die Prüfunternehmen - die Ratingagenturen - vergeben, um die Kreditwürdigkeit von Staaten zu beurteilen. Verschlechtern diese Unternehmen etwa wegen hoher Schulden die Note eines Landes, ist von einer Herabstufung die Rede. Das betroffene Land muss dann häufig höhere Zinsen zahlen, um sich Geld zu leihen.
Ratingagentur, die: Eine Ratingagentur ist ein privates Unternehmen, das Geld damit verdient, die Kreditwürdigkeit (Bonität) von Unternehmen und Staaten oder von Finanzprodukten zu bewerten. Für die Bewertung beurteilen sie Finanzkennziffern und Brancheneinschätzungen oder auch Beurteilungen des Managements. Kritiker zweifeln an der Objektivität und Belastbarkeit der Bewertungen, unter anderem wegen reihenweise bestmöglicher Bewertungen für Papiere im Zusammenhang mit dem US-Immobilienmarkt, die trotz Spitzenrating unkalkulierbare Risiken beinhaltete und die Finanzkrise mit ausgelöst hat.
Beherrscht wird das Geschäft weltweit von drei großen US-Agenturen, nämlich Fitch, Moody's und Standard & Poor's. Eine Reihe kleinerer Agenturen aus Kanada, China oder Europa spielen dagegen nur eine sehr untergeordnete Rolle.
Risikoaufschlag, der: Anleihen verschiedener Staaten werden am Markt mit unterschiedlichen Kursen gehandelt, obwohl Investoren ihr Geld für den gleichen Zeitraum ausleihen. Das liegt daran, dass Anleger bei manchen Ländern eher fürchten, ihr Geld nicht wiederzusehen als bei anderen Ländern. Dieses Risikoempfinden spiegelt sich im Kurs und damit auch der Rendite jeder Anleihe wider. Renditen können aber auch aus anderen Gründen steigen oder fallen, etwa weil die EZB die Leitzinsen erhöht oder senkt. Um dennoch zu erfahren, wie groß das ganz eigene Risiko der Anleihe eines bestimmten Landes ist, vergleicht man die Renditen miteinander. In Europa gelten wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung Deutschlands die Bundesanleihen als Vergleichsmaßstab. Um den Risikoaufschlag etwa einer spanischen oder griechischen Anleihe zu berechnen, zieht man von ihrer Rendite genau so viel Prozentpunkte ab, die Anleger für vergleichbare Bundesanleihen als Rendite erzielen. Das Ergebnis ist der Risikoaufschlag, auch Spread genannt.
Schuldenschnitt, der: Siehe Haircut.
Sekundärmarkt, der: Wertpapiere wie Anleihen oder Aktien werden in aller Regel frei am Markt gehandelt. Diesen Markt nennt man Sekundärmarkt, weil Wertpapiere hier nach ihrer anfänglichen Platzierung am Primärmarkt weitergehandelt werden. Die entscheidende Größe am Sekundärmarkt ist der Preis einer Anleihe oder Aktie, die je nach Angebot und Nachfrage steigen oder fallen kann.
Spread, der: Siehe Risikoaufschlag.
Staatsanleihe, die: Anleihen, die von einem Staat herausgegeben werden.
Staatsanleihenkäufe, die: Siehe EZB.
Zins, der: Der Prozentsatz einer Investitionssumme, die ein Schuldner - bei Staatsanleihen also der Staat - pro Jahr zusätzlich zahlen muss, damit ihm für bestimmte Zeit Geld geliehen wird.
Quelle: ntv.de