Der Börsen-TagExperten: EZB sollte auf Wiederanlage verzichten
Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte den Abbau ihrer Anleihebestände nach Meinung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer beschleunigen, indem sie auf die Wiederanlage von Tilgungsbeträgen fällig gewordener Anleihen ganz verzichtet. Nach aktueller Beschlusslage verringert sie die Wiederanlage unter dem APP-Programm zwischen März und Ende Juni um monatlich 15 Milliarden Euro und legt damit immer noch die Hälfte der Beträge wieder an. "Damit dürfte der gesamte Anleihebestand der EZB (APP und PEPP) aufs Jahr hochgerechnet nur um gut drei Prozent sinken - viel weniger als die zehn Prozent, um die die US-Notenbank ihren Anleihebestand reduziert", schreibt Krämer in einem Kommentar.
Krämer weist auf drei Risiken hin, die sich nach seiner Einschätzung aus dem vorsichtigen Vorgehen der EZB ergeben: 1. Die EZB verwässert ihre Anti-Inflationspolitik, indem sie die Anleiherenditen und damit das allgemeine Zinsniveau drückt; 2. Die EZB schwächt den disziplinierenden Druck des Markts auf staatliche und private Emittenten sowie Banken; 3. Die EZB geht Verlustrisiken ein, die letzten Endes den Steuerzahler treffen. Krämer zufolge sollte die EZB Anleihebestände von APP und PEPP ohne Wiederanlage auslaufen lassen, wodurch sie beim Abbautempo mit der Fed gleichzöge.