Fonds

Was tun? Fondsverschmelzung und Schließung

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Privatinvestoren werden in diesen Tagen per Brief informiert, dass ihr Fonds verschmolzen oder geschlossen wird. Absender: Die beiden größten Fonds-Gesellschaften Deutschlands, Allianz Global Investors und DWS. Am Mittwoch, 26. August 2009, wurde zum Beispiel der DWS Invest Indian Equities mit dem DWS Invest BRIC Plus verschmolzen, zwei Tage später auch der DWS Invest Brazilian Equities. „Privatinvestoren haben grundsätzlich drei Handlungsalternativen“, sagt Gerd Bennewirtz, geschäftsführender Gründungsgesellschafter der SJB FondsSkyline OHG 1989 aus Korschenbroich.

„1. Verschmolzenen Fonds akzeptieren. 2. Mit Fonds der gleichen Gesellschaft tauschen.3. Mit Fonds einer anderen Gesellschaft tauschen. Alle drei Entscheidungen können tief in die individuelle Asset Allocation eingreifen.

Allianz Global Investors (AGI) und DWS straffen ihr Produktangebot erheblich. Die AGI gab bekannt, bis zum Ende des Jahres 109 Investmentfonds zu verschmelzen oder zu schließen, weitere 35 folgen im kommenden Jahr. Die DWS kündigte an, sich bis Mitte 2010 von rund 100 Fonds zu trennen. Der Grund: Mittelabflüsse und Wertverluste in fast allen Anlageklassen in Höhe von 155,3 Milliarden Euro bliesen der Branche laut BVI 2008 einen eiskalten Wind ins Gesicht. Jetzt durchkämmen die Gesellschaften ihr Produktportfolio nach Doubletten und kleinen, unrentablen Fonds. Nach Auffassung der SJB liegt die Rentabilitätsgrenze für die Anbieter unter Kostengesichtspunkten bei einem FondsVolumen von 20 Millionen Euro. Mit volumenstärkeren Fonds zielen die Gesellschaften darauf ab, die Kosten zu senken und die Rentabilität zu erhöhen.

Den gleichen Reflex zeigten die Gesellschaften im Jahr 2002. Die Verunsicherung in der Folge von 9/11 führte in diesem Jahr zu Mittelabflüssen und Wertverlusten in Höhe von 37,1 Milliarden Euro. Die Wertpapiermärkte gaben bereits seit März 2000 scheibchenweise ab, man sprach vom „Salamicrash“. Laut EuroFonds Datenbanken wurden 2002 insgesamt 857 Fonds verschmolzen oder geschlossen. Damals ein neuer Rekord.

Verschmelzung steuerunschädlich

Die FondsGesellschaften sind bestrebt, die Privatinvestoren zu halten, darum werden weit mehr Untergangskandidaten verschmolzen als ersatzlos geschlossen. Eine Verschmelzung von in Deutschland zugelassenen Fonds ist in aller Regel „steuerunschädlich“.

Der Tausch von Anteilen des zu verschmelzenden Fonds in Anteile des aufnehmenden Fonds oder Zielfonds gilt, sofern die Gesellschaften gesetzlich definierte Voraussetzungen erfüllen, steuerlich als Fortführung der bisherigen Fonds-Anlage. Die steuerberatenden Berufe informieren über Details. Wird ein Fonds geschlossen, wird die Anteilsrückgabe steuerlich wie ein Veräußerungsvorgang behandelt und wirkt sich „steuerschädlich“ aus. Die neu erworbenen Anteile genießen keinen Bestandsschutz mehr und unterliegen der Abgeltungsteuer.

Mein Fonds ist betroffen, was tun?

Die Gesellschaften bringen den Investor in Zugzwang. Ob er will oder nicht – der Investor muss die Gewinne oder Verluste des untergehenden Fonds realisieren und sich um adäquaten Ersatz kümmern. Bei Verschmelzungen müssen die Gesellschaften gewährleisten, dass „die Anlagegrundsätze und -grenzen“ und die „zu zahlenden Vergütungen sowie die Ausgabeaufschläge und Rücknahmeabschläge nicht wesentlich voneinander abweichen“ (§ 40 InvG). „Wird ein Fonds steuerschädlich geschlossenen und nicht steuerunschädlich verschmolzen“, erläutert Bennewirtz, „können die Investoren davon ausgehen, dass die Gesellschaft keinen Zielfonds gefunden hat, dessen Allokations- und Kostenstruktur den gesetzlichen Vorgaben entspricht.“ Für den Investor ist die wichtigste Frage, ob das neue Produkt zu ihm passt oder nicht.

Bennewirtz: „Entspricht der Zielfonds der persönlichen Asset Allocation? Wie gut ist der neue FondsManager? Beeinflussen die übernommenen Vermögensgegenstände und das größere FondsVolumen die Anlagestrategie des Zielfonds?“ Der in dieser Woche aufnehmende DWS Invest BRIC Plus zum Beispiel hat per Ende Juni ein FondsVolumen von 1,8 Milliarden Euro. Der DWS Invest Brazilian Equities wird 172,1 Millionen beisteuern, der DWS Invest Indian Equities 19,5 Millionen Euro. „Vom Volumen her kein Problem“, erklärt Bennewirtz. „Die Liquidität der BRIC-Märkte ist seit der Jahrtausendwende stark gestiegen. Doch der Indien-Investor muss wissen, dass der BRIC-Plus per Ende Juni mit nur 14,8 Prozent in Indien und 23,8 Prozent in China investiert ist. Die 19,5 Millionen Euro Indienfonds werden im Portfolio des BRIC-Plus nahezu ohne Spuren absorbiert. Mit der Entscheidung des Investors, die Verschmelzung zu akzeptieren, sinkt der Anteil seiner Indien-Position signifikant. In jedem Fall empfiehlt sich Privatinvestoren ein zuverlässiger Depotcheck. Sind bereits größere China-Positionen im Depot, steigt das Risiko einer Klumpenbildung.“

Entstehen Kosten?

Die DWS verweist in ihrer Mitteilung „Verschmelzungen, Liquidationen und Änderungen 2009/2010“ vom 12. August 2009 im Fall der Verschmelzung auf einen Automatismus, sofern der Kunde keine Verkaufs- oder Umtauschordern erteilt: „Vorhandene Anteile werden automatisch in entsprechende Anteile des aufnehmenden Fonds umgewandelt. Eventuell bestehende Anspar-/Entnahmepläne werden auf den aufnehmenden Fonds übernommen.“ Gesonderte Kosten für die Übertragung der Anteile auf den Zielfonds werden nicht erwähnt. Im Fall eines Tauschs in ein anderes als das zur Verschmelzung vorgesehene DWS-Produkt wird „gemäß Preisverzeichnis/Konditionentableau der DWS Investment GmbH ein Tausch immer nach den für den jeweiligen Fonds geltenden Tauschkonditionen gemäß Preisverzeichnis ausgeführt werden“. Im Fall der Luxemburger DWS Invest Sicav wird laut Verkaufsprospekt vom 4. Mai 2009 eine Umtauschprovision fällig. Deren Höhe ist abhängig von der Kostenstruktur des Zielfonds. Allianz Global Investors verweist auf SJB Anfrage auf die unabhängigen Vertriebe und deren Kostenstruktur.

Bennewirtz: „Von den ursprünglich drei Handlungsoptionen bleibt dem privaten Investor nach Kosten und Steuern nur eine übrig: Wer der Verschmelzung zustimmt, hat nach derzeitigem Stand weder Abgeltungsteuer noch Transaktionsgebühren zu tragen. Wer verkaufen und reinvestieren oder umtauschen will, verliert, wenn die Anteile noch 2008 oder früher erworben wurden, den steuerlichen Bestandschutz und muss obendrein noch Gebühren für die erforderlichen Transaktionen zahlen. Noch 2002 hätten sich die Gesellschaften geschämt, für den Wechsel aus einem gescheiterten Fonds Geld zu verlangen. Unabhängige FondsInstitute ermitteln, wie viel besser ein alternativer Fonds sein muss, um die Steuer- und Kostennachteile wettzumachen.“

Trend zu Traditionsmarken

DWS und Allianz Global Investors haben sich bei der Auswahl von Zielfonds augenfällig für Klassiker entschieden. Der DWS Vermögensbildungsfonds R zum Beispiel, in dem insgesamt sechs DWS Rentenfonds verschmolzen werden, wurde am 1. Dezember 1970 aufgelegt. Bei der AGI gehen ebenfalls sechs Aktienfonds im Industria auf, der am 19. Januar 1959 aufgelegt wurde. Und der 14 Jahre alte Allianz RCM Germany Alpha Plus geht im Concentra auf, der am 26. März 1956 aufgelegt wurde. Bennewirtz: „Beim Industria und Concentra gehen Allianz Global Investors so weit, allein den Markenname des Fonds – ohne den Namen der Gesellschaft – in das Zentrum ihrer Kommunikation zu stellen.“ Tradition wird also groß geschrieben, wenn es darum geht, das Vertrauen der Privatinvestoren zurückzugewinnen.

 

 

 

Quelle: ntv.de

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