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Gräueltaten in Butscha Putin zwingt uns zum Energie-Embargo

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(Foto: Imago)

Der Kreml führt in der Ukraine einen Vernichtungskrieg. Deutschland bleibt deshalb nichts anderes übrig, als den Import von russischer Energie zu stoppen - auch wenn die Kosten dafür hoch sein werden.

Das Grauen von Butscha zeigt: Moralisch ist ein Boykott russischer Energie-Lieferungen zwingend. Spätestens angesichts der entsetzlichen Bilder verlieren selbst die stärksten Gegenargumente an Wirkung. Wladimir Putin lässt uns keine andere Wahl.

Deutschland muss alles dafür tun, damit dieser russische Vernichtungskrieg so schnell wie möglich endet. Und dazu gehört ein unmittelbarer Stopp russischer Lieferungen von Gas und Öl.

Das darf man nicht leichtfertig fordern. Bislang hat die Bundesregierung aus guten Gründen gezögert, sofort auf die Lieferung russischer Energie zu verzichten und darauf gesetzt, die Abhängigkeit Schritt für Schritt zu beenden. Sollte sie jetzt ein Embargo verhängen, schadet das nicht nur Putin und Russland, sondern auch Deutschland.

Russische Öl-Lieferungen lassen sich zwar auch kurzfristig recht gut kompensieren, Gas-Lieferungen aber nicht. Dafür reicht die vorhandene Infrastruktur nicht aus. Spätestens im kommenden Herbst und Winter dürften die Konsequenzen so richtig spürbar sein: In der Industrie kann es wegen Gas-Mangels sogar zu Produktionsstopps kommen. Vor allem die energieintensive chemische Industrie schlägt Alarm. Sie stellt Vorprodukte für viele andere Wirtschaftszweige her, ihre Produkte werden anderswo dringend gebraucht.

Wie heftig die Auswirkungen sein werden, kann allerdings niemand sagen. Einige Ökonomen halten die gesamtwirtschaftlichen Folgen für vergleichsweise gering, andere rechnen mit einer heftigen Rezession und einer schlimmen Inflation - und sozialen Verwerfungen. Wer diese Gefahr ignoriert, macht es sich viel zu einfach.

Ein Energie-Embargo würde außerdem der Logik der bisher gegen Russland verhängten Sanktionen widersprechen. Bisher geht es darum, dem Aggressor maximalen Schaden zuzufügen und die Schäden für die eigene Volkswirtschaft möglichst gering zu halten. Das wäre bei einem Gas-Boykott anders: Die Folgen würden schnell voll auf Deutschland durchschlagen, während Russland die Konsequenzen verzögert zu spüren bekommt. Wir würden uns - zumindest auf kurze Sicht - stärker schaden als Russland.

Putin muss den Krieg verlieren

Spätestens im kommenden Herbst wird sich dann zeigen, ob die Bevölkerung hierzulande bereit ist, eigene Schäden in Kauf zu nehmen oder auf eine Lockerung der Sanktionen drängt. Auf wie viel Wohlstand sind wir bereit zu verzichten, um Putin zu trotzen?

Deshalb ist es richtig, dass die Bundesregierung Kosten und Nutzen eines Embargos nüchtern abwägt. Doch all das ändert nichts daran: Putin muss diesen Krieg verlieren - so schnell wie möglich. Deshalb bleibt der Bundesregierung nichts anderes übrig, als ein Embargo zu verhängen. Dem Kreml weiter Milliarden zu überweisen, ist keine Option mehr.

Gleichzeitig muss der Bau von Flüssiggas-Terminals vorangetrieben, die Laufzeit von Atomkraftwerken und die Verfeuerung von Braunkohle verlängert und ein Tempo-Limit eingeführt werden. Energie muss drastisch eingespart werden, so viel wie irgend möglich. Soziale Härten müssen abgefedert werden. Das wird sehr viel Geld kosten.

Vieles wird davon abhängen, wie lange dieser Krieg noch dauert. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein Embargo Putins Fähigkeit, den Angriffskrieg zu finanzieren und an der Macht zu bleiben, deutlich schwächt. Und das ist jetzt das Allerwichtigste. Der Kreml braucht die gigantischen Einnahmen alleine schon deshalb, um seine Währung vor dem Kollaps zu bewahren.

Jedes Zögern bestärkt Putin in seinem Handeln. Es bleibt also keine andere Wahl. Der Vernichtungskrieg in der Ukraine ist auch eine Kriegserklärung an die westlichen Werte und die westliche Lebensweise. Die Kosten eines Embargos dürften hoch sein. Doch sollte Putin in der Ukraine gewinnen und nicht gestoppt werden, steigen sie in ungeahnte Höhen.

Quelle: ntv.de

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