Ein Hoch auf Italien Dax tanzt auf der 6000
11.11.2011, 18:36 Uhr
Der Altar des Vaterlandes in Rom.
(Foto: REUTERS)
Die jüngsten Nachrichten aus Italien treiben den deutschen Aktienmarkt an. Der italienische Senat billigt das Reform- und Sparpaket. "Italien strahlt gerade die Botschaft aus, dass es die Konsequenzen eines Renditesprungs verstanden hat", sagt ein Marktbeobachter. Rückenwind gibt es auch von US-Daten.
Die jüngsten Entwicklungen im europäischen Schuldendrama haben am letzten Handelstag der Woche für eine freundliche Tendenz an den Aktienmärkten gesorgt. Angetrieben wurden die Kurse insbesondere von den Fortschritten in Italien. Nachdem das Land - ebenso wie Griechenland - den Weg aus der Krise über eine Expertenregierung versuchen will, sinken auch die Renditen bei den italienischen Staatsanleihen. Die rasche Verabschiedung des Sparpakets in Rom und die Vereidigung den neuen griechischen Ministerpräsidenten Papademos werden von den Investoren positiv gesehen.
Der Dax notierte 3,2 Prozent höher bei 6.057 Punkten. Der MDax zog ebenfalls um 3,5 Prozent an auf 9.153 Punkte. Der TecDax legte 3,6 Prozent zu auf 706 Zähler.
Der italienische Senat hatte zuvor das Reform- und Sparpaket gebilligt. Es ist der erste entscheidende Schritt zur Beendigung der tiefen Regierungskrise in Rom."Kommt es zu weiteren geldpolitischen Maßnahmen der EZB und der Fed, wird der Markt hier durch die Decke gehen", meinte ein Marktteilnehmer. Der laufende Anstieg könnte bereits Vorbote einer Jahresendrallye sein. Anleger versuchten daher, sich in die Pool Position zu manövrieren.
Top-Performer der Börsen in Europa war Mailand. "Hier treibt klar die Hoffnung, dass Mario Monti an die Macht kommt", sagte ein Händler." Monti gehöre zu der Art von Finanzfachleuten, die der Markt jetzt an der Spitze von Problemländern sehen wolle. Dadurch könne das Vertrauen in das jeweilige Land schnell zurückkommen.
Auch am italienischen Anleihemarkt herrschte nach den "Katastrophen-Renditen" am Vortag großes Aufatmen. Die richtungsweisende zehnjährige Staatsanleihe rentierte nach in der Spitze 7,5 Prozent zuletzt "nur noch" bei 6,8 Prozent. Dies sei ein "klarer Vertrauensvorschuss" für Montii, hieß es am Markt.
"Mit der abnehmenden Rendite bei den italienischen Staatsanleihen weicht auch der Druck von den deutschen Finanzkonzernen. Unternehmensergebnisse werden derzeit zwar wahrgenommen, gehen aber durch das politische Marktrauschen eher unter", sagte ein Marktteilnehmer. Kein Investor wolle kalt erwischt werden, denn die meisten Geldverwalter schnitten im Gesamtjahr 2011 eher bescheiden ab. Jetzt dürfe man in den letzten Handelswochen des Jahres nicht auch noch den Anschluss verpassen.
Lapsus bei Standard & Poor's
In der Griechenland-Krise kam derweil gut an, dass die Regierung des designierten griechischen Ministerpräsidenten Lucas Papademos steht. Der Sozialist Evangelos Venizelos soll Finanzminister und Vizepremier bleiben. Dies geht aus der Kabinettsliste hervor, die im staatlichen Fernsehen verlesen wurde. Der Konservative Stavros Dimas soll in der Übergangsregierung neuer Außenminister werden. Sein Parteifreund Dimitris Avramopoulos ist für das Verteidigungsressort vorgesehen.
Mitterweile schweifen die Augen im europäischen Schuldendrama auch in Richtung Frankreich weiter. Hier hatte ein Lapsus von Standard & Poor's zwischenzeitlich für Aufregung gesorgt. Die Rating-Agentur hatte am Vortag irrtümlich die Herabstufung der "AAA"-Bonität Frankreichs verkündet und damit für Turbulenzen gesorgt, die sich nach der Richtigstellung wieder legten. Analysten sehen dessen ungeachtet Aber eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Rating-Agentur auf längere Sicht diesen Schritt machen wird.
Neben den Fortschritten in Italien und Griechenland beflügelten auch unerwartet positive Konjunkturdaten aus den USA das Sentiment. Der Michigan Index ist zum dritten Mal in Folge gestiegen und hat im November die Erwartungen übertroffen. Ökonomen gaben allerdings zu bedenken, dass der Stimmungswert weiterhin auf einem tiefen Niveau liege."Daher fällt der Ausblick für den US-Konsum nur moderat aus", urteilen die Volkswirte der Helaba kritisch.
Wasserstandsmeldung aus den USA
Neben den Nachrichten rund um die Euro-Krise interessierten sich einige Marktteilnehmer auch für die zum Wochenende etwas abebbende Berichtssaison: Mit der Allianz, Salzgitter und SMA Solar stehen Werte aus den drei wichtigsten deutschen Indizes im Blick.
Bei den Einzelwerten verzeichneten die Aktien der Allianz trotz eines Gewinneinbruchs im dritten Quartal ein Plus von 5,6 Prozent. Vor allem Abschreibungen auf Aktien und griechische Staatsanleihen hatten dem Versicherungskonzern das Ergebnis verhagelt.
Abstand nahmen die Anleger am Freitag zunächst von den Aktien des Düngemittel- und Salzherstellers K+S. Das Papier landete aber knapp im Plus. Am Donnerstag hatten die K+S-Papiere wegen eines vorsichtigen Ausblicks des Unternehmens bereits um 4,7 Prozent nachgegeben. K+S hatte seine Prognose für 2011 leicht gesenkt und stellte für das kommende Jahr lediglich stagnierende Umsätze und Gewinne in Aussicht. Einige Experten senkten am Freitag ihre Kursziele für die Aktien, darunter die Analysten von Equinet. Sie beließen die Bewertung auf "Buy", geben nun allerdings nur noch ein Kursziel von 57 Euro nach zuvor 67 Euro aus.
Salzgitter sehr fest
Für Salzgitter ging es um 4,9 Prozent nach oben. Der Stahlkocher schließt sich dem größer werdenden Konjunkturpessimismus nicht an. Die Stimmung verschlechtere sich momentan mehr als die Lage, teilte das Unternehmen bei Vorlage der Neunmonatszahlen mit. Angesichts der "verhalteneren, aber immer noch auskömmlichen Nachfrage" bestätigte Salzgitter das Jahresziel eines Vorsteuergewinns von rund 200 Mio. Euro.
Im TecDax kletterten die Aktien von SMA Solar um 10,0 Prozent, nachdem der Solartechnikkonzern einen Quartalsgewinn ausgewiesen hatte, der höher ausgefallen war als von Analysten erwartet
Ein Plus von 30,0 Prozent verzeichneten IVG im SDax. Das Immobilienunternehmen hatte am Donnerstag bekanntgegeben, es habe Kreditvereinbarungen über insgesamt zwei Milliarden Euro verlängert.
Quelle: ntv.de, ddi/DJ/dpa/rts