Film und Serien

Eine Zukunftsvision, die schockt "The Purge": This is the New America

Die USA, wie wir sie kennen, existieren nicht mehr: Arbeitslosigkeit und Armut sind nahezu ausgerottet. Alle leben friedlich miteinander. Erreicht haben das die neuen Gründungsväter mit nur einem Gesetz, dem Recht jedes US-Amerikaners auf "Säuberung". Genau in einer Nacht pro Jahr darf jeder plündern, vergewaltigen und morden. Familie Sandin muss sich entscheiden.

Es beginnt alles mit einem Autounfall, den ein rücksichtsloser Fahrer verursacht und der den Filmregisseur James DeMonaco ("Staten Island", "Assault On Precinct 13“) und seine Frau fast das Leben kostet. Als DeMonaco dem Fahrer die Meinung nicht nur verbal geigen will, hält ihn seine Frau zurück - mit den Worten: "Wäre es nicht wunderbar, wenn wir alle einen Mord frei hätten pro Jahr?" DeMonaco ist schockiert - schließlich ist seine Frau eine Ärztin - und gleichzeitig fasziniert von dieser Idee. Ein paar Jahre später setzt er sie filmisch in die Tat um: "The Purge - Die Säuberung".

Ethan Hawke spielt das Familienoberhaupt der Sandins und gerät dabei in ein moralisches Dilemma.

Ethan Hawke spielt das Familienoberhaupt der Sandins und gerät dabei in ein moralisches Dilemma.

(Foto: Universal Pictures)

Im Mittelpunkt des Films steht Familie Sandin. Vater James (Ethan Hawke; "Before Midnight", "Training Day", "Assault On Precinct 13") ist Topverkäufer von Hochsicherheitsanlagen für Wohnhäuser. Das Geschäft boomt, seitdem die neuen Gründungsväter vor ein paar Jahren die Säuberung ins Leben gerufen haben: Eine Nacht, in der jeder US-Amerikaner seine Seele reinigen und den inneren Frieden finden kann, indem er, ohne juristisch belangt werden zu können, plündern, vergewaltigen und morden darf. Alles ist erlaubt. Jährlich vom 21. März 19.00 Uhr bis um 7.00 Uhr am 22. März. Während dieser Zeit reagieren weder Polizei noch Krankenhäuser auf Not- oder Hilferufe. Nicht einmal das Fernsehen sendet.

(K)eine ganz normale Nacht

Bange Blicke vor die Haustür: James und Mary in der Nacht der Säuberung

Bange Blicke vor die Haustür: James und Mary in der Nacht der Säuberung

(Foto: Universal Pictures)

Die Sandins machen sich um die wieder einmal anstehende Säuberung keine Sorgen. Warum auch? James hat das Haus, in dem er, seine Frau Mary (Lena Headey; "300", "Dredd") und die Kinder Charlie (Max Burkholder) und Zoey (Adelaide Kane) leben, mit dem neuesten und teuersten Sicherheitssystem seiner Firma versehen - ebenso wie sämtliche Häuser der gutsituierten Nachbarschaft. Den Sandins geht es gut wegen der Säuberung. Deshalb befürworten sie sie, nehmen aber nicht daran teil. Während der zwölfstündigen Anarchie verbarrikadieren sie sich in ihrem Zuhause. Schotten dicht. Stahlhart.

Während draußen der Mob tobt, sitzen die Sandins gemütlich beisammen und schauen gemeinsam einen Film, ehe jeder ins Bett geht. Doch dieses Jahr wird aus dieser Routine nichts: Zoey rebelliert, weil ihr Vater den bereits volljährigen Freund ablehnt. Charlie ist mit 14 Jahren mittlerweile in dem Alter, um die Säuberung moralisch zu hinterfragen. Und Mary ist einfach nur desillusioniert, die Ehe mit James bröckelt. Nur James will einfach nur seine Ruhe.

Als Charlie jedoch an den Überwachungsmonitoren des Sicherheitssystems einen verängstigten und um Hilfe rufenden Mann (Edwin Hodge) sieht, der dazu auch noch an ihre verbarrikadierte Tür klopft, ist es mit James' Ruhe vorbei: Charlie schaltet das Sicherheitssystem aus, öffnet die Tür und ruft den Mann herein. Ungläubig betritt dieser das Haus. Doch als James mit einer Waffe auftaucht, weil er mitbekommen hat, dass das Sicherheitssystem aus ist, flüchtet er und versteckt sich irgendwo in den dunklen Winkeln des Hauses.

Die Gruppe will "nur" ihr Recht auf Säuberung wahrnehmen. Koste es, was es wolle.

Die Gruppe will "nur" ihr Recht auf Säuberung wahrnehmen. Koste es, was es wolle.

(Foto: Universal Pictures)

Aber es kommt noch schlimmer: Plötzlich tauchen schräge maskierte und verkleidete Gestalten vor der verbarrikadierten Haustür auf. Sie fordern ihr Recht auf Säuberung ein. Sie wollen den Mann. Lebendig. Um ihn dann hinzurichten. Sollten die Sandins ihrer "Bitte" nicht nachkommen, drohen sie mit der Stürmung des Hauses - und der Ermordung aller. Und der Anführer (Rhys Wakefield; "Sanctum") beliebt nicht zu scherzen, auch wenn er sich wie ein gut gelaunter Student einer Elite-Uni präsentiert. Nun steckt James in einem moralischen Dilemma: Soll er den Mann ausliefern und seine Familie retten? Oder soll er mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln kämpfen?

Wenn aus Idylle Horror wird

DeMonacos Vision einer neuen USA beginnt wie ein idyllischer Familienfilm: Der Vater kommt von einem stinknormalen Arbeitstag nach Hause zu seiner Familie. Die Sonne scheint. Alles ist gut, wie auch im Rest des Landes: Die Wirtschaft wächst unaufhaltsam. Die Arbeitslosigkeit liegt bei einem Prozent. Nur fünf Prozent der Bürger leben in Armut und alle friedlich miteinander. Kriminalität gibt es so gut wie nicht mehr. Kann es eine bessere Zukunft geben, in der man Kinder großzieht? Wohl kaum.

Aber das Ganze hat einen moralischen Haken: die Säuberung. Sie sorgt für die wachsende Wirtschaft, denn jedes Jahr im März schnellen zum einen die Waffenverkäufe auf immer neue Rekordwerte. Zum anderen sterben jedes Jahr im März tausende Obdachlose und arme Menschen, die sonst dem Sozialsystem unnötig auf der Tasche liegen. Sie können sich keinen Schutz durch teure Sicherheitssysteme leisten. Survival of the fittest?!

Also ist DeMonacos Vision der nahen Zukunft seines Landes doch eher düster? Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Jede Gesellschaft. Denn es ist die Frage danach, ob man die Schwächsten links liegen lässt oder ihnen zurück in ein glückliches Leben hilft, ihnen zumindest die Chance darauf gibt. Dieses moralische Dilemma ist der eigentliche Kern von DeMonacos Film. Aber wie er die Geschichte darum herum aufbaut, wie die Schauspieler miteinander interagieren, wie aus purer Idylle plötzlich ein Kampf ums nackte Überleben wird, kann sich durchaus sehen lassen.

Start einer Saga?

"The Purge" wird von Universal in die Kinos gebracht.

"The Purge" wird von Universal in die Kinos gebracht.

(Foto: Universal Pictures)

Da wären etwa die Hauptdarsteller Ethan Hawke und Lena Headey. Klangvolle Namen mit jeder Menge Erfahrung. Sie setzen die Zerrissenheit ihrer Filmfiguren (Schurke und Held, gelangweilte Hausfrau und Rächerin) teilweise brillant um. Dass Headey auch die knallharte Frau spielen kann, hat sie erst in "Dredd" als ultraböse Gegenspielerin Ma-Ma des Judges (Karl Urban) bewiesen. Hawkes schauspielerisches Können ist derzeit auch in "Before Midnight" an der Seite von Julie Delpy zu sehen. Aber auch der Anführer der Eindringlinge Wakefield gefällt. Seit Heath Ledgers "Joker"-Darstellung in "The Dark Knight" gab es keinen so perfekt gespielten Psychopathen auf der Leinwand mehr.

Zum anderen kann "The Purge" aber auch mit dem Set und der düsteren Stimmung punkten. Das Haus, seine Zimmer: Man will darin nicht wohnen - zumindest wenn der Strom ausgefallen ist. Die Action passt perfekt in das Gesamtbild des Films: Sie überlagert den Plot nicht und bleibt dennoch im Gedächtnis. Man merkt dem Film an, dass er inklusive Drehbuch über mehrere Jahre von erfolgreichen, gestandenen Hollywood-Köpfen entwickelt wurde. Dem Produzententeam gehören etwa Michael Bay ("Transformers"-Saga), Jason Blum ("Insidious", "Paranormal Activity"-Saga) oder Sebastian Lemercier ("Kaboom") an. Das sieht man "The Purge" an, der Horror- und Thriller-Elemente vereint und damit auch eine Hommage an Filme wie "V wie Vendetta" oder "Assault On Precinct 13".

"The Purge" lässt den Zuschauer am Ende mit einem mulmigen Gefühl zurück, aber auch mit dem Hunger auf mehr. Die Fokussierung auf die Familie Sandin könnte beispielsweise in einem nächsten Teil der Säuberung an sich weichen: vielleicht mit Found-Footage-Material. Auch ein Prequel ist denkbar. Umso mehr, wenn man die US-Einspielergebnisse vom Startwochenende sieht, das die Produktionskosten bereits zwölffach wieder hereingeholt hat.

Dass DeMonacos Zukunftsvision Realität werden könnte, liegt durchaus im Bereich des Möglichen. Was also würdest du tun, wenn du in dieser Welt leben würdest und die Säuberer an deine Tür klopfen?

"The Purge" startet am 13. Juni 2013 in den deutschen Kinos.

Quelle: ntv.de

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