Neuordnung in Flensburg Punkte werden anders verteilt
30.04.2014, 12:37 Uhr
Null Punkte in Flensburg - das bleibt auch weiterhin erstrebenswert.
(Foto: picture alliance / dpa)
Notorische Raser werden es künftig deutlich schwerer haben: Schon bei acht Punkten ist der Führerschein weg, und zwar auf Dauer. Hintergrund ist die Reform des Verkehrszentralregisters: Ab dem 1. Mai gelten in Flensburg neue Regeln.
Rund 8,8 Millionen Autofahrer haben Punkte in Flensburg. Etwa 141.000 von ihnen können bald aufatmen, denn sie werden am 1. Mai ihre Punkte komplett verlieren. Dann tritt die bislang größte Reform in der Geschichte der Flensburger Verkehrssünderkartei in Kraft: Das Verkehrszentralregister wird zum Fahreignungsregister. Eine der Neuerungen ist, dass bestimmte Verkehrsverstöße nicht mehr mit Punkten geahndet werden. Dafür werden die Bußgelder für diverse Delikte spürbar erhöht. Hier ein Überblick über die Neuerungen.
Wie werden Punkte künftig vergeben?
Das Punktesystem wird stark gestrafft. Bislang gibt es für ein Vergehen, abhängig von der Schwere, bis zu sieben Strafpunkte: Für Ordnungswidrigkeiten ab 40 Euro Bußgeld gibt es einen bis vier Punkte. Wird ein Regelfahrverb ot verhängt, sind es auf jeden Fall drei oder vier Punkte. Bei Straftaten im Straßenverkehr drohen fünf bis sieben Punkte in Flensburg. Wer die Marke von 17 Punkten überschreitet, muss seinen Führerschein abgeben und bekommt ihn allenfalls nach einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) zurück.
Im neuen System ist schon früher Schluss, bei acht Punkten wird die Fahrerlaubnis entzogen. Dafür werden aber auch deutlich weniger Punkte verteilt: Bußgelder beginnen künftig nicht mehr bei 40 Euro, sondern erst bei 60 Euro. Alles, was darunter liegt, ist eine punktefreie Verwarnung. Ordnungswidrigkeiten ab 60 Euro gelten als "schwerer Verstoß" und sind mit einem Punkt in Flensburg verbunden. Zwei Punkte gibt es für "besonders schwere Verstöße". Das sind Ordnungswidrigkeiten mit Fahrverboten und bestimmte Straftaten. Dazu zählen beispielsweise die meisten Rotlichtverstöße oder Geschwindigkeitsüberschreitungen ab 40 km/h. Drei Punkte werden bei Straftaten fällig, wenn gleichzeitig die Fahrerlaubnis entzogen wird. Darunter fallen beispielsweise Trunkenheitsfahrten mit mehr als 1,1 Promille.
Wofür gibt es keine Punkte mehr?
Punkte gibt es nur noch für Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die eine unmittelbare Bedeutung für die Verkehrssicherheit haben. Ausnahmen gibt es für Fahrerflucht oder das Zuparken von Feuerwehrausfa hrten Nicht mehr mit Punkten geahndet werden unter anderem Beleidigungen anderer Verkehrsteilnehmer, das unberechtigte Befahren von Umweltzonen oder Verstöße gegen Fahrtenbuchauflagen.
Bußgelder gibt es für solche Delikte aber trotzdem – und zum Teil fallen die deutlich höher aus als vor der Reform. Wer sich ohne gültige Plakette in der Umweltzone erwischen lässt, zahlt künftig beispielsweise 80 Euro, doppelt so viel wie bisher. Fehlende Kennzeichen kosten statt 40 Euro künftig 60 Euro. Auch die Geldbußen für das Telefonieren am Steuer, für das Nicht-Anschnallen von Kindern oder für Verstöße gegen die Winterreifenpflicht steigen jeweils von 40 auf 60 Euro.
Welche Folgen hat der Punktestand?
Wer bis zu drei Punkte in Flensburg sammelt, ist dort lediglich vorgemerkt. Bei vier bis fünf Punkten kommt der erste Warnschuss in Form einer gebührenpflichtiger Ermahnung (Kostenpunkt: 25 Euro). Durch die Teilnahme an einem Seminar kann man einen Punkt abbauen. Dieses Seminar beinhaltet vier Sitzungen zu Verkehrspädagogik und Verkehrspsychologie und kostet insgesamt rund 400 Euro. Beim sechsten und siebten Punkt gibt es eine schriftliche Verwarnung, die erneut 25 Euro kostet. Die Chance für das Seminar ist dann vertan, Punkte abbauen ist nicht mehr möglich.
Beim achten Punkt ist der Führerschein weg, weil man zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet ist. Erst nach einer medizinisch-psychologischen Untersuchung kann man ihn neu beantragen, frühestens nach sechs Monaten.
Sammelt ein Fahrer innerhalb kurzer Zeit viele Punkte, überschreitet er womöglich auch ohne vorherige Ermahnung die kritische Marke von sechs Punkten. Dann wird der Stand auf fünf heruntergesetzt.
Wann verfallen die Punkte?
Punkte in Flensburg werden irgendwann wieder gelöscht, das war im alten System so und wird auch so bleiben. Allerdings läuft das Verfahren künftig etwas einfacher. Bislang können sich die Löschfristen bei neuen Vergehen um bis zu fünf Jahre verlängern, bei Alkoholfahrten und anderen Straftaten auch darüber hinaus. Der Punkteabbau wurde dadurch deutlich erschwert. Ab Mai gelten hingegen neue, starre Fristen:
- Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt verfallen nach 2,5 Jahren.
- Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten mit zwei Punkten werden nach fünf Jahren getilgt.
- Straftaten mit drei Punkten bleiben zehn Jahre lang im Register.
Was passiert mit alten Punkten?
Vergehen, für die es nach neuem Recht keine Punkte mehr gibt, werden automatisch aus dem Register gestrichen. Das betrifft nach Informationen der "Bild am Sonntag" insgesamt rund 386.000 Vergehen. Alle übrigen Einträge werden in das neue Punktesystem übertragen. Dabei gilt das folgende Schema: Ein bis sieben alte Punkte werden in bis zu drei neue Punkte umgewandelt. Acht bis dreizehn alte Punkte sind vier oder fünf neue Punkte. Vierzehn bis siebzehn alte Punkte sind sechs oder sieben neue Punkte. Achtzehn und mehr Punkte entsprechen im neuen System acht Punkten.
Für eingetragene Delikte gelten noch die alten Tilgungsfristen, alle Einträge, die ab dem 1. Mai dazu kommen, werden nach den neuen Fristen behandelt.
Wird es in der Praxis Unterschiede zu früher geben?
Welche Veränderungen das neue Modell in der Praxis auslöst, ist noch nicht ganz abzusehen. Experten erwarten aber einhellig, dass sich die Zahl der Führerscheinentzüge durch das weniger fein abgestufte Punktevergabesystem um etwa zehn Prozent erhöhen wird. "Zwei verhältnismäßig leichte Verstöße wie Telefonieren am Steuer und eine Geschwindigkeitsübertretung von 21 km/h ergeben nach altem wie neuem System zwei Punkte", rechnet der Verkehrsrechtsexperte Mathias Voigt vor. "Im alten System entsprechen die Verstöße elf Prozent der möglichen Punkte, im neuen System bereits 25 Prozent ─ mehr als doppelt so viel." Der Führerscheinverlust drohe damit deutlich früher.
Erschwerend kommt hinzu, dass Verkehrsteilnehmer ab dem 1. Mai nicht mehr wie bisher zwei bis vier Punkte durch ein Aufbauseminar abbauen können, sondern nur noch einen einzigen innerhalb von fünf Jahren. Notorische Raser werden es künftig also schwerer haben. Die Verkehrssicherheit könnte mit der Reform aber gewinnen.
Quelle: ntv.de, ino/AFP