Massentaugliches Kaffeekapsel-System Aldi greift Nespresso an
28.10.2013, 15:09 UhrEdel, teuer, exklusiv: Nestlé verkauft mit seinen Nespresso-Kapseln Kaffee als Luxusprodukt und ist damit ungemein erfolgreich. Jetzt will auch Aldi-Süd den Markt für Portionskaffee erobern. Nicht nur mit eigenen Kaffeekapseln, sondern mit einem eigenen System.

Das Expressi-System startet bei Aldi Süd. Es dürfte aber nur eine Frage der Zeit sein, bis auch Aldi Nord nachzieht.
(Foto: dpa)
Ein ungewohntes Bild bietet sich ab kommenden Mittwoch in den Filialen des Discounters Aldi Süd: Der Billiganbieter lädt zu Espresso und Cappuccino ein. Nicht aus purer Großzügigkeit, sondern um Kunden auf den Geschmack seiner neuen Kaffeekapseln zu bringen. "Expressi" hei ßt das hauseigene System, mit dem der Discounter eine preiswerte Alternative zum Branchenstar Nespresso etablieren will. Eine vielversprechende Neueinführung, denn das Geschäft mit Kaffeekapseln hat sich zum Milliardenmarkt entwickelt.
Das Tochterunternehmen des Schweizer Nestlé-Konzerns hat die eigentlich eher praktischen als schicken Gebrauchsartikel dank edler Aluminium-Hüllen und aufwendiger Werbung mit Hollywood-Star George Clooney zum Status-Symbol aufgewertet. Und das lässt es sich teuer bezahlen, eine Nespresso-Kapsel kostet mindestens 35 Cent. Bei etwa sechs Gramm Kaffee je Kapsel ergibt das einen Kilopreis von an die 60 Euro. Das ist rund sechs Mal so teuer wie Kaffee ohne Kapseln und sichert dem Konzern eine üppige Gewinnspanne.
Günstiger geht's kaum
Discounter Aldi geht den Markt jetzt von der entgegengesetzten Seite an. Zwar ist die Kaffeemaschine von Aldi mit 69,99 Euro nicht sonderlich billig, die günstigsten Nespresso-Maschinen gibt es auch schon für rund 100 Euro. Doch die Kapseln aus wiederverwertbarem Kunststoff sollen nur knapp 19 Cent kosten – und damit kaum mehr als die Hälfte des Nespresso-Preises. Espresso-Aficionados könnten sich allerdings daran stören, dass der Discounter in einigen seiner Kapseln nicht nur Arabica-Bohnen, sondern auch Robusta-Kaffee verwendet. Der ist im Einkauf in der Regel billiger, ihm wird aber auch ein bittererer Geschmack nachgesagt.

Die Aldi-Kapseln bestehen aus Kunststoff und sind nicht nochmal einzeln verpackt, wie viele Nespresso-Konkurrenten.
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Die Kaffeemaschine von Aldi erinnert in ihrem Rillen-Design an den beliebten Nespresso-Pixie-Automaten von Krups. Sie stammt übrigens - wie auch die Kapseln - vom Bergisch Gladbacher Getränkespezialisten Krüger. Der stellt auch die Geräte für Starbucks-Kapselkaffee her. Wer will, kann also in seiner Aldi-Maschine auch teurere Starbucks-Kapseln verwenden. Aldi selbst bietet zunächst neun verschiedene Kapselsorten an, neben normalem Espresso und Lungo auch Kakao, Latte Macchiato oder Cappuccino. Weil die Expressi-Maschine keine Milchdüse hat, kommt wenn nötig eine zweite Kapsel mit Milchpulver zum Einsatz.
Wer einmal anfängt, bleibt
"Aldi steigt spät in den Markt ein", meint der Handelsexperte Matthias Queck vom Beratungsunternehmen Planet Retail. "Vielleicht ist es auch schon zu spät. Aber es kann auch sein, dass Aldi mit seiner Vertriebskraft einen Massenmarkt mit Riesenpotenzial erschließt." Attraktiv sei der Kapselmarkt für den Discounter nicht nur wegen der hohen Gewinnspannen. Das eigene Kapselsystem sei auch ein geradezu ideales Instrument zur Kundenbindung.
Andere waren deutlich schneller als Aldi. So bietet Tchibo schon seit geraumer Zeit mit Cafissimo ein eigenes Kapselsystem, bei dem die Kapseln rund 30 Cent kosten. Und der Lebensmittelgigant Mondelez - vormals Kraft - wirbt mit seinem Tassimo-System um Kunden. Gleichzeitig bringen immer mehr Anbieter Billigkapseln auf den Markt, die in die Nespresso-Maschinen passen. Der Aldi-Konkurrent Lidl bietet sie unter der Marke Bellarom schon für knapp 20 Cent an. Der Pad-Pionier Senseo ist seit dem Sommer mit einem breiten Kapselsortiment in mehreren Supermärkten präsent, mit rund 33 Cent pro Kapsel ist der Spareffekt hier allerdings gering. Daneben finden sich etwa bei Rewe und Edeka günstigere Alternativen für die Geräte des Marktführers und im Internet werben Anbieter wie Gourmesso um preisbewusste Kapsel-Liebhaber.
Das Problem der Klone ist allerdings oft der verwöhnte Gaumen der Nespresso-Trinker. Viele akzeptieren andere Kapseln allenfalls als Notlösung. Hier könnte ein Vorteil der Aldi-Systemlösung liegen, schließlich erschließt sich der Discounter ganz neue Käuferschichten abseits des exklusiven Nespresso-Clubs. Noch dürfte auf dem Markt auch genug Platz sein für alle Wettbewerber. Denn der Durst der Deutschen auf Kapsel-Kaffee scheint unstillbar. Allein im vergangenen Jahr wuchs der Absatz nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbandes um 16 Prozent auf 10.000 Tonnen.
Quelle: ntv.de, ino/dpa