Verhältnis zwischen Arzt und Patient gestört Bei Ärztefehler kein Recht zur Nachbesserung
26.07.2013, 17:22 UhrWie soll ein Patient noch einem Arzt vertrauen, der ihn schon mal falsch behandelt hat? Das dachten sich wohl auch die Richter am Oberlandesgericht Jena: Sie entschieden zugunsten einer Zahnarztpatientin.
Wurde ein Patient falsch behandelt, muss er dem Arzt nicht die Chance geben, den Fehler zu beheben. Der Betroffene kann vielmehr Schadenersatz und Schme rzensgeld einfordern. Zu diesem Urteil kam das Oberlandesgericht (OLG) Jena, auf das die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins hinweist (Az.: 4 U 549/11). Begründet wurde die Entscheidung damit, dass das Verhältnis zwischen Arzt und Patient wegen des Fehlers nachhaltig gestört sein kann. Außerdem könne die Art der Falschbehandlung gegen ein Nachbessern sprechen.
In dem verhandelten Fall hatte eine Zahnarztpatientin ein Inlay und eine Krone bekommen. Wegen Schmerzen musste sie bald darauf nachts zu einer Notbehandlung. Dabei zeigte sich, dass unter der Füllung und unter dem Zahnersatz Karies vorhanden war.
Nachdem das Landgericht zunächst anders geurteilt hatte, entschied das OLG, dass die Frau grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld habe. Der Arzt habe sie falsch behandelt, weil er den Karies nicht festgestellt hatte, bevor er den Zahnersatz einsetzte. Diesen Befund könne er nicht im Nachhinein erheben. Sie habe ihm zu Recht keine Möglichkeit zur Nachbesserung gegeben, weil sie auch keine weiteren Termine bei ihm wahrgenommen habe.
Wie aus der von der Bundesärztekammer vorgestellten Behandlungsfehler-Statistik hervorgeht, haben sich im Jahr 2012 mehr als 12.200 Patienten an die Gutachterstellen der Ärzteschaft wegen des Verdachts auf Behandlungsfehler gewandt. Bearbeitet wurden 7578 Anträge zu mutmaßlichen Fehlern. Am häufigsten standen die Vorwürfe im Zusammenhang mit Knie- und Hüftgelenkarthrosen sowie Unterarm-, Unterschenkel- und Sprunggelenkfrakturen.
Die Dunkelziffer ist jedoch hoch. Denn ungezählte Fälle bei Gerichten und Versicherungen kommen hinzu. Insgesamt beanstanden nach früheren Schätzungen des Medizinischen Dienstes rund 40.000 Versicherte pro Jahr ihre Behandlung bei Ärztestellen, Kassen oder direkt vor Gerichten, sagte er.
Quelle: ntv.de, awi/dpa