Garantie für fehlerhafte Ware Händler muss Schaden voll tragen
16.06.2011, 12:31 UhrDie Hälfte der Fliesen ist schon verlegt, da bemerkt der Käufer die Kratzer in der Oberfläche. Der Verkäufer muss neue Fliesen liefern, soviel ist klar. Aber muss er auch den beschädigten Bodenbelag austauschen lassen? Die Frage ist jetzt höchstgerichtlich geklärt.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Gewährleistungsansprüche von Verbrauchern erheblich gestärkt. Händler müssen kaputte Ware nicht nur ersetzen, sondern gegebenenfalls auch aus- und die neue wieder einbauen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Mangel sich nicht reparieren lässt und vor dem Einbau nicht erkennbar war. Nur wenn dies absolut unverhältnismäßig wäre, kann der Händler ersatzweise eine Entschädigung anbieten. (Az: C-65/09)
Konkret ging es um Fliesen und eine Spülmaschine. Im ersten Fall hatte der Kunde polierte italienische Bodenfliesen für 1382 Euro gekauft. Erst als schon zwei Drittel der Fliesen verlegt waren, bemerkte er feine "Mikroschleifspuren", die sich nicht beseitigen ließen. Die Kosten für Ausbau und Neuverlegung der Fliesen schätzte ein Gutachter auf 5830 Euro. Im zweiten Fall hatte sich die Kundin eine Spülmaschine vor die Haustür liefern lassen. Sie ließ sie anschließen und stellte fest, dass das Gerät irreparabel kaputt war. Daher verlangte sie, dass der Händler nicht nur eine neue Spülmaschine vor die Haustür stellt, sondern auch die kaputte aus- und die neue einbaut.
In Deutschland schlechte Chancen
Nach deutschem Recht hätten die Kunden keinen Erfolg gehabt. Allerdings fragte der Bundesgerichtshof (BGH) in Luxemburg an, wie der EuGH die Verbraucherrechte nach EU-Recht bewertet. Die Antwort fiel nun klar zugunsten der Verbraucher aus. Sofern sie nicht mutwillig Einbau- oder andere Kosten verursachen, seien sie so zu stellen, als hätten sie eine mangelfreie Ware bekommen, urteilte der EuGH. Sei der Mangel erst nach dem Einbau erkennbar gewesen, gehöre dazu auch der Ausbau der kaputten und der Einbau der Ersatzware. Andernfalls könnten die damit verbundenen Kosten Kunden davon abhalten, überhaupt ihre Gewährleistungsrechte in Anspruch zu nehmen.
Ausdrücklich betonte der EuGH, dass diese Rechte der Verbraucher auch dann gelten, wenn auch den Händler keine Schuld an dem Fehler trifft. Denn trotzdem sei er es, der seinen Teil des Kaufvertrags, nämlich die Lieferung einer einwandfreien Ware, nicht erfüllt habe.
Lediglich, wenn die Kosten für den Aus- und Einbau absolut unverhältnismäßig wären, dürfen die Gerichte den Betrag, bis zu dem der Händler dafür aufkommen muss, begrenzen. In solchen Fällen müsse dann aber der Kunde die Wahl haben, ob er trotzdem austauschen will, oder aber eine Entschädigung möchte, etwa in Form einer Preisminderung. Über die konkreten Fälle muss danach nun abschließend der BGH entscheiden.
Quelle: ntv.de, AFP