Ratgeber

Religionsfreiheit auf dem Motorrad? Helmpflicht gilt auch für Turbanträger

Ein Sikh aus Baden-Württemberg will seinen Turban auch auf dem Motorrad nicht ablegen. Er beantragt eine Befreiung von der Helmpflicht. Doch das Gericht hat eine ganze Reihe von Argumenten dagegen.

Nicht alle Sikhs sehen die Turbanfrage so streng. Manche legen die Kopfbedeckung nur in der Öffentlichkeit an.

Nicht alle Sikhs sehen die Turbanfrage so streng. Manche legen die Kopfbedeckung nur in der Öffentlichkeit an.

(Foto: imago/ZUMA Press)

Religionsfreiheit ist ein Grundrecht, dessen Grenzen immer wieder vor Gericht definiert werden müssen. Das Verwaltungsgericht Freiburg hat nun entschieden: Anhänger der Sikh-Religion müssen beim Motorradfahren den Turban durch einen Helm ersetzen. Geklagt hatte ein Mann aus Konstanz, der 2005 der Religion der Sikhs beigetreten war. Weil ihm diese vorschreibe, immer einen Turban zu tragen, hatte er 2013 beantragt, keinen Helm nutzen zu müssen. Die Straßenverkehrsbehörde der Stadt Konstanz lehnte das jedoch ab. (Az.: 6 K 2929/14)

Sikhs leisten bei ihrer Taufe einen Eid, sich aus Respekt vor dem Schöpfer und seiner Schöpfung "bis zum Lebensende die Haare nicht zu schneiden, sie zu bedecken und mit einem Turban zu schmücken". Dabei folgen sie dem Vorbild ihres historischen Gurus Nanak aus dem 15. Jahrhundert. In der Helmpflicht sah der Sikh aus Südbaden nun seine Religionsfreiheit verletzt.

Doch mit diesem Argument konnte er sich vor Gericht nicht durchsetzen. Schließlich trügen auch Sikhs ihren Turban nicht ständig, sondern wählten beispielsweise beim Schlafen - wenn überhaupt - eine andere Bedeckung, stellte das Gericht klar. Die Helmtragezeit sei zudem relativ kurz, so dass man nicht von einem tiefgreifenden Einschnitt ins religiöse Leben spreche könne. Außerdem zwinge ihn die Helmpflicht ja weder zum Schneiden der Haare, noch dazu, sie in der Öffentlichkeit zu entblößen. Unter dem Helm könne er seine Haare auch mit einem Tuch oder einer Sturmhaube bedecken.

Helm schützt nicht nur den Träger

Die Richter fügten der Urteilsbegründung aber noch einen weiteren Aspekt hinzu: Mit dem Respekt für Schöpfer und Schöpfung könne es nicht so weit her sein, wenn der "schmückende Turban den schützenden Motorradhelm" verdränge. Die Vorstellung eines motorradfahrenden Turbanträgers beziehungsweise eines turbantragenden Motorradfahrers fanden sie aber ohnehin recht befremdlich. Es sei fraglich, ob die Würde sowie die innere und äußere Einheit mit dem historischen Guru hier noch gewahrt seien.

Zu guter Letzt stünden auch andere öffentliche Belange dem Anliegen entgegen, mit Turban Motorrad zu fahren. Die Helmpflicht diene nämlich nicht nur dem Schutz des Trägers selbst, sondern auch dem Schutz der Allgemeinheit vor schweren Belastungen, stellte das Gericht klar. Dazu zählten unter anderem der Einsatz von Rettungskräften, aber auch Reha-Maßnahmen und die Invalidenversorgung. Außerdem stiegen die Kosten für den Unfallgegner, wenn der Helm-Verweigerer zusätzliche Verletzungen erleide.

Obwohl das Gericht viele Gründe fand, die gegen eine religiös bedingte Ausnahme von der Helmpflicht sprechen, hat es die Revision zum Verwaltungsgerichtshof zugelassen. Der Sikh hat jetzt einen Monat Zeit, Revision einzulegen.

Quelle: ntv.de, ino

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