Mehr Geld für Anwälte und Notare Justiz ist ab jetzt teurer
01.08.2013, 16:33 UhrImmobilienkäufe, Kündigungsschutzklagen oder Scheidungen - fast alles, wofür man einen Anwalt, ein Gericht oder einen Notar braucht, wird teurer. Dafür sorgt ein neues Gesetz, das heute gültig wird. Auch Rechtsschutzversicherte dürften über kurz oder lang nicht ungeschoren davonkommen.
Um Kitaplatzgarantie und Betreuungsgeld gab es schon seit Monaten viel Getöse. Eine andere Neuregelung tritt heute dagegen von der Öffentlichkeit fast unbemerkt in Kraft: Das zweite Kostenrechtsmodernisierungsgeset z. Es sorgt dafür, dass Anwälte und Notare höhere Honorare nehmen können, dass Gutachter und Dolmetscher am Gericht besser verdienen und auch dass Zeugen oder ehrenamtliche Richter höher entschädigt werden. Außerdem werden die Prozesskosten steigen. Eigentlich hätte das Gesetz schon zum 1. Juli eingeführt werden sollen, doch der Bundesrat spielte zunächst nicht mit. Die Länder riefen erst den Vermittlungsausschuss an, weil ihnen die Anpassung der Gerichtsgebühren nicht weit genug ging.
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger lobt den nun gefundenen Kompromiss, weil die Anhebungen "mit Augenmaß" erfolgt seien. Die Rechtsschutzversicherer sehen das etwas anders: Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) rechnen sie mit einem zusätzlichen Kostenaufwand von durchschnittlich 16 Prozent, also rund 375 Millionen Euro im Jahr. Und das war der Stand, bevor die Prozesskosten im Vermittlungsausschuss noch einmal nach oben geschraubt wurden, um die Länderhaushalte zu entlasten.
Warum das Ganze?
Die Rechtsanwaltsgebühren wurden zuletzt vor neun Jahren nach oben gesetzt, im ersten Kostenrechtsmodernisierungsgesetz aus dem Jahr 2004. Im Grundsatz sei die "Anpassung an die Entwicklung der Einkommen in anderen Berufen" gerechtfertigt, sagt auch der GDV. Am Hungertuch müssen gut beschäftigte Anwälte aber auch heute nicht nagen. Das Problem ist vielmehr, dass immer mehr Juristen um Mandanten werben: Gab es vor zehn Jahren noch gut 121.000 zugelassene Rechtsanwälte, so zählte die Bundesrechtsanwaltskammer 2012 schon über 158.000. Die Zahl der Gerichtsverfahren ist dagegen rückläufig, der Kuchen wird also kleiner.
Notare plagen keine Konkurrenzprobleme, dafür aber die Inflation: Ihre Gebührentabelle stammt aus dem Jahr 1986. Gerade in strukturschwachen Regionen ließen sich Notarstellen immer schwerer wirtschaftlich betreiben, so die Bundesnotarkammer.
Auch den Gerichten fällt es zunehmend schwerer, ihre Kosten zu decken. Um die Länder zu entlasten, sollen nun die Bürger bzw. deren Rechtsschutzversicherungen stärker zur Kasse gebeten werden.
Was wird teurer?
Anwaltsgebühren werden im Schnitt um schätzungsweise zwölf Prozent steigen, Notare sollen 15 Prozent mehr bekommen und Prozesskosten könnten 18 Prozent höher ausfallen als bislang. Das sind allerdings nur Mittelwerte, je Rechtsgebiet und Tätigkeit können die Kosten höher, aber auch niedriger ausfallen.
So seien die Gebühren für einfache Tätigkeiten, etwa die Beglaubigung von Unterschriften, sogar gesunken, schreibt die Bundesnotarkammer. Für geringe Geschäftswerten wurden hingegen Mindestgebühren eingeführt, die Beurkundung eines Testaments kostet beispielsweise künftig mindestens 60 Euro. Deutlich teurer wird der Notar auch beim Hauskauf, wenn eine alte Grundschuld abgelöst werden soll.
Die höheren Anwalts- und Prozesskosten führen beispielsweise dazu, dass Scheidungen teurer werden. Bei einem Streitwert von 15.000 Euro etwa könnten die Kosten für Anwalt und Gericht von bislang 1950 Euro auf 2250 Euro steigen. Auch Arbeitsrechtsprozesse werden teurer. So rechnet der GDV vor, dass eine Arbeitnehmerin mit einem Einkommen von 3300 Euro künftig 6700 Euro bezahlen muss, wenn sie über zwei Instanzen gegen ihre Kündigung klagt. Bislang sind es rund 5780 Euro. Immerhin: Gewinnt die Klägerin, muss sie ihre Kosten nur in der ersten Instanz selber tragen. In Strafsachen sollen die gesetzlichen Gebühren für Anwälte sogar um 19 Prozent steigen.
Welche Folgen hat das?
Verbraucher mit Rechtsschutzversicherung können die Gebührensteigerungen zunächst kalt lassen. Über kurz oder lang werden aber auch sie das neue Kostenrecht zu spüren bekommen – auch wenn sie gar nicht klagen. Denn die Rechtsschutzversicherer kalkulieren die höheren Gebühren in ihre Beiträge mit ein. Das dürfte sich zunächst in den Beiträgen für Neukunden niederschlagen, später dann aber auch bei den Jahresrechnungen. Erhöht die Versicherung die Prämie, haben die Kunden ein Sonderkündigungsrecht.
Für Mandate und Prozesse, die vor dem 1. August begonnen haben, gilt übrigens noch das alte Kostenrecht. Wer also noch im Juli einen Anwalt beauftragt oder eine Klage eingereicht hat, zahlt den alten Satz – egal wie lange das Verfahren dauert.
Quelle: ntv.de