Ratgeber

Keine Extrawurst für Kinder Lebensmittelindustrie am Pranger

Ob Kinderwurst, Frühstücksflocken, oder Süßigkeiten - in jedem Supermarkt gibt es haufenweise Produkte, die speziell für Kinder designt wurden oder deren Eltern ansprechen sollen. Überflüssig sind sie eigentlich alle, kritisieren Verbraucherschützer. Dabei könnte es durchaus kindgerechte Lebensmittel geben.

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(Foto: Ferrero)

Verbraucherschützer haben sogenannte Kinderlebensmittel ins Visier genommen und fordern striktere Regeln für die Werbung. "Kinderlebensmittel sind eine Konsumfalle" kritisiert Gerd Billen, der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Ältere Kinder würden mit schriller Aufmachung und Geschenken geködert. Mit Produkten extra für kleine Kinder fördere die Industrie außerdem falsche Ernährungsgewohnheiten und verunsichere die Eltern Weil die Selbstverpflichtungen für verantwortungsvolles Marketing bislang ins Leere liefen, seien gesetzliche Regelungen und wirkungsvolle Sanktionen nötig, so der vzbv.

Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, "dass die Verhaltensregeln der deutschen Werbewirtschaft konkretisiert und vor allem überwacht werden", heißt es in einer Untersuchung des vzbv zu Lebensmitteln für Kinder und Kleinkinder. Kinder seien für Marketingstrategen besonders interessant, führen die Verbraucherschützer aus: Sie lernten schnell, gingen unerfahrener und unkritischer mit Botschaften um und könnten bis zum Alter von fünf Jahren gar nicht zwischen Werbung und anderen Inhalten unterscheiden. Zwar habe sich die Werbewirtschaft 2009 Verhaltensregeln für die an Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung gegeben, diese seien jedoch so allgemein formuliert, "dass es kaum zu Veränderungen kam".

Im Gegenteil: Eine Studie der Universität Hamburg zeigte, dass im Jahr 2010 - also nach Einführung der Selbstverpflichtung - in Fernseh-Kinderprogrammen mehr Werbespots für Lebensmittel liefen als in den Jahren 2007/2008. Der Anteil stieg demnach im genannten Zeitraum von 14,5 Prozent auf 18,5 Prozent an. Auch der Anteil der Werbespots für Produkte mit ungünstigen Nährwertprofilen - also etwa mit viel Zucker oder viel Fett - nahm der Untersuchung zufolge in dieser Zeit zu: von 88,2 Prozent auf 98,2 Prozent.

Viele Eltern glauben Werbung

Aussagen wie "mit vielen Vitaminen" oder "mit dem Besten aus der Milch" scheinen zu fruchten: Der Umfrage zufolge gehen 40 Prozent der Verbraucher davon aus, dass Kinderprodukte im Zucker-, Fett- und Salzgehalt an die Bedürfnisse von Kindern angepasst sind. Eine Nährwertampel hätte auf einen Blick Gegenteiliges verdeutlicht.  Auch die Nährwertangaben auf der Verpackung helfen nicht unbedingt weiter: Bei der üblichen GDA-Kennzeichnung wird auch bei Kinderlebensmitteln der tägliche Kalorienbedarf einer erwachsenden Frau zugrunde gelegt. Was dies für Kinder bedeutet, kann nur geschätzt werden.

Kinderlebensmittel werden zwar anders verkauft, enthalten aber selten andere Stoffe als normale Produkte. Dabei könnte es durchaus kindgerechte Lebensmittel geben. Die Autoren fordern etwa, auf umstrittene Azofarbstoffe zu verzichten. "Naheliegend" sei auch ein genereller Verzicht auf Aromastoffe. Auch sollten Zucker und Fett nur in kindgerechten Mengen eingesetzt werden. Für "Kinderlebensmittel" gebe es aber kaum rechtliche Rahmenbedingungen.

Im Gegensatz dazu gelten für Kleinkinderlebensmittel strengeren Regeln. Da sie zu den diätischen Lebensmitteln zählen, müssen sie beispielsweise auf Farb- und Konservierungsstoffe verzichten und dürfen nur wenig Salz enthalten. Notwendig seien Spezialmilch, -Pudding oder -Frühstücksflakes für kleine Kinder deshalb aber nicht, betonen die Verbraucherschützer. "Kleinkinder brauchen keine Extrawurst. Alle Lebensmittel müssen auch für Kleinkinder unschädlich sein", erklärte Billen. Solche Produkte förderten vielmehr die Hinwendung zu Fertiggerichten und erhöhten die Gefahr der Überfütterung.

Quelle: ntv.de, ino/AFP

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