Patienten-Infos zur NeuregelungOrganspenden werden erleichtert
Rund 12.000 Kranke warten in Deutschland auf ein Spenderorgan - meist vergebens. Jetzt sollen sich viel mehr Menschen für eine Spende entscheiden. Wie das erreicht werden soll und was auf Patienten zukommt.
Bislang müssen die Menschen ihre Bereitschaft zur Organspende aus eigener Initiative erklären - per Organspendeausweis oder gegenüber ihren Angehörigen. Das soll sich jetzt ändern: Nach jahrelanger intensiver Debatte mit vielen Rückschlägen erzielten Spitzenvertreter und Fachpolitiker aller im Bundestagsfraktionen sowie die Bundesregierung am 1. März den Durchbruch. Hier wichtige Fragen und Antworten dazu:
Wie soll der Weg zu mehr Organen geebnet werden?
Alle Erwachsenen in Deutschland sollen von ihrer Krankenkassen - sei es eine gesetzliche oder eine private - Post bekommen. Sie werden damit nach ihrer Bereitschaft zur Organspende nach dem Hirntod gefragt und über das Thema aufgeklärt.
Wird Druck zur Organspende ausgeübt?
Nein. Man kann die Bereitschaft erklären (Ja), sie verneinen (Nein) oder das Anschreiben einfach wegwerfen. Auch die Bereitschaft, nur bestimmte Organe zu spenden, soll man erklären können, zudem soll man bestimmte Organe ausdrücklich ausschließen können. Alle zwei Jahre soll dann erneut ein solcher Brief kommen.
Wie soll man seine Entscheidung dokumentieren?
Wie bisher auf einem Spendeausweis aus Papier. Oder - wenn dies technisch möglich ist - in einem eigenen elektronischen Fach auf dem Chip der elektronischen Gesundheitskarte. Die Versicherten selbst, ihre Ärzte oder die Kasse sollen dies dort eintragen können.
Wann soll es losgehen?
Sobald der geplante Gruppenantrag im Sommer Gesetz geworden ist, sollen die gesetzlichen und privaten Krankenkassen die Menschen schriftlich nach ihrer Spendebereitschaft fragen.
Wie viele Organe werden gespendet?
In Deutschland kommen auf eine Million Einwohner 14,9 Spender. International liegt die Bundesrepublik damit im unteren Drittel. 2011 wurden 1200 Menschen nach ihrem Tod 3917 Organe entnommen - das waren 7,4 Prozent Spender weniger als im Vorjahr. Ein einzelner Organspender kann bis zu sieben schwer kranken Menschen helfen.
Welche Organe können gespendet werden?
Nach dem Hirntod können Niere, Herz, Leber, Lunge, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm gespendet werden. Es gibt aber auch Lebendspenden. Dabei entscheiden sich gesunde Menschen, nahen Verwandten oder Freunden eine Niere oder einen Teil der Leber zu spenden. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier spendete 2010 seiner kranken Frau eine Niere. Lebendspenden sind nur zulässig, wenn kein anderes Spenderorgan zur Verfügung steht. Wegen des Organmangels hat die Zahl der Lebendspenden in den vergangenen Jahren zugenommen.
Wird eine Organspende bezahlt?
Nein. In Deutschland ist der Handel mit Organen verboten.
Was ist die Voraussetzung für eine Organspende?
Als potenzielle Organspender kommen nur Menschen infrage, bei denen der Hirntod vor dem Herzstillstand eintritt. Von den rund 400 000 Menschen, die jedes Jahr in deutschen Kliniken sterben, ist das nur bei einem Prozent der Fall. Ein Hirntod bedeutet, dass das Gehirn eines Menschen als Schaltstelle aller Lebensfunktionen keine Funktionen wie Ströme oder Reflexe mehr zeigt. Das Herz schlägt nur noch durch künstliche Beatmung auf einer Intensivstation weiter. Ein Hirntod wird häufig nach schweren Schlaganfällen, Hirnblutungen oder Schädel-Hirn-Traumata festgestellt. Dabei müssen zwei Ärzte unabhängig voneinander urteilen.
Warum gibt es bisher so wenige Organspenden?
Bisher muss jeder Erwachsene aktiv sein Einverständnis zur Organspende geben. Einen Spenderausweis haben aber nur etwa 20 Prozent. Eine andere Möglichkeit ist bisher eine klare Aussage gegenüber Angehörigen. Gibt es keine mündliche oder schriftliche Entscheidung, müssen sie über eine Entnahme entscheiden. Das ist zurzeit bei neun von zehn Hirntoten der Fall.
Warum tun sich die Bürger schwer?
Bei vielen Menschen sitzt die Angst tief, dass Ärzte sie im Ernstfall in der Klinik schlechter behandeln könnten, um dann Organe zu entnehmen. Immerhin 45 Prozent der Deutschen fürchten laut einer Umfrage von Bertelsmann Stiftung und Barmer, dass die Ärzte nicht mehr mit vollem Einsatz um ihr Leben kämpfen, wenn sie sich zu einer Spende bereiterklärt hätten.
Was muss in den Kliniken besser werden?
Gerade kleinere Kliniken haben Probleme, Organspenden zu organisieren. Die Regierung hat bereits im Kabinett ein neues Transplantationsgesetz verabschiedet, was bald im Bundestag beraten wird. Krankenhäuser sollen klare Vorgaben bekommen, um mögliche Spender zu erkennen und Angehörige besser zu betreuen. Um den Weg für das Gesetz freizumachen, muss vorher aber die Organspende geregelt sein. Große Kliniken haben schon Transplantationsbeauftragte.
Arbeitet Deutschland mit anderen Ländern zusammen?
Ja, die Stiftung Eurotransplant ist für die Zuteilung von Spenderorganen in sieben Ländern zuständig und spricht sich mit nationalen Gesellschaften, Transplantationszentren, Laboratorien und Krankenhäusern ab. Mitglieder von Eurotransplant mit Sitz im niederländischen Leiden sind Belgien, Deutschland, Kroatien, Luxemburg, Niederlande, Österreich und Slowenien.