Ratgeber

Studie zu Mietnomaden Vermieter oft zu leichtgläubig

Mietnomaden erregten jahrelang die Gemüter: Mieter, die nicht zahlen und die Wohnung verkommen lassen. Von Zigtausenden Fällen war die Rede. Die Zahl ist wohl weit geringer, aber die erste umfassende Studie zeigt: Viele Vermieter sind zu leichtgläubig.

Nicht überall stehen potentielle Mieter Schlange. Manche Vermieter sind deshalb nicht wählerisch.

Nicht überall stehen potentielle Mieter Schlange. Manche Vermieter sind deshalb nicht wählerisch.

(Foto: TRgreizer, pixelio.de)

Das Gutachten für die Bundesregierung spricht eine klare Sprache. Bei zwei Dritteln der analysierten Fälle handelte es sich um "Amateur-Vermieter", wie es die Forscher Markus Artz und Florian Jacoby von der Forschungsstelle für Immobilienrecht der Universität Bielefeld darstellen. Sie verzichteten meist auf die üblichen Sicherheiten wie Schufa-Auskunft, Informationen zum vorherigen Mietverhältnis oder Einkommensnachweise. Nach der Unterzeichnung des Mietvertrags begann der Horror. Miete wurde oft gar nicht gezahlt - meist wegen angeblicher Schäden in der Wohnung.

Artz betont, die Studie sei keine quantitative Erhebung, sondern eine qualitative Analyse. Daher fehlen weiterhin absolute Zahlen für Deutschland, aber sie dürften maximal im vierstelligen Bereich liegen. Bei den Forschern meldeten sich im Zuge eines bundesweiten Aufrufs 1500 Opfer. Davon wurden lediglich 426 Fälle als "echter" Mietnomaden-Betrug eingestuft. Nach der Definition von Artz und Jacoby ist das der Fall, wenn höchstens drei Monatsmieten gezahlt wurden.

Der lange Weg zur Rauswurf

Die Studie könnte zur Versachlichung der Debatte beitragen. So kursierten Zahlen von 15.000 Fällen, Schwarz-Gelb verankerte den Kampf gegen die Mietnomaden gar im Koalitionsvertrag. "Zwar ist die Zahl der Fälle überschaubar, aber wenn ein Jahr lang die Mietzahlungen ausfallen, ist das eine finanzielle Katastrophe", betont der baupolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Sebastian Körber. Denn auch wenn Vermieter im Schnitt 1,1 Monate nach Entstehen eines Kündigungsgrunds die Reißleine ziehen, dauert es bis zur Räumung und Neuvermietung oft mehr als ein Jahr. Dabei läuft meist ein Gesamtschaden von 10.000 bis 20.000 Euro auf.

Im Schnitt wird die Räumungsklage dreieinhalb Monate nach der Kündigung erhoben - die Verzögerungen entstehen meist, weil der Mieter versichert, er ziehe aus und es dann doch nicht tut. Die Räumungsprozesse dauern dann durchschnittlich weitere 5,4 Monate. Und nach der Urteilsverkündung dauert es meist noch mal knapp drei Monate bis zur Räumung. Nicht, weil die Gerichtsvollzieher überlastet wären, sondern weil der Vermieter zögert, den Vorschuss von weit über 1000 Euro für die Möbelpacker und die Einlagerung der Möbel zu bezahlen.

"Lex Mietnomade" überflüssig?

Das Problem mit der abwartenden Haltung der Vermieter lässt Artz und Jacoby daran zweifeln, ob mit einer Verschärfung des Mietrechts die Räumungen zu beschleunigen sind. Trotz der wenigen Fälle will die Bundesregierung eine "Lex Mietnomade" schaffen. Die Forscher sehen die Vermieter in der Verantwortung. Schon mit mehr Kontrolle vor Unterzeichnung des Mietvertrags sei ein Großteil der Probleme zu beheben. Nach ersten diskutierten Eckpunkten für eine Mietrechtsreform soll der Vermieter bereits die Reißleine ziehen können, wenn die Kaution nicht oder verspätet gezahlt wird - und nicht erst nach mehreren fehlenden Monatsmieten. Zudem wird bundesweit die sogenannte Berliner Räumung angestrebt. Dabei muss der Vermieter nicht einen Gerichtsvollzieher für tausende Euro damit beauftragen, das in der Wohnung verbliebene Mobiliar abzutransportieren und einzulagern. Er kann die Möbel stattdessen selbst in seine Obhut nehmen und verkaufen. Der Mieterbund kritisiert die diskutierten Punkte scharf: Wegen einiger Betrüger, die in krimineller Absicht eine Wohnung anmieten, dürfe man nicht für alle 23 Millionen Mieter die Regeln verschärfen.

Quelle: ntv.de, dpa

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