Journalisten wollen Fußballer des Jahres neu wählen Schweinsteiger-Ehrung entfacht Streit
30.07.2013, 16:23 Uhr
Schweinsteiger sei "ein würdiger Sieger", meint "Kicker"-Chefredakteur Beer. Die Kritik an der Abstimmung hält er für unbegründet.
(Foto: AP)
Mit sehr wenigen Stimmen wird Bastian Schweinsteiger zum Fußballer des Jahres gekürt. Experten stellen die Wahl infrage, der Verband Deutscher Sportjournalisten fordert eine Neuabstimmung. Der "Kicker", der den Preis vergibt, wittert eine "Denunziation" Schweinsteigers.
Die Wahl von Bastian Schweinsteiger zum Fußballer des Jahres sorgt für Streit. Wegen organisatorischer Probleme bei der Abstimmung forderte der Präsident des Verbandes Deutscher Sportjournalisten (VDS), Erich Laaser, eine Neuwahl. Das Fachmagazin "Kicker", das die Wahl durchführte, räumte Probleme ein. Eine Wiederholung lehnte das Blatt aber strikt ab. "Es gab keinen Fehler, der Einfluss auf das Abstimmungsergebnis gehabt hätte. Wir betonen, dass es bei dieser Wahl wie bei allen vorherigen seit 1960 mit rechten Dingen zugegangen ist", schrieb es auf seiner Internetseite.
Bastian Schweinsteiger vom FC Bayern München war am Wochenende zum Fußballer des Jahres gekürt worden - allerdings mit vergleichsweise wenig Zustimmung. Schweinsteiger hatten für seinen Wahlsieg 92 Stimmen gereicht, das waren nur 2,5 Prozent der 3700 möglichen. Er gewann die Wahl damit nur knapp vor seinen Teamkollegen Franck Ribéry (87) und Thomas Müller (85). Bei der Wahl zum Trainer des Jahres hatte Jupp Heynckes mit 383 von 517 abgegebenen Stimmen deutlich gewonnen, bei den Frauen entschied Ex-Nationalspielerin Martina Müller vom VfL Wolfsburg mit 117 Stimmen die Wahl für sich.
Wegen der wenigen abgegebenen Stimmen hatte der "Focus" unter Berufung auf Experten die Seriosität der Wahl infrage gestellt. Im Vorjahr hatten sich noch 846 Berichterstatter an der Wahl beteiligt. Damals hatte Marco Reus mit 217 Stimmen die Auszeichnung gewonnen.
Kicker will keine Neuwahl
Der "Kicker" räumte ein, dass es beim Versenden der ersten Wahlunterlagen an die VDS-Mitglieder durch eine fehlerhafte Datei ein Problem gegeben habe, das aber sofort erkannt und auch umgehend korrigiert worden sei. Bei der Versendung der Abstimmungsunterlagen an die im VDS organisierten Reporter seien "Namen und Adressen falsch zugeordnet worden", sagte "Kicker"-Herausgeber Rainer Holzschuh. Das Problem sei rasch behoben worden und jeder habe insofern die Möglichkeit gehabt, noch rechtzeitig abzustimmen.
"Ja, es ist unglücklich gelaufen, bei der Wahl ist ein Fehler passiert", sagte Holzschuh "Focus"-Online. Er berichtete von einem technischen Versehen, "das irgendwo zwischen Sekretariat und Druckerei" entstanden sei. Holzschuh sagte zudem: "Es war ein menschlicher Fehler, und menschliche Fehler passieren eben."
VDS- Präsident Laaser sprach sich für indes für eine Wiederholung der Abstimmung aus. "Um ein vernünftiges Ergebnis für dieses Jahr zu haben, sollte man eine neue Wahl machen", sagte Laaser dem Sportradio "Sport1.fm". Diese Forderung wurde von "Kicker"-Herausgeber Holzschuh umgehend zurückgewiesen. "Ich halte eine Neuwahl für absolut verkehrt. Die Wahl ist juristisch und ethisch ordnungsgemäß abgelaufen", sagte Holzschuh und ergänzte: "Würde man jetzt eine Neuwahl organisieren, tut man Bastian Schweinsteiger keinen Gefallen und man wird ihm auch nicht gerecht. Es wäre ihm gegenüber schon fast eine Denunziation, würde man ihn jetzt erneut zur Wahl stellen."
"Ein würdiger Sieger"
Auch "Kicker"-Chefredakteur Jean-Julien Beer verteidigte das Vorgehen bei der Wahl: Sein Haus habe "noch in der Nacht" auf die Probleme reagiert. "Jeder Wahlberechtigte erhielt umgehend die korrekten Zugangsdaten für die Wahl. Das ist bei einer so wichtigen Wahl doch eine Selbstverständlichkeit", sagte Beer. Anschließend sei die Wahl wie jedes Jahr über mehrere Wochen verlaufen. "Bastian Schweinsteiger führte das Ranking bei dieser Wahl jederzeit an und ist aufgrund seiner sportlichen Leistung zweifellos ein würdiger Sieger."
Bei der Teilnehmerzahl habe es schon immer große Schwankungen gegeben, sagte Beer weiter. Dass in diesem Jahr weniger Sportjournalisten ihre Stimme abgegeben hatten, könne nicht an dem sofort behobenen Adress-Problem liegen. Herausgeber Holzschuh erkannte einen "schleichenden Prozess, dass immer weniger teilnehmen". Er wolle sich bald mit dem VDS zusammensetzen und die Gründe dafür analysieren.
Quelle: ntv.de, sid/dpa