Die Sklaven leiden auch im Winter Wie sich die Fifa der Realität verweigert
24.02.2015, 11:50 Uhr
Schuften für einen Hungerlohn: Bauarbeiter in Katars Haupstadt Doha.
(Foto: imago/Ulmer)
Der Fußball-Weltverband erkennt, dass es im Sommer in der Wüste heiß ist und veranstaltet die WM in Katar nun im Winter. Hut ab! Was aber wie die Lösung eines Problems scheint, ist in Wirklichkeit ein Ablenkungsmanöver.
Problem erkannt, Problem gebannt? Nun ja. Es ist schon bizarr, wie lange der Weltverband gebraucht hat, bis sich auch bei den Funktionären die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass es im Sommer in der Wüste vielleicht doch etwas zu heiß ist, um dort Fußball zu spielen. Nun soll das Turnier in Katar 2022 im Winter stattfinden, kurz vor Weihnachten, wie es heißt. Das ist eine prima Idee, ganz nach dem Motto: besser spät als nie. Mit Glühwein auf der Fanmeile - das ist doch mal was Neues. Mögen die Spiele beginnen. Jetzt wird alles gut.
Jetzt wird alles gut? Die Fifa und ihr umstrittener Präsident Joseph Blatter haben einen ihrer Fehler erkannt und bemühen sich nun, ihn zu korrigieren. Allerdings: Schon im Dezember 2010, als der Verband unter mysteriösen Umständen die WM nach Katar vergab, war bekannt, dass es im Wüstenstaat in den Monaten Juni und Juli bis zu 45 Grad und heißer werden kann. Das spielte aber offensichtlich keine Rolle.
"Zutiefst illegal" sowie "völlig vergiftet"
Nach wie vor steht der Vorwurf im Raum, dass der ehemalige katarische Fifa-Spitzenfunktionär Mohamed bin Hammam fünf Millionen Dollar an Offizielle gezahlt haben soll, um sich deren Unterstützung für Katars WM-Bewerbung zu sichern. Der Europarat hat jüngst den Vergabeprozess für die Endrunde in Katar als "zutiefst illegal" sowie "völlig vergiftet" bezeichnet. Doch was viel schwerer wiegt: Auf den Baustellen der zwölf Stadien für die WM 2022 sterben Hunderte Menschen, die Gastarbeiter vor allem aus armen Ländern Südostasiens leben unter katastrophalen Bedingungen und schuften für einen Hungerlohn. Nicht nur Amnesty International berichtet von einer sklavenähnlichen Behandlung der Bauarbeiter.
Sie würden "maßlos ausgenutzt", heißt es in einem Bericht vom November 2014. Zudem steht das Emirat unter dem dringenden Verdacht, den islamistischen Terror zu fördern - politisch, finanziell, logistisch. Es bestehen unter anderem Kontakte mit der palästinensischen Hamas, den afghanischen Taliban und dem Islamischen Staat sowie mit der Muslimbruderschaft und salafistischen Organisationen. In Katar gilt die Scharia, Frauen werden unterdrückt. Homosexualität gilt als Sodomie und wird mit Gefängnisstrafen und Folter geahndet.
Und die Fifa? Lässt die WM 2022 dennoch in Katar stattfinden. Es ist schon bizarr, wie sich der Weltverband der Realität verweigert. Und damit den letzten Rest an Glaubwürdigkeit verspielt.
Quelle: ntv.de