Pandemiekunst in Passau Abstand zum Quadrat wird Lebensraum
04.08.2021, 18:26 Uhr
Eine der Möglichkeiten, das Quadrat zu nutzen: töpfern.
(Foto: Jana Kürten)
Mit einfacher Mathematik haben die 26-jährige Jana Kürten und der 25 Jahre alte Florian Ertl versucht, aus den 1,5 Metern Abstand etwas Schönes zu machen. Sie haben damit unterschiedlichen Künstler*innen und Menschen aus Passau eine Fläche gegeben, die diese mit ihren Ideen, Hobbys und Gedanken füllen können. Daraus ist ein Kurzfilm entstanden.
Was genau ist das Projekt "Dein Quadrat"?
Jana Kürten: Es ist ein Projekt, mit dem wir versuchen, aus der 1,5-Meter-Abstandsregelung gemeinsam etwas Schönes zu machen. Der Abstand zu anderen Menschen hat in der letzten Zeit unser gesamtes Leben geprägt. Er wurde zu unserem Alltag. Wir wollten versuchen, diese Distanz zu überwinden und einen Raum zu schaffen, in dem die Menschen sie selbst sein können und einfach machen können, was sie möchten.
Und wie habt ihr das umgesetzt?
Jana Kürten: Durch ganz einfache Mathematik (lacht). Wir haben die 1,5 Meter zum Quadrat genommen und dadurch eine Fläche geschaffen. Diese Fläche haben wir von oben gefilmt und die unterschiedlichen Akteur*innen konnten auf dieser Fläche ihrer Leidenschaft nachgehen, ihre Hobbys darstellen oder einfach sie selbst sein.
Wie ist die Idee entstanden?
Jana Kürten: Im Gespräch mit einem Freund. Wir haben uns darüber unterhalten, ob die 1,5 Meter Abstand, die man zu anderen Personen halten muss, irgendetwas Gutes haben. Und uns ist dann aufgefallen, dass man dann endlich Platz zum Tanzen hat bei Partys. Das hat mich schon immer genervt, zu wenig Platz zum Tanzen. Erst gab es die Überlegung, die Quadrate zum Tanzen zu nutzen. Und dann meinte Florian: Ja, aber da können doch unterschiedliche Menschen ganz unterschiedliche Aktionen machen.
Florian Ertl: … und dann kam mir die Idee, das Ganze zu filmen, von oben. Und daraus einfach einen Kurzfilm zu machen.
Warum habt ihr euch fürs Filmen entschieden?
Florian Ertl: Es ging uns immer darum, den Prozess der einzelnen Akteur*innen aufzunehmen und nicht nur ein Standbild durch Fotos. Wir wollten die Zeit aufnehmen, in der sich die Personen in ihrem Quadrat aufhalten - ihre Zeit.
Wie ist das Team zusammengekommen?
Florian Ertl: Durch Instagram (beide lachen). So wie das halt heutzutage funktioniert. Jana hat mich angeschrieben, weil sie meine Bilder schön fand und Lust hatte, mit mir zusammen fotografieren zu gehen. Und die anderen sind nach und nach dazugekommen.
Jana Kürten: Ja, irgendwie funktioniert das hier so in Passau. Man findet immer Menschen, die Lust haben, Ideen umzusetzen. Das ist eine unglaublich schöne Erfahrung. Und aus einer kleinen Idee von mir wurde eine Idee von fünf Menschen und daraus entstehen jetzt ein Film fürs Kino und eine Ausstellung - unglaublich aufregend und neu für mich.
Wie war das alles organisiert?
Florian Ertl: Die Akteur*innen sind an einem der Drehtage zu der Location gekommen. Jeder Akteur und jede Akteurin hatte einen Timeslot von einer Stunde - auch, um in die Situation reinzufinden. Das hat mal besser, mal schlechter funktioniert.
Wie meinst du das?
Florian Ertl: Ach … es gab einfach Aktionen, die viel länger gebraucht haben. Der Rekord liegt bei 2 Stunden und 55 Minuten (beide lachen). Aber sonst gab es kaum Schwierigkeiten bei dem Dreh. Die Akteur*innen haben sich alle viel Mühe gegeben und sich sehr auf die Ausgestaltung ihres Quadrates gefreut.
Wie seid ihr auf die Akteur*innen gekommen?
Jana Kürten: Das war nach dem Passau-Prinzip, wer kennt wen und wer hat Lust, dabei zu sein. Wir hatten von allen Seiten Hilfe und dadurch war es einfach, an all die unterschiedlichen Akteur*innen zu kommen.
Und was sind für Aktionen dabei?
Florian Ertl: Unterschiedliche - von Tanzen bis Boxen. Wir haben jemanden, der an der Drehscheibe töpfert, eine Künstlerin, die Body Art macht, und in einem Quadrat wurde gekocht. Jana hat sich in ihrem Quadrat von einem guten Freund von uns tätowieren lassen. Und das ist nur ein Teil der Aktionen.
Und wie war die Resonanz der Akteur*innen? Wie war das Gefühl an den Drehtagen?
Jana Kürten: Für mich sehr überwältigend. Es war eine sehr schöne Stimmung am Set und selbst die Akteur*innen, die am Anfang ein wenig kamerascheu waren, haben sich sehr wohlgefühlt. Und auch die Resonanz von den Akteur*innen war durchweg positiv, was auch sehr überwältigend war.
Florian Ertl: Das Studio Weichselbaumer hat uns mit Equipment unterstützt und uns das Studio zum Drehen überlassen. Und wir durften an einem Drehtag im "Lieberscholli" drehen, einer Tanzbar hier in Passau, die von Freunden betrieben wird.
Jana Kürten: Am Anfang waren es nur Flo und ich und plötzlich waren wir zu fünft. Das gab uns die Möglichkeit, nicht nur die Musik selber zu machen, sondern auch alles als Team zu schaffen.
Was war das Anstrengendste beim Dreh?
Florian Ertl: Die Länge der Drehtage - wir waren immer von 8 bis 20 Uhr an den Locations.
Jana Kürten: Ich fand tatsächlich die Organisation vor und nach den Drehs am anstrengendsten. Wer kommt wann, was muss man organisieren für die Akteure, brauchen sie Requisiten? Der ganze Organisationskram halt. Und ich muss sagen, die letzten Tage beim Schnitt waren auch ziemlich aufregend und anstrengend. Aber wir haben es geschafft und jetzt ist da dieser Film.
Der Kurzfilm und die Einzelvideos von den Akteur*innen werden auf der Webseite des Projekts und auf Youtube zu sehen sein. Vom 4. September bis zum 3. Oktober 2021 findet im Kulturmodell in Passau eine Ausstellung statt.
Quelle: ntv.de