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Teuner & Oetker gehen essen Ein Hauch New York in Baden-Baden

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Der Grill hat seinen Logenplatz verdient, findet der schlemmende Autor.

Der Grill hat seinen Logenplatz verdient, findet der schlemmende Autor.

(Foto: Fritz & Felix)

ntv-Chefmoderator Christoph Teuner und Alexander Oetker, ntv-Frankreich-Experte, testen Restaurants. Von Sterneküche bis gutbürgerlich, von vegan bis carnivor, von fernöstlich bis regional. Diese Woche reist unser Experte zwischen Baden-Baden und New York und stellt in Sachen Oetker mal was klar.

Eine Reise nach Baden-Baden ist nach diesen verrückten Jahren wie ein Ausflug in eine Welt, die ganz und gar entrückt scheint: Da sind die glanzvollen Gebäude, Palais, Kurhaus und Casino, das Theater und die Trinkhalle. Die Porsche- und die Badekappen-Dichte halten sich übrigens die Waage.

Und dann ist da das altehrwürdige Brenners Spa Hotel mit seinen grün-weißen Markisen, in dessen Szenerie aus Blümchentapeten und Perser-Teppichen sich der Gast nicht wundern würde, käme gleich Agatha Christie um die Ecke. Wer dann tatsächlich um die Ecke kommt, ist Birmakatze Kléo, die hier alltäglich elegant über die Gänge streift. Alles irgendwie Patina und Charme vergangener Tage.

Da überrascht es umso mehr, wenn der Gast abends ins "Fritz & Felix" tritt, dem das Hotel einen eigenen Eingang verpasst hat, um es zur Stadt zu öffnen - und um mit einem deutschen Missverständnis aufzuräumen: Nämlich jenem, dass Hotelrestaurants immer ein Kompromiss aus Caesar-Salaten und Clubsandwich sein muss.

Vielmehr ist es so, dass renommierte Hotels das finanzielle Rückgrat haben, um ihrer Stadt einen kulinarischen Leuchtturm zu schenken - so wie hier die Oetkercollection (der Autor dieser Zeilen ist nur dem Namen nach ein Oetker, ein finanzieller Interessenkonflikt liegt nicht vor).

So hebt sich dieses Restaurant schon vom Ambiente wohltuend ab vom Baden-Baden-Charme - dunkle Holztische treffen auf New Yorker Sofas und alle Tischen gruppieren sich um die große Glasscheibe im Raum, hinter dem der galizische Charcoa-Grill seinen Dienst tut, Showfeuer inklusive. Hier wird geräuchert, geschwenkt und auf die Grillplatte gelegt, was in den Reifeschränken von Küchenchef Farid Fazel lagert. Grillen ist Zeitgeist, Fleisch und Fisch ziehen an, überall auf der Welt, auch hier. Es ist voll im "Fritz & Felix", beinahe jeden Abend ist das so, auch die Badener kommen reichlich hierher.

Seidiges Eigelb-Mousse und Mandelpuff

Doch schon der Anfang beweist, dass hier nicht dem Zeitgeist hinterhergejagt wird, vielmehr schickt der Koch seine Gäste auf kulinarische Entdeckungsreise, mit sehr interessanten Akkorden, besonders in der Gemüseküche: Bei "Rote Bete & Radiccio di Castelfranco2" (18 €) schickt die omnipräsente Bete ihre Aromen al dente als Gemüse und lauwarm als tiefroter Sud, der hellgrüne Salat aus dem Veneto balanciert mit seiner Leichtigkeit das Gericht aus, Granatapfel und Mandelpuff sorgen für Biss.

Signature ist das "Fritz & Felix"-Tatar (22 €). Der Unersättliche, also ich, ist eigentlich ein Tatar-Purist, in Paris würde ich das Rinderfilet immer selbst anmachen. Hier aber ist der Teller die Komposition und die gelingt hervorragend: Das Filet ist grob mit dem Messer geschnitten und scharf angemacht, kleine Kapern und Eigelb-Mousse bringen Seidigkeit und der grob geriebene Käse der Belper Knolle schafft eine Tiefe, die dieses Tatar als erinnerungswürdig abspeichert.

Freundlicherweise darf ich ein Gericht aus dem benachbarten Gourmetrestaurant "Wintergarten" bestellen. Die Küchen der beiden Restos arbeiten zusammen, Chefkoch Alexander Meyer aus Dinslaken verantwortet seit zwei Jahren das emblematische Restaurant mit seinen weiten Fenstern zum Kurgarten. Er schickt den "Sous-Vide" gegarten Chicorée mit gereiftem Parmesan, Buchweizen, Taggiasca-Olive und Amalfi-Zitrone (27 €). Und das ist dann wirklich ein Gericht, für das man ein Restaurant besucht: Gemüseküche vom Feinsten, mit einem französischen Grundprodukt, das in der deutschen Küche stets viel zu kurz kommt, dabei sind da Bitterkeit und Würze, Umami pur - das Meyer hier, mit bissfestem Buchweizen und der herrlich sauer-bitteren Kombination von Olive und Zitrone meisterhaft ausspielt.

Der Raum - ein einziges großes Gespräch

Das Wagyu-Rind aus Oberammergau zum Hauptgang beweist, dass der Grill seinen Logenplatz verdient, zart und mürbe und auf den Punkt gegart. Doch wieder sind es die Gemüse-Beilagen, die sich wohltuend vom Pommes- und Spinateinerlei anderer Häuser absetzen. Hier begleiten wahlweise Gelbe Beten, Petersilienwurzel mit Amaranth oder Wintergemüse das Fleisch und wieder begibt sich der Gast auf eine Reise durch Europas Gemüsegarten. Sehr gelungen ist das.

Der Service unter der Leitung von Maître Matthias Pfundstein ist sehr zuvorkommend und auf Augenhöhe, der ganze Raum ist ein einziges großes Gespräch. Aus der benachbarten Bar kommen neben Wein auch spritzige Cocktails, die dem Restaurant einen noch kosmopolitischeren Anstrich geben - und wenn dann um kurz vor 22 Uhr noch neue Gäste hineinkommen, fühlt sich Baden-Baden tatsächlich an wie eine echte Metropole - und das "Fritz & Felix" wie dessen Kantine.

Der Weintipp aus dem "Fritz & Felix":

Die wunderbare Sommelière Kristina Schantz ist aus der Pfalz, ihre Empfehlung ist daher eine heimatliche: Der 2019er Riesling Dürkheimer Fuchsmantel Quetschenbaum vom Weingut Karl Schaefer ist mit seiner tiefen Mineralität ein toller Begleiter für alle Gemüsegerichte, mit Apfel und Pfirsichnoten perfekt in diesen Frühlingstagen.

Quelle: ntv.de

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