Leben

Die Macht der Tracht im Wald Von Jägerinnen und Designerinnen

Lena Hoschek macht einen Jagdschein, sobald sie dafür Zeit hat.

Lena Hoschek macht einen Jagdschein, sobald sie dafür Zeit hat.

(Foto: Susanne Hassler Smith)

Von immer mehr Menschen hört man in letzter Zeit, dass sie gerade den Jagdschein machen. Knapp 400.000 Menschen besitzen ihn allein in Deutschland, doch innerhalb des vergangenen Jahrzehnts hat sich die Zusammensetzung dieser Gruppe geändert: Der Frauenanteil in den Jagdschulen stieg von 20 auf 28 Prozent. Und die Frauen, die einen Jagdschein machen, werden immer jünger: Das Durchschnittsalter sank von 36 auf 33 Jahre. Das Durchschnittsalter männlicher Jagdschüler liegt weiterhin bei 35 Jahren. Der Anteil derer, die vor dem Beginn des "grünen Abiturs" gar keine Erfahrung mit der Jagd gesammelt hatten, und der Anteil der Städter steigt konsequent. Dabei geht es den meisten um aktiven Naturschutz und nicht um eine falsch interpretierte Jagdlust. Lena Hoschek, Designerin und bekennende Fleischesserin, kann sich sogar vorstellen, in Zukunft ihren Fleischkonsum auf die Tiere zu beschränken, die sie selbst erlegt.

ntv.de: Warum sind immer mehr Frauen auf der Jagd?

Lena Hoschek: Ich möchte sehr gerne den Jagdschein machen, finde nur gerade die Zeit nicht dafür. Der Anreiz ist einerseits ganz sicher gesellschaftlich motiviert: Es gibt Jagdveranstaltungen, die gesellschaftlich interessant sind, das ist ein riesiges Netzwerk. Und dann ist da natürlich das Grundprinzip der Jagd: "Hege und Pflege".

Also man tötet Tiere "nicht einfach so" ...

... genau, man tötet Tiere erstens nicht zum Spaß und zweitens auch nicht nur, um sie zu essen, sondern man hält mit der Jagd auch gewisse Abschusszahlen ein. Damit es keine Überbevölkerung gibt, damit keine Schäden im Wald entstehen. Das heißt, man kümmert sich damit um Wiesen und Felder und die Population der Tiere.

Was ist Ihre Hauptmotivation, einen Jagdschein machen zu wollen?

Meine Hauptmotivation ist der Fleischkonsum: Ich bin eine Fleischesserin, und zwar sehr gerne. Vor allem esse ich gerne Wild. Ich würde mir also in Zukunft lieber selber etwas schießen, das im Wald freien Auslauf hatte, als ein Tier zu konsumieren, das das Sonnenlicht nie gesehen hat. Davor graust es mir immer mehr.

Das ist eine sehr konsequente Einstellung ...

Wenn du Fleisch isst, solltest du dazu fähig sein, das ganze Tier zu verwerten. Oder eben auch zusehen können, wie das Tier geschossen oder geschlachtet wird. Wobei das Schlachten sicher viel härter ist als dabei zu sein, wenn ein Tier geschossen wird. Auch wenn es etwas ganz Natürliches ist, es hat was mit dem Kreislauf des Lebens zu tun.

Und wer das nicht kann?

(lacht) Ich finde es auch gut und bewundernswert, wenn jemand konsequent auf tierische Produkte verzichtet. Wenn man insgesamt auf Massentierhaltung verzichtet! Aber, und das müssen wir uns immer wieder klarmachen, da gehören eben auch Milch und Eier dazu.

Discounter unterbieten sich ja geradezu mit ihren Preisen ...

Ja, das kann so nicht weitergehen. Milch und Eier sind beides Produkte, die in meinen Augen viel zu billig sind. Ich weiß schon, dass mittlerweile mehr Bewusstsein da ist, aber das reicht eben noch nicht.

Was können wir noch tun?

Uns vergegenwärtigen, dass Massentierhaltung auf jeden Fall grausamer ist als die Jagd - die Aufregung, die das Wort "Jagd" verursacht, die versteh' ich nicht.

Man sollte mehr über gesunden Fleischkonsum nachdenken.

Lena Hoschek, Markus Meindl und Max Mayr- Melnhof sind ein eingespieltes Team.

Lena Hoschek, Markus Meindl und Max Mayr- Melnhof sind ein eingespieltes Team.

(Foto: Andreas Kolarik)

Ja! Wild ist das gesündeste Fleisch, das man zu sich nehmen kann.

Die Themen Qualität und Nachhaltigkeit treiben Sie in Ihrer Arbeit als Designerin ja auch an - wie können Sie die konsequent gewährleisten? Zum Beispiel bei Ihrer ersten offiziellen Jägerinnen-Jacke - was hat es damit auf sich?

Nach einer erfolgreichen Zusammenarbeit im vergangenen Jahr haben wir - das Traditionsunternehmen Meindl und ich - uns erneut zusammengetan. In Kooperation mit "Jagd Österreich" haben wir mit der Jägerinnen-Jacke ein Produkt erschaffen, das sowohl Nachhaltigkeit, Design, traditionelle Handwerkskunst und kurze Transportwege perfekt miteinander vereint. Wir haben österreichischen Loden und regionale Hirschhornknöpfe verwendet, das Leder stammt aus einer Kärntner Gerberei und das Futter wurde in Deutschland hergestellt.

Eine Jägerin will ja nicht nur gut aussehen, die Kleidung muss vor allem funktional sein.

"Es wurde eine Jacke kreiert, die Anerkennung und Respekt für die Natur und Umwelt zeigt und sowohl jagdliche als auch gesellschaftliche Identität hat", findet Landesjägermeister Max Mayr-Melnhof.

"Es wurde eine Jacke kreiert, die Anerkennung und Respekt für die Natur und Umwelt zeigt und sowohl jagdliche als auch gesellschaftliche Identität hat", findet Landesjägermeister Max Mayr-Melnhof.

(Foto: Lipp Zahnschirm)

Genau. Der Marcus Meindl stellt schon seit langer Zeit die Landesjägermeisterjacke für den Salzburger Raum her, und die verkauft sich wahnsinnig gut (lacht). Und da es immer mehr Jägerinnen gibt, gibt es auch den Bedarf nach einer Damenjacke. Diese steigende Nachfrage hat Max Mayr-Melnhof dazu bewogen, dieses spannende Projekt zu initiieren.

Aber ein Kleidungsstück von Lena Hoschek wäre nicht ein Kleidungsstück von Lena Hoschek, wenn es nicht besonders feminin ist.

(Lacht) Mein Entwurf ist klassisch geschnitten, bewegungsfreundlich, zeitlos und dennoch prachtvoll. Ich achte sehr auf die Details wie beim Unterkragen und der Paspelierung der Jacke in Signal-Rot. Das ist mir wichtig, dass man sofort erkennt: hier gehen Handwerkskunst und Liebe zum Detail Hand in Hand.

So eine Jacke hat dann auch ihren Preis, die gibt man nicht mehr her ...

Ja, aber das ist eben Couture-Qualität und ein echtes Stück Österreich.

Sie scheinen vor Kreativität zu platzen, "The Great Escape" - Urlaub - und "Ein Sommer wie damals" - Heimat - sind zwei aktuelle Kollektionen ...

Ich kann nicht anders (lacht), ich bin ein durch und durch kreativer Mensch. Ich lebe so. Ich habe diesen Drang in mir, mich zu äußern und auch zu wachsen. Und nach dieser langen Pandemie-Zeit brauchen wir dringend Neues, Buntes, Leichteres. Die Schließungen in der Pandemie haben wir ganz gut überlebt, haben auch weiter investiert und viel Online gemacht, aber das kann man nicht vergleichen mit geöffneten Geschäften. Der Staat hat da auch gut unterstützt, das kann man nicht anders sagen. Aber das war dünnes Eis.

Wie erreichen Sie das, das Weitermachen?

Es ist wichtig, in seinem persönlichen Umfeld für schöne Momente zu sorgen. Wir sind umgeben von Problemen, einem Krieg, der nicht zu verstehen ist. Wenn wir uns ein paar Inseln schaffen, uns auch mal amüsieren, dann können wir die Dinge erhalten, die uns etwas bedeuten. Wir sollten unsere Familie, unsere Freunde treffen, uns nicht zurückziehen, weil wir denken, wir dürfen jetzt gar nichts mehr.

Mit Lena Hoschek sprach Sabine Oelmann

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen