Millionen Todesfälle vermeiden Afrika wartet sehnsüchtig auf Malaria-Impfstoff
16.07.2023, 18:15 Uhr Artikel anhören
Die Nachfrage nach dem Impfstoff ist riesig.
(Foto: AP)
Jahrzehntelang war es ein Traum- eine Impfung, die Malaria verhindert oder wenigstens Überlebenschancen lässt. Auf dem afrikanischen Kontinent ist die Tropenkrankheit eine der häufigsten Todesursachen. Nun gibt es ein Vakzin, ab Ende des Jahres sollen Millionen Dosen ausgeliefert werden.
Jede Minute stirbt ein Kleinkind dieser Welt an Malaria. Vor allem in Afrika gilt die Tropenkrankheit als eine der tödlichsten für Kinder unter fünf Jahren. Laut den Angaben von 2021 sind allein in Afrika über eine halbe Million Kinder daran gestorben. Doch all dies soll sich nun rasch ändern. Als "Durchbruch" bezeichnet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) deswegen die großangelegte Versorgung afrikanischer Gesundheitssysteme mit dem neu entwickelten Malaria-Impfstoff.
Rund 18 Millionen Dosen des neuen Impfstoffes sollen in zwölf afrikanischen Ländern bis zum Jahr 2025 verteilt werden, so die WHO. Vorrang erhalten Länder wie Uganda, die Demokratische Republik Kongo, Burundi oder Kamerun, wo die Infektionsraten aufgrund der tropischen Klimazonen am höchsten sind. Weitere 28 afrikanische Länder haben ihr Interesse am Impfstoff bekundet. "Diese erste Zuteilung von Malaria-Impfstoffdosen hat Vorrang für Kinder, denn sie haben das höchste Risiko, an Malaria zu sterben", sagte Dr. Kate O'Brien, WHO-Direktorin für Immunisierung, Impfstoffe und Biologika.
Die tropische Krankheit, die in Deutschland auch Sumpffieber genannt wird, wird durch Parasiten übertragen, die in Moskitos nisten. Typische Wirte sind die Anopheles-Mücken, die vor allem in warmen und feuchten Tropen und Subtropen heimisch sind.
Laut Angaben des deutschen Robert-Koch-Instituts lebt etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung in Malaria-Endemiegebieten, überwiegend in Ländern Afrikas, Asiens und Südamerikas, wobei Afrika mit etwa 90 Prozent der Fälle am meisten betroffen ist. Insgesamt erkranken weltweit schätzungsweise 200 Millionen Menschen pro Jahr, rund 600.000 Menschen sterben daran, drei Viertel davon sind Kinder unter fünf Jahren. Malaria gilt damit als die häufigste Infektionskrankheit der Welt.
Problem wird importiert
Und sie breitet sich immer weiter aus. Auch in Deutschland wurden in den letzten Jahren knapp 600 Fälle gemeldet. Dabei handelt es sich vor allem um eingeschleppte Infektionen von Reisenden, die sich in Afrika angesteckt haben. Immer häufiger werden Reisende aber auch in Flugzeugen gestochen oder von Mücken, die im Gepäck quasi mitreisen. Auch durch den zunehmenden Welthandel breiten sich die Mücken immer weiter aus, warnt Ugandas Virusinstitut, eines der führenden Einrichtungen zur Erforschung von Tropenkrankheiten in Afrika. Laut den dortigen Virologen wurden in den vergangenen Jahren vermehrt asiatische Moskitos und Parasiten in Ostafrika entdeckt, die über Container und Importwaren aus Asien eingeschleppt wurden. Diese asiatischen Stechmücken brüten vor allem in städtischen Gebieten. Bislang war Malaria in Ostafrika eher ein Problem unter der ländlichen Bevölkerung.
Zunehmend werden aber auch Malaria-Moskitos in den USA und Europa entdeckt: vereinzelt in Griechenland, Spanien und Portugal. Ende Juni gab die US-Gesundheitsbehörde CDC eine Warnung heraus, nachdem sechs Menschen in Florida und Texas daran erkrankt sind. Forschungsteams warnen daher, dass die Infektionskrankheit sich aufgrund des Klimawandels und der damit ansteigenden Temperaturen immer weiter ausbreiten kann.
Die Entwicklung eines Impfstoffes war bislang eine besondere Herausforderung. Der Grund liegt in der schwachen Immunantwort des menschlichen Körpers auf den Erreger. Die typische Strategie, mithilfe abgeschwächter oder toter Erreger in einem Impfstoff quasi das Immunsystem anzuregen, um Abwehrmechanismen zu aktivieren - ähnlich wie es beim Corona-Impfstoff der Fall ist - geht hier nicht auf. Trotz intensiver Forschung gibt es deswegen auch nur einen einzigen Wirkstoff weltweit, der sich derzeit im Zulassungsverfahren befindet. Das von dem britischen Unternehmen GlaxoSmithKline entwickelte Mittel RTS,S bekämpft den Malaria-Erreger, bevor er in die Blutzellen eindringt.
Getestet wurde er seit 2019 in Ghana, Kenia und Malawi in einem Pilotprojekt an fast einer Million Kindern. Auch wenn die Immunantwort im Vergleich zu anderen Impfungen relativ gering war, hat der Wirkstoff dennoch vielversprechende Wirkung gezeigt. Laut WHO sind in den Impfgebieten 30 Prozent weniger Kinder an Malaria gestorben als zuvor. Unter den geimpften Kindern hatten außerdem deutlich weniger einen schweren Malaria-Verlauf oder mussten im Krankenhaus behandelt werden. Allerdings sind insgesamt vier Impfstoffgaben in den ersten beiden Lebensjahren nötig. Vermutlich hält die Impfwirkung auch nicht ein Leben lang. Ghana hat den Impfstoff im April bereits offiziell zugelassen.
Die Ergebnisse sind so vielversprechend, dass die WHO gemeinsam mit der internationalen Impfallianz GAVI, die die Entwicklung und Produktion des Stoffes finanziert hat, eine Empfehlung herausgegeben hat, die Impfung in weiteren Ländern Afrika anzuwenden. Als "Hoffnungsschimmer" für den afrikanischen Kontinent bezeichnet WHO-Afrikadirektor Matshidiso Moeti diese Nachricht. Im letzten Quartal 2023 sollen die ersten bestellten Impfstoff-Dosen in den priorisierten Ländern eintreffen. Anfang 2024 werden dann Malaria-Impfkampagnen beginnen.
Quelle: ntv.de