Schlimmste Dürre seit 60 JahrenIberische Halbinsel trocknet aus
Spanien und Portugal leidet unter einer "Jahrhundertdürre". Selbst vom Weltraum aus sind die Folgen sichtbar.
Spanien und Portugal lechzen nach Regen. Die Dürre hat sogar die Dorfkirche von Mediano wieder zum Vorschein gebracht, die vor Jahrzehnten in den Fluten eines Stausees versunken war. Das Pyrenäendorf bei Huesca in Nordspanien war in den 50er Jahren aufgegeben worden, weil dort ein Staudamm errichtet wurde. Das Kirchlein des Ortes verschwand im Wasser. Nun hat eine "Jahrhundertdürre", die die Iberische Halbinsel heimsucht, den See fast austrocknen lassen.
Schlimmste Trockenheit seit 60 Jahren
Die Trockenheit ist die schlimmste, seit in Spanien vor 60 Jahren mit der Registrierung der Niederschläge begonnen wurde. Im Landesdurchschnitt fiel im vorigen Winter nur ein Drittel der normalen Menge an Regen, in manchen Gegenden regnete es seit Mai 2004 überhaupt nicht. Die Stauseen und Reservoirs sollten zu dieser Jahreszeit eigentlich gut gefüllt sein, aber praktisch überall steht der Pegel weit unter dem Normalwert. Und der heiße und trockene Sommer hat noch nicht einmal begonnen.
Bei Getreideernte droht Totalausfall
In den Regionen des Binnenlands wie Aragonien oder Kastilien-La Mancha droht bei der Getreideernte ein Totalausfall. Die Felder sind so ausgetrocknet, dass kaum ein Halm sprießt. In Südspanien starben Tausende von Olivenbäumen ab. Sie hatten in dem extrem kalten Winter Frostschäden erlitten, die Dürre gab ihnen nun den Rest. Die Bauernverbände beziffern die Ernteschäden auf eine Milliarde Euro.
Es wächst kein Grashalm mehr
In Farlete bei Saragossa würden die Landwirte jetzt normalerweise ihre Schafe aus den Ställen auf die Weiden treiben. Aber dort wächst kein Grashalm. "Wir treiben die Tiere trotzdem ins Freie, damit sie wenigstens etwas Bewegung haben", meint Jos Luis Las Heras und fügt mit Galgenhumor hinzu: "Etwa so, wie man in der Stadt seinen Hund ausführt." Der 42-Jährige schätzt, dass die Dürre jeden Dorfbewohner 12.000 Euro kosten wird und viele Bauern ihre Höfe aufgeben werden.
Trinkwasserversorgung zusammengebrochen
In der Provinz Lleida im Nordosten des Landes sind bereits in zwei Dutzend Orten die Wasserhähne versiegt. Die Bewohner erhalten Wasser mit Tankwagen. In Cabra del Camp bei Tarragona trugen die Dorfbewohner eine Christus-Figur durch die Straßen und beteten um Regen. Vor 100 Jahren, so steht es in den Gemeindebüchern, hatte es nach einer solchen Prozession kräftig geschüttet. Aber diesmal blieb der Regen aus.
Spanier sollen Wasser sparen
Die spanische Regierung versicherte, dass die Versorgung der Bevölkerung in den Städten bis zum Herbst gesichert sei und es keine Einschränkungen geben werde. Allerdings will sie die Spanier in einer Kampagne dazu aufrufen, mit dem Wasser sparsam umzugehen. Die Dürre hat nämlich nicht mit ausbleibendem Regen zu tun, sie ist auch vom Menschen verursacht. Das Trinkwasser ist in Spanien, obwohl es ein knappes Gut ist, so billig wie in kaum einem anderen Land in Europa. In der Landwirtschaft gehen bei der Bewässerung der Felder 40 Prozent des Wassers verloren, weil die Leitungssysteme veraltet sind.
Dürre vom Weltraum aus sichtbar
Im benachbarten Portugal sind die Ausmaße der Dürre sogar vom Weltraum aus zu erkennen. Die gesamte Südhälfte des Landes ist auf Satellitenfotos braun, weil alles verdorrt ist. Vor einem Jahr waren diese Landstriche noch von einer dichten Vegetation bedeckt und auf den Fotos sattgrün gewesen.
Von Hubert Kahl, dpa