Von Bhopal nach DeutschlandIndien will Giftmüll liefern

Die indische Stadt Bhopal ist bekannt für die Giftkatastrophe des US-Konzerns Union Carbide. Tausende Menschen kamen in den 1980er Jahre ums Leben, über 100.000 erkrankten in der Folge. Nun kommt die Stadt wohl mit einem deutschen Entsorger ins Geschäft - und will 350 Tonnen Giftmüll liefern.
Mehr als 27 Jahre nach der Industriekatastrophe von Bhopal will Deutschland nach indischen Regierungsangaben 350 Tonnen Giftmüll von dort in die Bundesrepublik bringen und entsorgen. Das sei Teil des Angebots der staatlichen deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), sagte der zuständige Minister Babulal Gaur. Die indische Regierung habe der Vergabe des Auftrags an die GIZ im Prinzip zugestimmt. Vor Vertragsunterzeichnung müssten noch Einzelheiten geklärt werden.
Rückstandslose Verbrennung?
Die GIZ äußerte sich zurückhaltender. "Wir sind im Gespräch, aber ein Auftrag liegt uns noch nicht vor", sagte GIZ-Sprecher Hans Stehling. "Die indische Seite ist auf uns zugekommen." Mit Blick auf die Entsorgung sagte Stehling: "Dass wir das können, haben wir in den letzten Jahrzehnten bewiesen." Er machte keine Angaben dazu, wo die Entsorgung stattfinden solle. Nach Angaben von Experten hat Deutschland Verbrennungsanlagen, die Giftmüll rückstandslos und ohne Gefahr für die Umwelt vernichten können.
In Bhopal, der Hauptstadt des zentralindischen Bundesstaates Madhya Pradesh waren am 3. Dezember 1984 aus der Pestizidfabrik des US-Konzerns Union Carbide etwa 40 Tonnen hochgiftiges Methylisocyanat (MIC) ausgetreten.
Die meisten Schätzungen gehen davon aus, dass unmittelbar nach der Katastrophe 8000 Menschen zu Tode kamen. Mehr als 15.000 weitere starben an Spätfolgen. Mindestens 100.000 Menschen wurden chronisch krank. Viele erlitten Hirn- oder Organschäden oder erblindeten. Bei Neugeborenen kam es zu Fehlbildungen. Insgesamt waren ein halbe Million Einwohner Bhopals mit dem Gas in Berührung gekommen.
Nichts mit Gas zu tun
Die 350 Tonnen Giftmüll, um deren Entsorgung es nun geht, haben nach indischen Medienberichten nichts mit dem Gas zu tun. Sie wurden bereits in den Jahren zuvor auf dem Firmengelände verklappt.
Union Carbide wurde später von Dow Chemicals übernommen. Dow Chemicals wird bis heute vorgeworfen, sich weder ausreichend um die Opfer noch um Giftmüll an der Fabrikruine zu kümmern. Umweltschützer schätzen, dass dort neben 350 Tonnen an der Oberfläche noch weitere 27.000 Tonnen Giftmüll im Erdreich sind, die die Menschen in der Umgebung weiterhin vergiften.