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"Doppelt so groß wie Louvre" Kairo eröffnet Großes Ägyptisches Museum an Pyramiden von Gizeh

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Mit dem GEM bekommen die wichtigsten Artefakte des alten Ägyptens ein neues Zuhause.

Mit dem GEM bekommen die wichtigsten Artefakte des alten Ägyptens ein neues Zuhause.

(Foto: dpa)

Für Präsident al-Sisi wird es das "größte Museum in der Geschichte der Menschheit". Nach jahrelangen Verzögerungen zeigt das Große Ägyptische Museums an den Pyramiden von Gizeh endlich seine bekanntesten Schätze. Das Ziel? Auf einer Stufe mit dem Louvre stehen.

Es soll ein Ereignis sein wie nach einem pharaonischen Maßstab. Könige, Staatschefs und internationale Prominenz wurden eingeladen, um die offizielle Eröffnung des Großen Ägyptischen Museums an den Pyramiden von Gizeh live zu verfolgen. Feiern über drei Tage sollen zeigen, dass hier ein "Wahrzeichen von Weltklasse" gebaut wurde, wie es die Regierung formuliert. Der Samstag wurde zum Feiertag erklärt. In Kairo wurden öffentlich Leinwände aufgestellt, um die Zeremonie zu übertragen. Besucher können ab 4. November rein.

Mit dem GEM, wie das Museum in Kurzform genannt wird, bekommen die wichtigsten Artefakte des alten Ägyptens ein prachtvolles neues Zuhause. Der monumentale Bau beheimatet in zwölf Ausstellungshallen mehr als 100.000 Stücke aus der pharaonischen, griechischen und römischen Antike. Laut Betreibern handelt es sich um das größte archäologische Museum der Welt, oder wie Präsident Abdel Fattah al-Sisi es formuliert: das "größte Museum in der Geschichte der Menschheit".

So sieht das Museum von außen aus.

So sieht das Museum von außen aus.

(Foto: dpa)

Mit der Eröffnung endet eine jahrelange Wartezeit mit immer neuen Verzögerungen. Angekündigt wurde das Museum in den 1990er Jahren, selbst der Beginn der Bauarbeiten liegt 20 Jahre zurück. Immer wieder kam etwas dazwischen: eine Revolution, politische Unruhen, eine Wirtschaftskrise, die Corona-Pandemie, schließlich noch der Krieg im benachbarten Gaza. Zugänglich sind weite Teile des GEM aber schon seit einem Jahr, der Lichthof mit der elf Meter hohen Statue von Ramses II. bereits seit 2023.

5300 Artefakte von "King Tut"

Mit der offiziellen Eröffnung ist nun auch der Grabschatz des Pharaos Tutanchamun zu sehen und damit die Kronjuwelen der Sammlung. Zum ersten Mal, seit der britische Archäologe Howard Carter 1922 die Grabkammer im Tal der Könige entdeckte, werden jetzt alle rund 5300 Stücke von "King Tut" gezeigt, 2000 davon sind noch nie öffentlich ausgestellt worden. Zum Schatz gehört auch die goldene Totenmaske des Kindkönigs, die zum wohl bekanntesten Symbol pharaonischer Zeiten wurde.

Als weiteres Highlight gilt die Sonnenbarke, die mutmaßlich für Pharao Cheops gebaut wurde. Das 4600 Jahre alte, 42 Meter lange Schiff war zerlegt in 1200 Teile an der Südseite der Cheops-Pyramide vergraben. Experten hatten es nach der Entdeckung 1954 in mühsamer Kleinstarbeit wieder zusammengebaut. Es gilt heute als ältestes, noch intaktes Schiff weltweit.

Wer in der Sammlung fehlt, ist Königin Nofretete, Hauptgemahlin des Pharaos Echnaton, deren Büste zu der Sammlung des Neuen Museums in Berlin zählt. Ägypten fordert seit Jahren die Rückgabe, während die deutsche Seite beteuert, die Büste sei nach dem Fund im Jahr 1912 rechtmäßig nach Berlin gekommen. Im GEM werden Besucher bei Touren gebeten, eine Petition zu unterzeichnen, um weiter für die Rückgabe zu kämpfen.

Museum und Pyramiden als ein gemeinsames Erlebnis

Mit dem Bau des irischen Architekturbüros Heneghan Peng wird die Sammlung des GEM eindrucksvoll in die Gegend rund um die Pyramiden eingebettet. Drei Sichtachsen am Museumsgebäude laufen auf die antiken Bauwerke zu, eine neue Fußgängerbrücke verbindet beide Sehenswürdigkeiten, die viele Touristen an einem Tag besuchen wollen. An- und abreisen können sie auch über den noch recht neuen Flughafen Sphinx, der etwa 30 Autominuten entfernt liegt.

Auch ein Besuch an Pyramiden und Sphinx-Statue läuft nun deutlich geregelter ab als noch vor einigen Jahren. Er beginnt auf der Westseite an einem neuen Eingang und mit Shuttlebussen, wodurch der Stau von privaten Autos und Tourbussen ein Ende hat. Für Souvenirhändler, Touranbieter oder Pferde- und Kamelhalter gelten strengere Auflagen. An den früher genutzten Eingängen herrschte oft ein Gewimmel, in dem Touristen sich bedrängt fühlen konnten.

Mit all diesen Umbauarbeiten hofft die Regierung, dem Tourismus weiteren Schwung zu verleihen. Vergangenes Jahr kamen 15 Millionen Touristen nach Ägypten, die meisten davon aus Deutschland und Russland. Bis 2032 sollen es doppelt so viele sein. Der Umsatz aus der Schifffahrt am Suezkanal ist eingebrochen, weil die Route durch die Angriffe im Zuge des Gaza-Kriegs zu gefährlich geworden ist. Umso wichtiger sind für das Land in seiner schweren Wirtschaftskrise die Einnahmen aus dem Tourismus.

"Doppelt so groß wie der Louvre in Paris"

Ins Abseits gerät unterdessen das Ägyptische Museum, der rosafarbene Bau am zentralen Tahrir-Platz also, dessen Besuch für viele Touristen in Kairo lange zum Pflichtprogramm zählte. Der Charme lag hier auch darin, dass die Artefakte teils lagerten wie auf einem Dachboden: eingestaubt, schlecht beschriftet, kaum beleuchtet, von Schülern bekritzelt. Die wichtigsten Stücke sind von dort ins GEM abgewandert und ins ebenfalls neue Zivilisations-Museum (NMEC).

Das GEM könnte eines der meistbesuchten Museen weltweit werden und damit aufsteigen in die Kategorie des Pariser Louvre, mit dem sich die Ägypter schon jetzt vergleichen. Das Große Ägyptische Museum sei in seiner Gesamtfläche doppelt so groß wie der Louvre, heißt es. Was einigermaßen stimmen dürfte, wenn man die Parks des Louvre nicht mitzählt. Die Ausstellungsflächen beider Museen sind allerdings etwa gleich groß. Damit scheint man es in Kairo an diesem "historischen" Tag aber nicht so genau zu nehmen.

Quelle: ntv.de, Johannes Sadek, dpa

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