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Mit seinen 111 Meter hohen und fast 4 Kilometer langen Mauern bändigt der Assuan-Staudamm die Fluten des Nils im Süden Ägyptens. Mit seiner Erbauung vor 50 Jahren ist gelungen, was vorher undenkbar war: ...
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... Erstmals kann der Mensch das Wasser des längsten Flusses der Welt kontrollieren.
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Zur Eröffnung am 15. Januar 1971 schreiten Ägyptens Präsident Anwar al-Sadat und der sowjetische Staatschef Nikolai Podgorny feierlich über den gewaltigen Staudamm südlich der Stadt Assuan.
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Tief unter ihnen sprudelt das Nilwasser durch zwölf Turbinen der neu gebauten Kraftwerksanlage.
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Der Staudamm ist nicht nur ein Symbol für die damalige arabische Aufbruchstimmung und den Fortschrittsglauben, sondern auch ein Versprechen an die Menschen im Land: ...
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... Dürrekatastrophen und Überschwemmungen gehören der Vergangenheit an. Die landwirtschaftliche Zukunft Ägyptens ist gesichert. Eine Erfolgsgeschichte - zumindest eine Zeit lang.
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Denn 50 Jahre später zeigt das als Jahrhundertbauwerk gefeierte Prestigeobjekt seine Schattenseiten: Umweltschäden wie Erosion, Bodenversalzung, Artensterben und eine schlechte Wasserqualität machen den Menschen um den aufgestauten Nassersee heute zu schaffen.
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Bereits Ende des 19. Jahrhunderts, lange vor dem Bau des Assuan-Staudamms, griff der Mensch regulierend in den unregelmäßigen Kreislauf des Nils ein.
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Britische Besatzer errichteten von 1882 bis 1902 eine erste Staumauer bei Assuan. Allerdings war sie zu niedrig, um das saisonale Hochwasser zurückzuhalten. Außerdem reichten die knapp eine Million Kubikmeter Wasser, die das Staubecken fassen konnte, nicht aus, um das Land stromabwärts ausreichend zu versorgen.
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Mit einem neuen, größeren und besseren Staudamm wollte sich der ägyptische Staatspräsident Gamal Abdel Nasser ein halbes Jahrhundert später selbst ein Denkmal setzen. Im Volksmund heißt das gigantische Projekt seitdem "Nassers Pyramide".
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Am 9. Januar 1960 gab Nasser die erste Bauphase frei.
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Zu diesem Zeitpunkt hatte Großbritannien seine koloniale Vormachtstellung in dem arabischen Land längst eingebüßt. Ägypten war zwar militärisch gesehen der Verlierer des Suez-Kriegs von 1956, ging daraus aber diplomatisch gestärkt hervor.
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Zudem gewann die Sowjetunion an Einfluss. Im Bild: Nikita Chruschtschow, Regierungschef der Sowjetunion und der ägyptische Präsident Nasser (v.l.).
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Und so waren es nicht die Briten, die den Bau des Assuan-Staudamms finanzierten. Es war die Sowjetunion, die Geld, Techniker und Maschinen schickte.
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Rund 2000 Ingenieure entsandte Moskau nach Nahost.
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Zusammen mit 30.000 Arbeitern waren sie mehr als zehn Jahre an dem Mammutprojekt tätig und lebten in einer eigens für sie erbauten Stadt.
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Doch nicht alle konnten nach der Fertigstellung wieder nach Hause zurückkehren. Während der Bauarbeiten kamen etwa 400 Arbeiter ums Leben.
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Für die Ingenieure des sowjetischen Hydroprojekt-Instituts war das umgerechnet 2,2 Milliarden Euro teure Bauwerk ein Prestigeprojekt.
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Staatschef Nikita Chruschtschow (2.v.l.) reiste 1964 zur Einweihung des ersten Abschnitts an.
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Im gleichen Jahr begann das Befüllen des Stausees. Zudem mussten Menschen und Bauwerke umgesiedelt werden.
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Denn die aufgestauten Nilfluten drohten, die jahrtausendealten pharaonischen Denkmäler in der Region unter sich zu begraben.
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Um sie zu retten, mussten die Tempelanlagen in einer bis dahin beispiellosen Aktion zerlegt und über dem Wasserspiegel des neuen Sees wieder aufgebaut werden.
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Das berühmteste Beispiel sind wohl die Tempel von Abu Simbel.
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Stein für Stein wurden sie auf einer Insel im Nassersee exakt rekonstruiert.
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Dafür bat die UNESCO um internationale Hilfe. Aus über 50 Ländern erreichten Spenden das Projekt: Insgesamt kamen 80 Millionen Dollar zusammen.
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Zwischen November 1963 und 1968 wurden die zwei Tempel mit Sägen in 1036 Blöcke zerteilt, die jeweils zwischen 7 und 30 Tonnen wogen.
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Dabei entstanden kuriose Bilder: Zunächst verlor Ramses II. sein Gesicht und später seine Beine. Ein Riesenkran hob das Antlitz des Pharaos aus dem Felsen.
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Das Projekt entwickelte sich zunehmend zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Fluten. Mehrmals musste der provisorische Damm um die Tempel erhöht werden.
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Am 4. Januar 1966 setzten die Bauingenieure den ersten Stein Abu Simbels an seinen neuen Platz. Beim Bau der Tempel zur Zeit Ramses II. hatte man sie 60 Meter tief in den Sandsteinfelsen geschlagen. Am neuen Standort ersetzen riesige Stahlbetonkuppeln die Felsen.
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Nach fast vier Jahren Bauzeit war das Megaprojekt am 22. September 1968 vollbracht. Seit 1972 stehen die Tempel von Abu Simbel auf der Weltkulturerbeliste der UNESCO.
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Zum Dank und Lohn für ihre Hilfe erhielten manche Länder gleich ganze Bauwerke: Der Debod-Tempel steht heute in Madrid, ...
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... der Tempel von Dendur im Metropolitan Museum of Art in New York.
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(Foto: UNESCO, CC BY-SA 3.0 IGO, via Wikimedia Commons)
Doch nicht alle Denkmäler konnten gerettet werden. So versank die Festung von Buhen aus dem zweiten Jahrtausend vor Christus im See.
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Und nicht nur antike Monumente fielen dem Staudamm zum Opfer. Fast 100.000 Menschen verloren durch ihn ihre Heimat - ...
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... die meisten von ihnen Nubier. Sie mussten umgesiedelt werden.
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Im antiken Ägypten stellte diese Ethnie Generationen von Pharaonen, im modernen Ägypten sind sie eine Minderheit, die ihre kulturelle Identität mühsam erhält. Mit der Umsiedlung ging ein großer Teil davon verloren.
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Heute halten Experten das Umsiedlungsprojekt Nassers dennoch für gelungen.
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Mittlerweile hätten die Nubier eine bessere Bildung und einen höheren Lebensstandard als die Generation ihrer Großeltern.
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Trotz der großen Herausforderungen während des Baus wurde der Assuan-Staudamm am 21. Juli 1970 fertiggestellt und ein halbes Jahr später feierlich eingeweiht.
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Seine Konstruktion ist beeindruckend: Ohne Zement besteht die Staumauer ausschließlich aus Stein, Fels und Sand.
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Ein Lehmkern im Inneren sorgt dafür, dass der Damm nicht aufgeweicht wird.
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Dabei sind die Steinblöcke durch wasserdichte Fugen miteinander verbunden, die sich ausdehnen können.
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Das hohe Eigengewicht sorgt für einen besonders stabilen Stand.
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Den braucht es auch, denn der Wall staut den Nassersee auf fünf Kilometer Länge. Seine Fläche ist zehnmal so groß wie der Bodensee.
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Die zwölf Generatoren des Staudamms erzeugen insgesamt mehr als zwei Gigawatt Strom.
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In vielen umliegenden Dörfern gingen mit dem Staudamm zum ersten Mal die Lichter an.
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Auch der Schifffahrt kommt der Damm zugute: Der Nil ist seitdem ganzjährig befahrbar - ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor für Handel und Tourismus.
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Somit erwies sich der Wall zunächst als große Errungenschaft.
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Er linderte wie geplant die Folgen starker Hochwasser, ...
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... ermöglichte die ganzjährige Bewässerung von 300.000 Hektar Ackerland und den Bauern drei Ernten pro Jahr. Mehr als 400.000 Hektar Wüste wurden zu fruchtbaren Feldern.
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Ohne den Hochdamm wären große Teile der Bevölkerung womöglich verhungert.
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Der erzeugte Strom deckte zudem zeitweise die Hälfte des ägyptischen Bedarfs.
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Und dennoch: Ein solches Riesenprojekt bedeutet immer einen gewaltigen Eingriff in die Natur, der nicht folgenlos bleibt.
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Vor allem für die Landwirtschaft um den Nil bringt der Staudamm inzwischen beinahe mehr Probleme als Vorteile.
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So hält er einen Großteil der wertvollen Schwemmstoffe zurück, der Boden ist weniger fruchtbar. Zum Ausgleich ...
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... verwenden die Bauern teuren Kunstdünger, der das Ökosystem im Nil gefährdet und den sich nur die Wohlhabendsten unter ihnen leisten können.
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Weil der Wasserstand nicht mehr wie früher stark schwankt und die Salze auswäscht, versalzt der Boden. Das beeinträchtigt nicht nur die Landwirtschaft, sondern zerfrisst die Fundamente altägyptischer Kulturdenkmäler.
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An den Rändern des Niltals wächst die Wüste, weil auf die Felder gewehte Sand nicht mehr weggespült und durch Nilschlamm ersetzt wird.
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Der Schlamm fehlt den ägyptischen Bauern auch zum Hausbau: Sie brannten einst Ziegel daraus.
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Außerdem steigt durch den künstlichen, riesigen Stausee der Druck auf das Grundwasser. In der Erdkruste entstehen Spannungen, die ...
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... sich in vorher nie gekannten Erdbeben entladen. Wie im Oktober 1992 im Großraum Kairo, als bei Erdstößen mit der Stärke 5,2 mehr als 500 Menschen umkamen.
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Für einige Experten steht daher fest: Die Kosten für die Beseitigung der Folgeschäden übertreffen inzwischen den Gesamtnutzen des Damms.
50 Jahre Assuan-Staudamm Der späte Fluch der Pharaonen
Vor 50 Jahren wird der Assuan-Staudamm im Süden Ägyptens feierlich eröffnet. Er ist ein beeindruckendes Symbol der damaligen arabischen Aufbruchstimmung. Für ihn müssen sogar ganze Tempelanlagen weichen. Doch heute bringt der gewaltige Damm mehr Probleme als Vorteile.
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