Zweijähriger starb in Hamburg Mutmaßliches Autorennen: Anklage wirft Unfallfahrern Mord vor
27.03.2025, 18:19 Uhr Artikel anhören
Bei einem Verkehrsunfall in Hamburg werden mehrere Menschen verletzt, ein Kind stirbt. Die Staatsanwaltschaft geht von einem illegalen Straßenrennen aus.
(Foto: dpa/Daniel Bockwoldt)
Zwei Männer fahren laut Anklage im Sommer 2024 ein Autorennen in Hamburg. Ein Junge stirbt, sein Zwillingsbruder und die Mutter überleben schwer verletzt. Sieben Monate später stehen die zwei Fahrer wegen Mordes vor dem Landgericht.
Trümmerteile von drei Autos, ein kaputter Kinderwagen auf der Straße: Bei dem Unfall in Hamburg im August 2024 werden sechs Menschen verletzt. Ein Zweijähriger stirbt wenig später im Krankenhaus. Sein Zwillingsbruder und die Mutter erleiden schwere Verletzungen. Die beiden Unfallfahrer sowie eine damals 23 Jahre alte Beifahrerin werden leicht verletzt. Die Staatsanwaltschaft wirft den Fahrern im Alter von 23 und 25 Jahren vor, mit ihren Autos bei Geschwindigkeiten zwischen 150 und 178 Stundenkilometern den Wagen einer unbeteiligten Mutter gerammt zu haben - erlaubt waren Tempo 50.
Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft lauten Mord, versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung, verbotenes Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge und Gefährdung des Straßenverkehrs. Die Angeklagten hätten rücksichtslos gehandelt und bei dem mutmaßlichen Rennen ein "Gefühl der Überlegenheit" gehabt.
Die Eltern des getöteten Jungen sind Nebenkläger in dem Prozess, die beiden nicht vorbestraften Angeklagten sitzen in Untersuchungshaft. Am ersten Tag des Verfahrens ist der Zuschauerraum in Hamburg voll besetzt. Als die Angeklagten hereingeführt werden, dreht die Mutter ihren Kopf weg und fängt an zu weinen.
Anklage: Fahrer handelten rücksichtslos
Die beiden Fahrer waren laut Staatsanwaltschaft mit ihren Autos im Hamburger Stadtteil Billstedt unterwegs, als der Wagen der Familie auf die Straße einbog. Er stieß demnach erst mit dem Heck des Autos des jüngeren Fahrers zusammen. Anschließend kollidiert das Auto des damals 24-Jährigen frontal mit der linken Seite des Wagens der Mutter. Diese beiden Fahrzeuge schleudern auf die Gegenfahrbahn und werden vollständig zerstört.
Wer rücksichtslos mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit mit seinem Auto einen Menschen tötet, kann vor Gericht als Mörder verurteilt werden. Das hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe im Januar 2019 festgestellt. Die Verteidiger des 23-Jährigen bestreiten eine vorsätzliche Tötungsabsicht ihres Mandanten, die Staatsanwaltschaft stelle nur Mutmaßungen auf. Der Angeklagte äußere "ernst gemeintes Bedauern" über den Unfall.
Zweiter Angeklagter sagt kommende Woche aus
Laut Nebenklage waren in zwei der drei beteiligten Unfallautos Kameras. Das Bildmaterial soll im Laufe des Prozesses verwendet werden. Die Staatsanwaltschaft prüft parallel, ob die Mutter vor dem Unfall möglicherweise falsch abgebogen ist - statt rechts womöglich verbotenerweise links. Yalcın Tekinoglu, Anwalt der Nebenklage, weist die Anschuldigungen am Rande des Prozesses zurück: "Selbst wenn sie nach rechts gefahren wäre, wäre es zu dem Unfall gekommen."
Opfer-Anwalt Tekinoglu berichtet, dass die Eltern jeden Tag das Grab ihres Kindes besuchen. "Der Familie geht es psychisch sehr schlecht", so Tekinoglu. 23 weitere Verhandlungstage hat das Gericht angesetzt, der Vater will an allen teilnehmen.
Quelle: ntv.de, bho/dpa/AFP