Tochter ging als Meme viral Mutter von Internetberühmtheit plagen heute Schuldgefühle
21.01.2025, 15:11 Uhr Artikel anhören
Über Nacht wurde Chloe Clem als "Side Eyeing Chloe" zum Meme-Phänomen.
(Foto: FilmMagic)
Mit zwei Jahren wird Chloe Clem über Nacht zum Internet-Phänomen und erobert als "Side Eyeing Chloe" die sozialen Netzwerke. Ihre Mutter erkennt das Potenzial des viralen Memes und schlägt Kapital aus dessen Vermarktung - bis sie die Gefahren des Hypes erkennt.
Wer in den sozialen Netzwerken unterwegs ist, ist "Side Eyeing Chloe" mit Sicherheit schon einmal begegnet: Das Meme zeigt ein kleines Mädchen, das in einem Auto-Kindersitz angeschnallt ist und skeptisch in die Kamera blickt. 2013 ging das Bild erstmals viral und wird seitdem verwendet, um Verwirrung oder Unmut auszudrücken. Das Kind auf dem Foto heißt mit bürgerlichem Namen Chloe Clem. Als sie quasi über Nacht zum Internet-Phänomen wurde, war sie gerade erst zwei Jahre alt.
"Side Eyeing Chloe" stammt ursprünglich aus dem Youtube-Video "Lily's Disneyland Surprise… again!", in dem Mutter Katie Clem aus dem US-Bundesstaat Utah filmt, wie ihre Töchter Lily und Chloe auf die Überraschung reagieren, dass sie statt zur Schule nach Disneyland fahren. Während die siebenjährige Lily in Freudentränen ausbricht, reagiert ihre kleine Schwester Chloe mit dem skeptischen Blick, der wenig später das Internet erobern sollte. Allein das Youtube-Video wurde bis heute mehr als 24 Millionen Mal geklickt.
Katie lud den Clip kurz vor der Reise hoch. Bereits einen Tag nach der Ankunft der Familie in dem Vergnügungspark wurde Chloe dort von anderen Besuchern erkannt, verrät Katie in einem Interview mit dem US-Magazin "People". "Chloe war erst zwei Jahre alt, und die Leute kamen einfach auf sie zu. Sie flippten aus und machten Fotos von ihr."
Plötzlicher Geldsegen
Doch auch in anderer Hinsicht sah das Leben der Clems plötzlich ganz anders aus als vorher. Da die Eltern die Rechte an dem Originalbild besitzen, konnten sie durch dessen kommerzielle Nutzung Geld verdienen. Katie und ihr Ehemann David unterschrieben mehrere Werbeverträge, unter anderem mit dem Tech-Riesen Google. Außerdem verkauften sie das "Side Eye"-Meme 2021 als NFT (Non-Fungible Token) für rund 74.000 US-Dollar.
"Vor zehn Jahren waren wir so arm", berichtet Katie, "und plötzlich konnten wir unsere Rechnungen bezahlen. Dieses Geld hat uns buchstäblich für ein Jahrzehnt geholfen, zu überleben". Die Clems kauften sich ein neues Auto, bauten ihre Wohnung aus und sparten für Chloes Ausbildung und ihre zukünftige Hochzeit. "Ich bin nicht religiös und glaube nicht an Gott. Aber das war schon eine Art göttlicher Eingriff, der zu einem sehr schwierigen Moment in unserem Leben kam."
"Plakatwände in ganz São Paulo"
Auch Chloe erinnert sich im "People"-Interview an den neuen Lebensstil, der auf ihr virales Meme folgte. Als besondere Highlights nennt sie ihre Reisen nach Brasilien im Alter von vier und sechs Jahren. "Ich habe dort viele neue Leute kennengelernt und viel erlebt, es war so cool", erzählt sie begeistert.
Finanziert wurden die Urlaube von Google, damit das Mädchen dort seine Fangemeinde besuchen konnte. "Südamerika ist besessen von Chloe", erklärt Katie und berichtet, wie sie in Brasilien regelmäßig von Hunderten Menschen umzingelt wurden. "Es war der Wahnsinn. Sie hatte Plakatwände in ganz São Paulo." Warum "Side Eyeing Chloe" ausgerechnet dort so berühmt wurde, können weder Chloe noch Katie sagen.
Disney-Angebot abgelehnt
Nachdem Chloe berühmt geworden war, versorgten die Clems ihre Youtube-Fangemeinde weiterhin mit kurzen Clips aus dem Alltag der beiden Mädchen. Auch sie wurden millionenfach geklickt. Doch Ende 2020 ließen die Beiträge plötzlich nach, in den Jahren 2021 und 2024 wurde jeweils nur ein Video auf dem Kanal der Familie hochgeladen.
Mutter Katie erklärt dies gegenüber "People" damit, dass Lilys und Chloes Begeisterung für die Drehs deutlich nachließ. Außerdem realisierte sie, dass sie ihre Töchter nie nach deren Zustimmung gefragt hatte: "Am Anfang hat es wirklich Spaß gemacht … Man springt einfach auf diesen Zug auf und sagt zu allem Ja", erzählt sie. "Ich habe die Zustimmung meiner Kinder anfangs überhaupt nicht bedacht. Wir haben es einfach gemacht. Irgendwann wurde es meinen Kindern aber zu viel, und ich hatte das Gefühl, dass niemand mehr etwas davon hat."
Von da an setzte Katie bewusstere Grenzen. Als Lily sechs Jahre alt war, klopfte Disney bei den Clems an, um sie für eine Fernsehsendung zu casten. Doch Katie lehnte sofort ab, da sie gesehen hatte, wie sich das Rampenlicht negativ auf heranwachsende Kinderstars auswirkte. "Ich wusste einfach, dass das nicht die Richtung ist, die ich für meine Kinder wollte. Und ich bin dankbar, dass ich auf meinen Instinkt gehört und diesen Weg nicht für sie gewählt habe."
Nichts bereuen
Katie räumt aber auch ein, dass sie einige Zeit brauchte, um zu diesem Schluss zu kommen. "Das Geld, die Aufmerksamkeit, der Ruhm, die Reaktionen meiner Kinder" - all das fühlte sich für sie gut an, bis sie zu dem Schluss kam, dass es ihren Kindern vielleicht nicht guttun würde. Heute sei sie "nicht mehr dieselbe Mutter wie damals", sagt Katie und berichtet von den Gewissensbissen, die sie im Nachhinein plagen: "Habe ich alles richtig gemacht? Habe ich alles falsch gemacht? Ich habe eine Menge Schuldgefühle."
Chloe selbst, die mit ihren 14 Jahren heute nur noch selten in der Öffentlichkeit erkannt wird, sieht die Sache gelassener. Sie blickt mit Stolz auf ihre Zeit als Internet-Star zurück und kann sich eine berufliche Zukunft als Content Creatorin vorstellen, verrät sie. Ob sie etwas an dem Meme-Ruhm der letzten 12 Jahre bereuen würde? "Nein", antwortet die Schülerin entschlossen, "ganz und gar nicht".
Quelle: ntv.de, apr