Kein Eichhörnchen als Festessen Pilotin wirft "Truthahnbomben" über Alaska ab
28.11.2024, 13:33 Uhr Artikel anhören
Die Pilotin Esther Sanderlin-Keim verhilft ihren Nachbarn per Luft zu einem Truthahn.
(Foto: AP)
Zu Thanksgiving gibt es in den USA Truthahn. Doch manche Familien in Alaska sind so weit ab vom Straßennetz, dass sie es nicht bis zum Supermarkt schaffen. Sie erreicht das Festgeflügel auf ungewöhnliche Weise.
Zu Thanksgiving gehört in vielen US-amerikanischen Familien das gemeinsame Truthahnessen. Doch in einem so großen Land gibt es auch viele Menschen, die keinen Truthahn kaufen können. Auf einige Nachbarn von Esther Sanderlin-Keim trifft das jedenfalls zu.
Die Pilotin lebt im US-Bundesstaat Alaska, sie wuchs in dem kleinen Ort Skwentna auf, der weniger als 100 Einwohner hat. Dann hörte sie zufällig etwas, was ihr Leben veränderte. "Ich war bei unserem neuesten Nachbarn zu Besuch und sie sprachen darüber, ein Eichhörnchen zum Abendessen durch drei zu teilen, und dass das nicht wirklich reichte", sagt Sanderlin-Keim dem TV-Sender KTUU. In diesem Moment sei ihr der Gedanke gekommen, den Nachbarn zu einem Truthahn zu verhelfen.
Kurz zuvor hatte sie gemeinsam mit ihrem Vater ihr erstes Flugzeug flugtauglich gemacht. "Bei Frost kann man sich nicht wirklich fortbewegen und kann daher nicht reisen", sagte sie. "Aber man kann fliegen, solange man nicht landet." Nur 20 Prozent von Alaska sind über Straßen erreichbar und im Winter sind viele Bewohner, die abseits größerer Ortschaften leben, auf Kleinflugzeuge oder Schneemobile angewiesen.
Plan für eine Hilfsorganisation
Sanderlin-Keim entschloss sich, in der Nähe ihrer Nachbarn, die abseits des Straßennetzes leben, sogenannte "Truthahnbomben" abzuwerfen. Diesen Begriff verwenden die Lokalnachrichten für die gefrorenen Truthähne, die vom Himmel fallen.
Sie ist nicht die Erste, die Truthähne so ausliefert. Als sie in Alaska aufwuchs, hatte einer ihrer Nachbarn dasselbe für Sanderlin-Keims Familie getan. "Wir hatten einen Freund, einen Nachbarn, der Truthähne für meine Familie und andere Familien in der Nachbarschaft abwarf", erinnert sie sich. "Das hatte einen enormen Einfluss auf mein Leben und das anderer in der Gemeinde."
Nun beschloss sie, dass es an der Zeit war, etwas zurückzugeben. In diesem Jahr liefert sie schon das dritte Mal "Truthahnbomben" aus, insgesamt 30 bis 40, um sicherzustellen, dass niemand vergessen wird, nicht einmal diejenigen, die abseits des Straßennetzes leben. Vom Flugplatz in Anchorage reicht der Radius von Sanderlin-Keims Truthahn-Flügen bis zu 160 Kilometer in den Norden bis an die Ausläufer des Denali, des größten Berges von Alaska.
Die Lieferung ist nicht immer ganz einfach. Ein Mensch im Flugzeug steuert, der andere wirft die Truthähne ab. Die Familien muss Sanderlin-Keim vorab über Portale wie Facebook oder Instagram kontaktieren, damit sie zur richtigen Zeit vor der Tür stehen. "Wir lassen den Truthahn erst fallen, wenn wir sie aus dem Haus oder der Hütte kommen sehen, denn wenn sie ihn nicht fallen sehen, wissen sie nicht, wo sie suchen müssen."
Einmal sei ein Truthahn im tiefen Schnee fünf Tage lang nicht gefunden worden, sagt Sanderlin-Keim. Ein Schinken sei aber die einzige Lieferung gewesen, die ganz verloren gegangen sei. Das richtige Timing beim Abwurf der schweren Truthähne ist alles. Sie selbst sei nicht unbedingt treffsicher, scherzt sie. "Aber ich habe noch nie ein Haus, ein Gebäude, einen Menschen oder einen Hund getroffen." Sanderlin-Keim hofft, aus dieser Mission eine gemeinnützige Organisation machen zu können, damit sie mehr Menschen in ganz Alaska erreichen kann.
Quelle: ntv.de, sba