"Sewol"-ErmittlungenPolizei stürmt Kirchengelände

In Südkorea mischen sich Trauer und Wut, während das Fährunglück noch immer nicht bis ins Detail aufgeklärt ist. Nun nehmen Ermittler einen bekannten Baptisten-Führer ins Visier, der für die Katastrophe mitverantwortlich sein soll.
Auf der Suche nach einem der mutmaßlich Verantwortlichen für das Fahrunglück in Südkorea haben Ermittler südlich von Seoul ein Kirchengelände gestürmt. Mehr als tausend Polizisten drängten auf den Kirchen- und Farmkomplex Geumsuwon nahe der Stadt Anseong. Dort vermuteten sie den flüchtigen Patriarchen der Eignerfamilie der Mitte April gekenterten Fähre "Sewol", Yoo Byung-Eun.
Yoo gilt nach Aussagen ehemaliger Mitglieder als spiritueller Führer der Evangelikalen Baptistenkirche von Korea, einer Kirchenabspaltung mit geschätzten 20.000 Anhängern. Die Ermittler vermuten, dass der öffentlichkeitsscheue 73-Jährige hinter einem von seinen Kindern und Vertrauten geführten Unternehmenskomplex steht, zu dem auch das Fährunternehmen Chonghaejin Marine Co. gehört. Yoo soll hauptverantwortlich sein für ein Geschäftsklima, in dem Sicherheitsregeln zugunsten von Profit häufig missachtet wurden. Direkt beteiligt ist Yoo aber nicht an dem Fährunternehmen.
Offenbar wurde Yoo bislang nicht festgenommen. Möglicherweise konnte er rechtzeitig entkommen. Hunderte Anhänger der Kirchengruppe halten das Gelände seit zwei Wochen besetzt, die Leitung hatte die Polizei eindringlich vor einer Stürmung gewarnt. Als die Ermittler dennoch anrückten, gaben die Anhänger ihre Blockade nach Verhandlungen auf.
Noch immer Vermisste
Die Fähre "Sewol" war am 16. April mit 476 Menschen an Bord vor der Südküste gesunken. Nach offiziellen Angaben kamen 288 Menschen ums Leben, noch immer werden 16 Passagiere vermisst. Die meisten Opfer waren Schüler auf einem Ausflug. Der Großteil der Crew rettete sich rechtzeitig, was den Zorn der Angehörigen noch anfachte. Der Kapitän und drei Besatzungsmitglieder wurden inzwischen wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Zudem stellte sich heraus, dass die Fähre überladen war.