Panorama

Cyber-Grooming auf Snapchat RTL-Experiment zeigt Vorgehen von Pädokriminellen

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Täter sprechen die Lockvögel im Experiment sofort gezielt an.

Täter sprechen die Lockvögel im Experiment sofort gezielt an.

(Foto: RTL)

Mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen in Deutschland nutzen Snapchat. Das wissen auch Pädokriminelle und nehmen dort gezielt Kontakt mit Minderjährigen auf.

In einem Live-Experiment hat ein RTL-Investigativteam untersucht, wie leicht Kinder Opfer von Cybergrooming werden können. Drei Tage lang gaben sich zwei volljährige Schauspielerinnen dafür auf Snapchat als zwölfjährige Mädchen aus.

Mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen in Deutschland nutzen Snapchat. Mit der App lassen sich Fotos und Videos mit Texten, Emojis, Zeichnungen und Filtern bearbeiten und verschicken. Es ist bekannt, dass Täter die Funktionen der App gezielt nutzen, um sexuelle Kontakte zu Minderjährigen anzubahnen und diese zu manipulieren.

Hilfe bei Cybergrooming

An diese Hilfsangebote können sich Eltern oder Kinder wenden:

N.I.N.A. e. V., Hilfetelefon sexueller Missbrauch: 0800 / 22 555 30 – Beratung von Betroffenen und Helfenden
Nummer gegen Kummer Kinder- und Jugendtelefon: 116 111
Nummer gegen Kummer Elterntelefon: 0800 / 110 550
Weißer Ring: Opfertelefon 116 006 – Beratung online, telefonisch und vor Ort
Jugendnotmail: Onlineberatung in Krisensituationen
Hilfeportal sexueller Missbrauch: Onlinesuche nach Beratungsstellen in der Nähe

Bei dem TV-Experiment kommt es innerhalb kürzester Zeit zu Dutzenden Grooming-Versuchen. Schon unmittelbar nach der Anmeldung bekommen die Lockvögel Hunderte Freundschaftsanfragen und bald auch die ersten sexualisierten Fragen. "Darf ich jetzt deine Unterhose sehen?", schreiben ihnen Fremde oder: "Zieh mal bitte dein Kleid aus." Die Doku "Angriff auf unsere Kinder - Der Feind im Chat" läuft am Donnerstag (11. September) um 20.15 Uhr live bei RTL und anschließend auf RTL+.

Täter erreichen Kinder im Internet

Im August hatten Bundesinnenministerium und Bundeskriminalamt (BKA) ein Lagebild zu sexueller Gewalt gegen Kinder vorgestellt. 2024 bearbeitete die Polizei demnach 3457 Fälle, bei denen Täterinnen und Täter über das Internet gezielte sexuelle Kontakte zu Minderjährigen angebahnt haben (2023: 2580 Fälle). Die Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus warnte mit eindringlichen Worten: "Im Netz explodiert das Risiko sexualisierter Gewalt. Noch nie war es für Täter so leicht, Kinder zu erreichen." Für Kinder und Jugendliche sei das Risiko, Opfer zu werden, so hoch wie nie.

Die Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen befragte im Januar 2000 Minderjährige ab acht Jahren zu dem Thema. Sieben Prozent gaben an, dass sie im Netz schon einmal aufgefordert wurden, sich vor der Kamera auszuziehen. Rund ein Drittel hatte schon einmal mit Fremden online gechattet.

Auch auf Snapchat versuchen Täter, gezielt Kontakt zu Kindern und Jugendlichen aufzunehmen, um diese sexuell zu belästigen, zum Bildertausch oder zu Treffen zu überreden. Die Plattform protokollierte allein im ersten Halbjahr 2024 etwa 20.000 Fälle von Cybergrooming, also der sexuellen Manipulation von Minderjährigen über das Internet - mehr als bei Instagram, Tiktok und Co. zusammen.

17 Anzeigen

Seit Jahren wird Snapchat vorgeworfen, zu wenig zu unternehmen, um dieses Cybergrooming zu unterbinden und minderjährige Nutzerinnen und Nutzer zu schützen. Auf Anfrage teilt Snapchat mit, das Unternehmen "arbeitet intensiv daran", jede sexuelle Ausbeutung junger Menschen "zu verhindern und den Strafverfolgungsbehörden zu melden". Man passe seine Sicherheitsstrategien "unermüdlich" an, investiere in Technologie und bemühe sich, Inhalte, die gegen die Community-Richtlinien verstoßen würden, "schnell zu identifizieren und zu entfernen".

Das Experiment zeigte, wie taktisch und manipulativ Täter im Netz handeln. Einer von ihnen löschte etwa Nachrichten sofort nach dem Lesen, rief mehrmals per Videotelefonat an und fragte, ob die vermeintlich Zwölfjährige allein sei. Seine Worte wählte er offenbar mit Bedacht: Aus "Penis" wurde "willst du P. sehen".

Ein über 50 Jahre alter Mann begann bereits nach kurzer Zeit, der vermeintlich Zwölfjährigen Bilder seines Penis zu schicken. In einem Video-Anruf masturbierte der Mann vor der Kamera. Außerdem fragte er nach Kontakt zur fiktiven achtjährigen Schwester des Lockvogels. Insgesamt stellte das Reporterteam nach dem dreitägigen Experiment 17 Anzeigen bei der Polizei.

Quelle: ntv.de, sba

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