Panorama

Südkoreas Präsidentin erhebt Mordvorwürfe "Sewol"-Crew vollkommen hilflos

2014-04-21T022619Z_460372866_GM1EA4K145701_RTRMADP_3_KOREA-SHIP.JPG2693479492048323505.jpg

Warum zögerte die Crew der "Sewol" viel zu lange, die Passagiere zu evakuieren? Aufzeichnungen des Funkkontakts mit der Schifffahrtsbehörde zeigen, wie die Panik die Besatzung lähmte. Aus der hohen südkoreanischen Politik kommen derweil harte Worte.

Der Kapitän der gesunkenen südkoreanischen Fähre "Sewol" muss sich heftige Kritik gefallen lassen. Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye sagte: "Die Taten des Kapitäns und einiger Besatzungsmitglieder waren vollkommen unverständlich, inakzeptabel und kamen Mord gleich." Bisher wurden 64 Tote geborgen, 238 Passagiere werden vermisst, ein Großteil davon Schüler.

Nach dem Unglück unterliefen der Crew einige schlimme Fehler.

Nach dem Unglück unterliefen der Crew einige schlimme Fehler.

(Foto: AP)

Park sagte, es sei zunehmend klar, dass der Kapitän Lee Joon Seok die Evakuierung des sinkenden Schiffes unnötig verzögert und die Passagiere dann "im Stich gelassen" habe, als er das Schiff verließ. "Dies ist vollkommen unvorstellbar, rechtlich wie ethisch", sagte Park. Sie kündigte an, dass das Verhalten aller Beteiligter, angefangen von den Eignern des Schiffs, über die Inspektoren bis hin zur Besatzung, untersucht werde, und die Verantwortlichen vor Gericht gebracht würden.

Lee war am Samstag ebenso wie der Steuermann und die relativ unerfahrene dritte Offizierin festgenommen worden, die zur Zeit des Unglücks das Kommando auf der Brücke hatte. In der Zwischenzeit sind vier weitere Besatzungsmitglieder, drei Offiziere und ein Mechaniker, in Polizeigewahrsam genommen worden. Am Sonntag veröffentlichte Aufzeichnungen des Funkverkehrs zwischen der Fähre und der Schifffahrtskontrolle zeigten, dass zur Zeit des Unglücks auf der Brücke Panik und Chaos herrschte.

Die Aufzeichnungen scheinen zudem zu belegen, dass die Crew lange zögerte, das Schiff zu evakuieren. "Wir neigen uns. Wir sind kurz davor runter zu gehen", sagte ein nicht identifiziertes Besatzungsmitglied. Dennoch waren die Verantwortlichen auf der Brücke vor Panik wie gelähmt: "Es neigt sich so sehr, wir können uns kaum bewegen."

Keine lebensrettenden Schritte

Tatsächlich unterblieben wichtige Schritte zur Rettung der Insassen des Schiffs: So sollten die meisten Passagiere unter Deck bleiben, obwohl dort kaum eine Überlebenschance bestand. Das Protokoll zeigt zudem, dass Sicherheitsanweisungen nicht an die Passagiere durchgegeben werden konnten, da das Lautsprechersystem nicht funktionierte. Der Vertreter der Schifffahrtskontrolle erwiderte, sie sollten die Passagiere auf direktem Wege anweisen, ihre Rettungswesten und möglichst viele Lagen Kleidung anzuziehen.

Unklar ist noch, weshalb diese lebensrettenden Schritte nicht unternommen wurden. Auch die Leitstelle im Hafen gerät nun ins Zwielicht. In der Folge verstrickten sich Brücke und Schifffahrtskontrolle in eine lange Diskussion darüber, ob und wie die Passagiere gerettet werden können, wenn sie von Bord gehen. "Werden die Passagiere sofort nach der Evakuierung gerettet werden?", fragte das Besatzungsmitglied immer wieder. "Lassen Sie sie wenigstens einen Rettungsring tragen und lassen Sie sie schwimmen. Jetzt!", kam die Erwiderung, ohne auf die Frage einzugehen.

Die Sorge des Schiffspersonals ist nicht ganz unberechtigt. Schließlich herrscht an der Unglücksstelle eine starke Strömung und ein Großteil der Passagiere waren Schüler. Fraglich ist auch, warum vom Hafen aus zunächst keine Antwort auf die Frage gegeben wurde: Kurz vor dem Gespräch hat ein sich in der Nähe der "Sewol" befindendes Schiff bereits signalisiert, alle Passagiere aufnehmen zu können. Erst spät antwortete dann der Hafen, es seien innerhalb von zehn Minuten Patrouillenboote vor Ort, die Schiffsbrüchige aus dem Wasser retten könnten. Von dem bereits nahen Schiff war keine Rede.

Quelle: ntv.de, jog/jve/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen