Orkantief "Ciaran" wütet Sieben Tote - 21-Meter-Welle - Hunderttausende ohne Strom
02.11.2023, 17:53 Uhr Artikel anhören
England war eine der besonders betroffenen Regionen
(Foto: AP)
Über Westeuropa wütet Sturmtief "Ciaran". Mehrere Menschen kommen ums Leben. Dutzende Flüge und Zugverbindungen werden gestrichen. In Frankreich sind 13.500 Feuerwehrleute im Einsatz. Behörden mahnen lokal eindringlich, nicht ins Freie zu gehen. Vereinzelt wurden Windböen von bis zu 200 Kilometer pro Stunde gemessen.
Ein schweres Orkantief ist über Westeuropa hinweggefegt und hat dabei mehrere Todesopfer gefordert. Betroffen waren vor allem Frankreich, Spanien sowie Belgien und Großbritannien. Mindestens sieben Menschen kamen ums Leben und etliche wurden verletzt, wie Behörden mitteilten. In Deutschland wurde eine Frau im Harz von einem umfallenden Baum erschlagen, wie die Polizei Goslar mitteilte. Dutzende Flüge und Züge wurden gestrichen. Vielfach kam es zudem zu Stromausfällen.
Am Rammelsberg in Niedersachsen, ein mehr als 600 Meter hoher Berg am Nordrand des Harzes, starb die 46-Jährige aus Bayern, als sie von einem umstürzenden Baum getroffen wurde. Im Harz tobe der Sturm deutlich stärker als zunächst erwartet, teilte die Feuerwehr in Goslar mit. In Nordrhein-Westfalen behinderten durch den Sturm umgefallene Bäume bereits am Vormittag den Zugverkehr. Betroffen waren die Regionen Euskirchen, Remscheid, Mönchengladbach/Viersen und Dorsten.
In Frankreich gab es zwei Tote und 15 Verletzte, darunter sieben Feuerwehrleute, wie Innenminister Gérald Darmanin mitteilte. Ein Lastwagenfahrer starb, als er in einen umgestürzten Baum krachte. In Le Havre wurde ein Mann beim Schließen seiner Fensterläden von einem Windstoß erfasst, vom Balkon geweht und tödlich verletzt.
1,2 Millionen Menschen hatten am Morgen keinen Strom, darunter allein 780.000 in der Bretagne, wie der Stromversorger Enedis mitteilte. Umgestürzte Bäume blockierten Straßen sowie Bahnstrecken. Es gab erhebliche Sachschäden. 13.500 Feuerwehrleute rückten zu rund 3500 Einsätzen aus. Insgesamt seien 1315 Menschen wegen Sturm "Ciaran" in Notunterkünfte gebracht worden, schrieb Darmanin auf der Online-Plattform X. Die Behörden mahnten die Bevölkerung zur Vorsicht. "Ich wiederhole: Bleiben Sie zu Hause", sagte ein Vertreter des nordwestlichen Departments Finistere dem Radiosender RTL. In der Stadt Brest wurden mehrere Häuser evakuiert, weil ein Kran umgekippt war.
Sturmböen erreichten örtlich Geschwindigkeiten bis zu 200 Kilometern pro Stunde. Vor dem zur Bretagne gehörenden Departement Finistère - dem westlichsten kontinentalen Zipfel Frankreichs - wurde eine 21 Meter hohe Sturmwelle gemessen.
Hagelkörner wie Golfbälle
Auch Großbritannien war stark von dem Unwetter betroffen. In Cornwall im Südwesten Englands waren mehr als 8500 Haushalte von der Stromversorgung abgeschnitten. Für 54 Orte entlang der Südküste galten Flutwarnungen. In einigen Landesteilen führten starke Regenfälle zu schweren Überschwemmungen. Viele Schulen blieben geschlossen. Die Seenotrettung rief dazu auf, die Küste zu meiden. Der Sturm erreichte Windgeschwindigkeiten von über 200 Kilometer pro Stunde. "Bitte bleiben Sie drinnen. Es ist sehr gefährlich da draußen", warnte die Jersey Police. Eine Frau berichtete von großen Hagelkörnern: "Die Hagelkörner waren schwerer und größer als ein Golfball und haben uns drei Fenster beschädigt." Bahnbetreiber im Großraum London riefen die Menschen auf, nur wirklich notwendige Reisen anzutreten.
In Belgien kostete das Orkantief zwei Menschen das Leben. In einem Park in Gent stürzte ein Baum auf zwei Fußgänger, von denen einer ums Leben kam. Laut Behördenangaben handelt es sich bei der Toten um eine 64-jährige Frau aus Deutschland, die in Belgien zu Besuch war. Ihre 31-jährige Tochter wurde schwer verletzt. In einem weiteren Park mit Spielplatz wurde eine Fünfjährige von einem schweren, herabstürzenden Ast erschlagen, wie die Zeitung "De Standaard" berichtete. In Antwerpen wurde ein Mann von einer umstürzenden Dachkonstruktion schwer verletzt.
In den Niederlanden wurde in Venray nahe der Grenze zum Niederrhein ein Mensch von einem umstürzenden Baum erschlagen, wie die Polizei mitteilte. An mehreren anderen Orten hatten umstürzende Bäume Menschen verletzt, darunter war eine Frau in Den Haag. Auch Radfahrer waren von herabfallenden Ästen und Bäumen getroffen worden. Die Fluggesellschaft KLM strich Dutzende Flüge am Flughafen Amsterdam-Schiphol. Davon betroffen seien alle KLM-Flüge von und nach Schiphol vom frühen Nachmittag bis zum Ende des Tages, teilte der niederländische Zweig der Fluggesellschaft Air France KLM mit. Internationale Züge von der niederländischen Hauptstadt nach Paris wurden ebenfalls gestrichen. Auch die Schifffahrtswege im Südwesten der Niederlande wurden gesperrt.
Das Orkantief traf auch Teile der iberischen Halbinsel und forderte ein Menschenleben. Eine junge Frau wurde in Madrid von einem umstürzenden Baum erschlagen, wie der Rettungsdienst mitteilte. Fünf weitere Menschen wurden leicht verletzt. In Spanien wurden 42 Flüge gestrichen, nachdem bereits am Mittwoch 21 Flüge abgesagt worden waren. Die Wetterbehörde gab eine Sturmwarnung für die nördlichen Regionen Galicien und Kantabrien heraus, wo Wellenhöhen von bis zu neun Metern erwartet wurden. In Madrid wurde der auch bei Touristen beliebte Stadtpark Retiro aus Sicherheitsgründen geschlossen. Auf den Balearen mit der vor allem bei Deutschen beliebten Urlaubsinsel Mallorca wurde mit Alarmstufe Orange in erster Linie vor hohem Wellengang gewarnt.
Im Tagesverlauf gab es in Frankreich einige Anzeichen für ein Abflauen des Sturms. Der französische Wetterdienst Meteo France senkte seine Warnung vor starken Winden in den Departements Mache, Finistere und Cotes d'Armor auf die nächst schwächere Stufe.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/rts/AFP