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25 Jahre Handy-KurznachrichtWas man über die SMS wissen muss

03.12.2017, 10:01 Uhr
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An dieses Bild können sich viele noch erinnern. (Foto: picture alliance / dpa)

Für die Versendung der ersten Kurznachricht der Welt sind vor 25 Jahren noch mehrere Computer nötig. Ihr Inhalt ist dann erstaunlich banal. Was drin stand und ob die SMS schon ausgestorben ist, lesen Sie hier.

Wer hat die SMS erfunden?

Entwickelt haben die SMS der deutsche Ingenieur Friedhelm Hillebrand und der Franzose Bernard Ghillebaert. Hillebrand, der zu Beginn der 1980er-Jahre Nachrichtentechniker bei der Bundespost war, kam auf die Idee, einen Steuerkanal, der bis dahin zum Auf- und Abbau der Funktelefonverbindung diente, für eine weitere Anwendung zu nutzen. Kunden sollten so vor allem über eventuelle Netzstörungen informiert werden.

Wie kam es zu der Festlegung auf 160 Zeichen?

Die Anzahl der Zeichen wurde durch die Kapazität des Funkkanals begrenzt. Zunächst gab es Befürchtungen, dass sich in 160 Zeichen zu wenige Informationen übermitteln ließen. Daraufhin schrieb Hillebrand drei Wochen lang Kurzmitteilungen in dieser Länge auf Postkarten. Dabei stellte er fest, dass 160 Zeichen für erstaunlich viele Informationen reichen. Später wurden viele Abkürzungen erfunden, um die Zeichenanzahl effizienter zu nutzen. Ein Patent gibt es auf die SMS übrigens nicht. Bei der Bundespost als Staatsbetrieb, aus der später die Telekom hervorging, habe nicht das Geldverdienen im Vordergrund gestanden, sagte Hillebrand 2013 in einem Interview.

Warum dauerte es bis 1992, bis die erste SMS verschickt wurde?

Bis zur Standardisierung vergingen mehrere Jahre, weil Mobilfunkbetreiber aus mehreren Ländern beteiligt waren. Der einheitliche Standard erwies sich aber später als entscheidender Vorteil, weil die SMS schließlich in allen Netzen und auf allen Endgeräten funktionierte.

Wer verschickte denn die erste SMS und was stand drin?

Der damals 22-jährige Vodafone-Ingenieur Neil Papworth verschickte am 3. Dezember 1992 die erste SMS weltweit aus einem Maschinenraum im britischen Newbury. Sie ging an den Vodafone-Manager Richard Jarvis, der die Nachricht mit einem Orbitel TPU 901 empfing. Papworth, schrieb "Merry Christmas", weil sich Jarvis auf einer Weihnachtsfeier am anderen Ende der Stadt befand.

Was antwortete er?

Per SMS gar nichts. Jarvis rief das Ingenieursteam zurück und bestätigte den Erhalt der Kurznachricht. Zurückschreiben war zu diesem Zeitpunkt technisch noch nicht möglich.

Wann setzte sich die SMS durch?

Das Jahr 1999 gilt als das Jahr, in dem das "simsen" massentauglich wurde. In dem Jahr verdoppelte sich die Zahl der Mobilfunkkunden allein in Deutschland auf 48 Millionen. Vor allem junge Leute entdeckten die SMS als besonders schnelle und unkomplizierte Nachricht, die Eltern und Lehrer zudem noch mieden. In Deutschland war 2012 das Jahr, in dem die meisten Kurznachrichten verschickt wurden, insgesamt fast 60 Milliarden. Danach sanken die Zahlen wieder ab. 2016 waren es lediglich noch 12,7 Milliarden.

Was hat der SMS den Garaus gemacht?

Vor allem der Messenger Whatsapp, der seit 2009 entwickelt wurde. Im April 2013 überholten Chat-Anwendungen am Handy die traditionellen SMS.

Was hat sich durch die SMS verändert?

Kommunikationswissenschaftler haben herausgefunden, dass viele Menschen inzwischen lieber eine Nachricht schreiben, statt zu telefonieren. Das hat den Vorteil, dass man seinen Teil der Information übermittelt hat, ohne den anderen zu stören. Er kann die Nachricht lesen, wann es ihm passt. Es hat allerdings auch den Nachteil, dass man nicht wirklich erkennen kann, ob diese auch tatsächlich beim Gegenüber angekommen ist. Denn jenseits von zwei blauen Häkchen sind Missverständnisse bei geschriebenen Nachrichten häufiger, weil Mimik und Gestik oder auch nur der Klang der Stimme als Orientierung wegfallen. Damit gehen wichtige Beziehungsaspekte der Kommunikation verloren. Das schnelle Schreiben oder Lesen einer Nachricht hat sich zudem im Straßenverkehr als echte Gefahr erwiesen. Wenn man bei Tempo 130 zwei Sekunden aufs Handy schaut, hat man 70 Meter "blind" zurückgelegt. Der ADAC schätzt, dass mindestens 500 Menschen im Jahr im Straßenverkehr durch Ablenkung, "meist hervorgerufen durch das Smartphone am Steuer", sterben.

Wann stirbt die SMS aus?

Experten sind sicher: Langfristig wird sich die SMS als zu teuer und zu unflexibel erweisen. Allerdings hat die SMS selbst in Zeiten des Smartphones noch immer einen entscheidenden Vorteil gegenüber den internetbasierten Messengerdiensten: Für sie braucht es kein WLAN, kein LTE, noch nicht einmal Internet oder einen gemeinsamen Anbieter. Sie funktioniert einfach über den Mobiltelefonanschluss. Und das möchten dann doch Millionen Menschen nicht missen. Noch schicken laut einer aktuellen Bitkom-Umfrage auch sechs von zehn Smartphone-Nutzern noch SMS.

Funfacts für den Geburtstagssmalltalk

Boris Becker machte 2007 mit seiner damaligen Freundin Lily Kerssenberg per SMS Schluss, indem er sie einen Tag vor seinem 40. Geburtstag von seiner Party auslud. Das Paar heiratete dann aber doch 2009 und bekam Sohn Amadeus. Das Schlussmachen per SMS oder auch per Messenger-Nachricht ist inzwischen weit verbreitet, gilt aber noch immer als charakterlos.

Die Regierungszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel ist ohne SMS ebenfalls nur schwer denkbar. Schnell und effizient machte sie sowohl ihrer Partei als auch Ministern deutlich, was sie sich wie vorstellt. Dabei schätzte sie nicht, wenn man mit den "am"-Nachrichten indiskret umgeht. Diese Erfahrung machte der damalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel schmerzhaft, als er 2010 eine SMS veröffentlichte, in der er in Absprache mit den Grünen Joachim Gauck als Bundespräsidenten vorschlug. Bundespräsident wurde dann Christian Wulff, und zwischen Merkel und Gabriel herrschte wochenlang SMS-Stille. Ob Merkel inzwischen auf andere Messenger umgestiegen ist, ist nicht bekannt.

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