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Virologin im Interview Was wissen wir über Omikron, Frau Protzer?

Impfangebote am besten schnell und unkompliziert, fordert Virologin Protzer.

Impfangebote am besten schnell und unkompliziert, fordert Virologin Protzer.

(Foto: picture alliance / empics)

Die Prognosen sind einhellig: Omikron wird die dominierende Coronavirus-Variante. Doch lassen sich aus den bislang vor allem aus Südafrika und England stammenden Daten Vorhersagen für den Verlauf hierzulande treffen? Virologin Protzer gibt bei ntv Antworten.

ntv: Frau Protzer, wir haben es jetzt seit zwei bis drei Wochen mit Omikron zu tun. Was wissen wir über diese Virusvariante?

Ulrike Protzer: Wir erkennen immer mehr, dass sie wirklich sehr, sehr ansteckend ist. Das sieht man nicht nur an den Zahlen im südlichen Afrika. Das sieht man inzwischen auch in Ländern wie England, Schottland, Dänemark, wo sie sich wirklich sehr, sehr schnell ausbreitet.

Aus England heißt es, die Omikron-Fälle verdoppeln sich alle zwei bis drei Tage. Das ist wirklich schnell. Was bedeutet das für uns?

Das heißt, dass es auch bei uns in dem Moment, in dem wir die ersten Ausbreitungen in der Bevölkerung haben, - und das wird sehr schnell der Fall sein, denn wir werden Menschen haben, die aus anderen Ländern einreisen und das mitbringen - genauso schnell gehen wird. Wir haben bei uns eine etwas andere Situation als in Südafrika oder in England, wo sehr viele Menschen schon mal eine Infektion durchgemacht haben und - zumindest in England - auch sehr viele Menschen geimpft sind. Das heißt, da erwartet man durch die bestehende Immunantwort einfach mildere Fälle. Wir haben hierzulande leider immer noch einen relativ großen Teil der Bevölkerung, der nicht geimpft ist. Und ob dann die Erkrankung, wie man es jetzt in England oder in Südafrika sieht, auch milder verlaufen kann oder ob es dann doch genauso schwer wird, das können wir im Moment noch nicht sagen. Allerdings sind in England die Ersten im Krankenhaus gelandet, darunter auch junge Menschen, die eben nicht geschützt waren, so dass ich mit einer Aussage zur Schwere der Infektion einfach noch sehr vorsichtig sein würde.

Virologin Protzer lehrt an der TU München.

Virologin Protzer lehrt an der TU München.

(Foto: ntv)

Wir wissen, Omikron ist infektiöser. Aber wir wissen nicht, ob es schwere Covid19-Verläufe macht. Wie sehr schützt uns die Impfung?

Die Impfung schützt uns bei diesem Virus leider schlechter, und nicht nur die Impfung, auch eine durchgemachte Infektion schützt uns schlechter. Da sind die Daten aus Südafrika schon sehr eindeutig. Sie zeigen, dass die Chance, sich mit Omikron nochmal zu infizieren, wenn man eine Infektion schon durchgemacht hat, etwa zweieinhalb Mal so hoch ist. Das ist schon sehr viel. Und man sieht in England und auch in Afrika eine ganze Reihe Impfdurchbrüche.

Würde die Booster-Impfung daran etwas ändern?

Die Booster-Impfung, so zumindest die bisherigen Daten, hilft da noch mal deutlich. Sie steigert den Schutz vor einer Infektion mit dem Omikron-Virus ganz erheblich. Man ist dann nicht ganz so gut geschützt wie gegen Delta, aber immer noch zu 75 Prozent. Und das Wichtige ist, dass man da nicht mehr schwer erkrankt.

Die Hersteller Biontech und Moderna sagen, dass der Impfstoff, der angepasst ist an Omikron, nicht vor März 2022 auf dem Markt sein wird. Nützt er uns dann noch irgendwas?

Ja, aber mehr für den Sommer und den nächsten Herbst.

Wir haben immer wieder neue Varianten und reden davon, die Impfstoffe immer wieder anpassen zu müssen. Das ist ja so eine Art Katz-und-Maus-Spiel. Wie lange wird das noch gehen?

So lange, bis das Virus aufhört, sich anzupassen. Bisher hat der ursprüngliche Impfstoff sehr, sehr gut funktioniert. Bei Omikron sehen wir jetzt eine eingeschränkte Wirksamkeit. Das ist jetzt der Punkt, an dem man den Impfstoff anpassen muss. Ob das nochmal passiert, kann natürlich auch keiner von uns vorhersagen. Was man immer im Hinterkopf haben muss: Die Variationsfähigkeit eines solchen Virus ist nicht endlos. Denn das Virus muss sich auch noch gut vermehren können. Es muss gut infektiös bleiben, und da kann es nicht allzu viele Variationen tolerieren. Und diese Omikron-Variante ist schon sehr, sehr weit mutiert. Sehr, sehr weit angepasst, sehr, sehr weit variiert. Es kann aber niemand vorhersagen, ob nicht vielleicht noch mal eine Variante kommt. Eventuell muss man dann doch noch mal nachschärfen.

Die Erkenntnis, dass wir Booster- und Erst-Impfungen vorantreiben müssen, ist nicht neu. Die Frage ist: Wie schafft man das?

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Zuerst müssen die Impf-Möglichkeiten geschaffen werden. Geht es nicht schnell und unkompliziert, werden sich viele Menschen zumindest nicht kurzfristig impfen lassen. Das ist es auch, was wir seit Juli, August sagen. Da waren wir in Deutschland aber leider alle mit Wahlkampf beschäftigt und haben einfach langsam reagiert. Ich glaube, jetzt ist das Problem angekommen. Jetzt heißt es, wirklich diese Kapazitäten hochzufahren, so schnell wir können, und breit zu impfen. Ich finde es auch sehr gut, wenn zum Beispiel auch Apotheken impfen können. Gerade für ältere Menschen ist das eine gute Möglichkeit. Die gehen alle in die Apotheke. Dann müssen sie nicht im Wartezimmer beim Hausarzt sitzen, mit dem Risiko, sich anzustecken.

Mit Ulrike Protzer sprach Katrin Neumann

Quelle: ntv.de

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