Panorama

Jubel bei Urteilsverkündung Zahnarzt des Schreckens muss acht Jahre in Haft

Lionel Guedj und sein Vater müssen in Haft.

Lionel Guedj und sein Vater müssen in Haft.

(Foto: dpa)

Mehr als 300 Patienten hat er unnötig Zähne gezogen und schlecht sitzende Prothesen angedreht: Ein französischer Zahnarzt muss dafür nun mehrere Jahre lang in Haft. Auch sein Vater wird verurteilt, er soll ihm geholfen haben. Frühere Patienten applaudieren bei der Urteilsverkündung.

"Schlächter", "Betrüger" riefen seine Patienten, als ihr ehemaliger Zahnarzt in Marseille vor Gericht eintraf. Lionel Guedj hatte vielen von ihnen das Lächeln von Filmstars versprochen - um ihnen dann so viele Zähne wie möglich zu ziehen oder abzutöten und ihnen teuren Zahnersatz anzudrehen. Ein Gericht in Marseille verurteilte ihn wegen mutwilliger Körperverletzung und Verstümmelung zu acht Jahren Haft.

Guedjs Vater, ebenfalls Zahnarzt, soll ihm Hilfe geleistet haben. Er muss für fünf Jahre in Haft. Beide erhielten auch ein endgültiges Berufsausübungsverbot. Der Fall hat in Frankreich für Entsetzen gesorgt. Guedj soll sich zwischen 2006 und 2012 an mehr als 300 Patienten vergangen und mit dem unnötigen Einbau von Prothesen Geld von der Krankenkasse eingeheimst haben. Seine Praxis hatte er in einem armen Viertel im Norden von Marseille eröffnet. Der Hauptangeklagte hatte immer wieder betont, er habe Patienten nur pflegen wollen.

"Le Figaro" berichtete mit Verweis auf die Anklage von etwa 3900 gesunden Zähnen, die abgetötet worden sein sollen. Demnach sei der Hauptangeklagte zwischenzeitlich der bestverdienende Zahnarzt Frankreichs gewesen - mit einem Honorar von etwa 2,9 Millionen Euro für das Jahr 2010.

Guedj hat einem Expertenbericht zufolge 28 Mal mehr Zahnersatz abgerechnet als ein durchschnittlicher Zahnarzt. Seine Operationen führte er schnell und nachlässig aus. Die Zeitung "Le Parisien" berichtete, dass zahlreiche Patienten nach dem Eingriff an Schmerzen, Eiterbeulen oder Zysten litten. Teils hätten die eingebauten Prothesen auch nicht gehalten.

"Ich lache nicht mehr wie früher"

"Ich hatte Mundgeruch, mochte nicht mehr lächeln, ich hatte eine feuchte Aussprache und Schwierigkeiten beim Essen", berichtete die 18-jährige Patientin Sarah während des Prozesses der Zeitschrift "Closer". Sie habe sich nach der Behandlung immer mehr zurückgezogen, weil sie sich schämte. "Mir wurde zu spät klar, dass man sich mit 18 nicht 24 Zähne ziehen lässt."

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"Ich bin verzweifelt, weil ich nicht die Mittel habe, meine Zähne neu machen zu lassen", sagte der Betroffene Aklim Belaïd dem Sender France 3. "Ich lache nicht mehr wie früher."

Mehr als 300 seiner enttäuschten und wütenden Patienten waren schließlich vor Gericht gezogen. Sein Prothesenhersteller sagte aus, dass Guedj Brücken bei ihm bestellte, ohne sie vorher anzupassen. "Er hat so viel Geld verdient, dass er sich für unangreifbar hielt", sagte sein ehemaliger Arbeitskollege. Guedj habe gesagt, dass er sich die besten Anwälte leisten könne und nichts zu befürchten habe. Laut dem Sender BFM TV brach nach der Urteilsverkündung bei den circa Hundert Klägern, die im Saal anwesend waren, Applaus aus.

Quelle: ntv.de, ara/dpa/AFP

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