Karsai gibt Gebiete bekannt Afghanistan übernimmt
27.11.2011, 18:10 Uhr
Die afghanische Armee wird bereits auf die Übergabe vorbereitet.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Übergabe der Sicherheitsverantwortung von der Isaf an die afghanische Armee und Polizei geht in die zweite Runde. Präsident Karsai gibt eine Liste von Provinzen, Städten und Bezirken bekannt, in denen Afghanen die Verantwortung übernehmen. Auch Bundeswehr-Regionen sind betroffen.
Eine Woche vor der Afghanistan-Konferenz in Bonn hat Präsident Hamid Karsai die zweite Gruppe von Gebieten benannt,in denen afghanische Sicherheitskräfte die Verantwortung übernehmen sollen. Betroffen sind sechs Provinzen, sieben Provinzhauptstädte und mehr als 40 Bezirke. Aus dem Bundeswehr-Gebiet im Norden stehen die Provinzen Balch und Samangan und die Stadt Faisabad auf der Liste.
Die erste Phase der Übergabe der Sicherheitsverantwortung hatte im Juli begonnen. Damals waren drei Provinzen und vier Städte übergeben worden, die als vergleichsweise sicher galten. Darunter war auch Masar-i-Scharif, wo sich das größte Bundeswehrfeldlager in Afghanistan befindet.
Übergabetermin noch unklar

Anfang 2012 ziehen sich die ersten Bundeswehrsoldaten aus Afghanistan zurück.
(Foto: IMZ-Bildarchiv)
Im nun folgenden zweiten Schritt sollen die Afghanen die Verantwortung für die Provinzen Balch, Daikundi, Kabul, Tachar, Samangan und Nimros übernehmen. Dazu kommen die Städte Dschalalabad, Ghasni, Maidan Schar, Faisabad, Schaghscharan, Schibirghan und Kalai-i-Naw. In Faisabad hat die Bundeswehr ein Feldlager. Auch in den Provinzen Herat, Parwan und Sar-i-Pul - letztere liegt gleichfalls im Bundeswehr-Gebiet - wird die Verantwortung weitgehend in afghanische Hände übergeben. Ausgenommen sind nur wenige Bezirke.
Mit den neuen Gebieten erfasse der Übergabeprozess nun mehr als Hälfte der afghanischen Bevölkerung, erklärte Karsais Büro. Ein Termin für die Übergabe wurde allerdings noch nicht genannt.
"Großes Problem für Deutschland"
Bis Ende 2014 sollen die Afghanen schrittweise die gesamte Sicherheitsverantwortung für ihr Land übernehmen. Bis dahin sollen auch alle NATO-Kampftruppen das Land verlassen haben. Bis Ende dieses Jahres sollen bereits insgesamt 33.000 US-Soldaten das Land verlassen. Bis Ende 2013 will die Bundeswehr ihre Truppe von aktuell 5350 Soldaten auf bis zu 4400 Soldaten verkleinern.
Der Bundesregierung geht die Übergabe der nordafghanischen Provinzen daher nicht schnell genug. Der Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Rüdiger Wolf, sagte der "Frankfurter Allgmeinen Sonntagszeitung", die afghanische Regierung schiebe die Übergabe schwieriger Gebiete nach hinten, "auf 2013 und 2014". Für Deutschland sei dies "ein großes Problem", weil dann schon viele Bundeswehrsoldaten abgezogen seien.
Engagement über 2014 hinaus
Nach Angaben von Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) wird sich Deutschland jedoch auch über 2014 hinaus militärisch in Afghanistan engagieren. Die Bundeswehr werde beispielsweise weiter "mit Soldaten als Ausbildern Unterstützungsarbeit leisten", sagte de Maizière der "Bild am Sonntag". Dies seien zwar "keine kämpfenden Truppen" mehr, die Soldaten wären aber "ausreichend bewaffnet, um sich schützen zu können."
De Maizière und Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sprachen sich in dem Interview auch für Verhandlungen mit den radikalislamischen Taliban aus. "Aussöhnung findet nicht zwischen Freunden, sondern zwischen bisherigen Gegnern statt", sagte Westerwelle. Der Westen könne "nicht einfach sagen: 'Ihr seid die Bösen, mit euch verhandeln wir nicht'", erklärte de Maizière. "Wir können nicht jeden vom innerafghanischen Aussöhnungsprozess ausschließen, der einmal das Schwert in die Hand genommen hat."
Die internationale Afghanistan-Konferenz in Bonn beginnt am Montag kommender Woche, Karsai reist bereits am Freitag an. Bei der Konferenz soll es um die Zukunft Afghanistans nach dem Abzug der NATO-Kampftruppen 2014 gehen.
Quelle: ntv.de, AFP