Politik

Verfassungsrechtler skeptisch Atomkompromiss nur Makulatur?

Der Atomkompromiss steht auf tönernen Füßen: Einige Verfassungsrechtler sind der Meinung, dass das Vorhaben der Bundesregierung gegen das Grundgesetz verstößt. Zudem wollen Bayern und Hessen stärker an den Zusatzeinnahmen beteiligt werden. Bayerns Umweltminister Söder will 50 Prozent des Geldes für die Standortländer.

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(Foto: picture alliance / dpa)

Die Bundesregierung verstößt mit dem jüngsten Atom-Kompromiss nach Auffassung der Mehrheit der Verfassungsrechtler gegen das Grundgesetz. Diese Meinung vertreten sieben Verfassungsrechtler, deren Artikel die in den kommenden Wochen in juristischen Fachzeitschriften erscheinen, wie die "Frankfurter Rundschau" berichtet. Lediglich einer komme zu dem Schluss, dass der Bundestag allein die Laufzeit der Kernkraftwerke verlängern kann. Zudem haben sich bislang elf angesehene Staatsrechtler öffentlich zu der Frage geäußert. Acht von ihnen seien überzeugt, dass der Bundesrat dem Atomkompromiss zustimmen müsse.

Unter den Befürwortern einer Zustimmungspflicht sind der Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, und der Speyerer Verfassungsjurist Joachim Wieland, die schon Gutachten für das Bundesumweltministerium angefertigt hatten, wie die Zeitung weiter berichtet. Beide wiesen nun in Fachartikeln das Argument zurück, ein Karlsruher Urteil zum Luftsicherheitsgesetz des Bundes vom Mai stütze die schwarz-gelbe Koalition in ihrer Absicht. Die Stromkonzerne hatten das Urteil begrüßt.

Fälle sind nicht vergleichbar

Papier war bis Mai 2010 Präsident des Bundesverfassungsgerichts.

Papier war bis Mai 2010 Präsident des Bundesverfassungsgerichts.

(Foto: picture alliance / dpa)

Karlsruhe hatte im Mai die Zustimmungspflicht der Länderkammer zur Novelle des Luftsicherheitsgesetzes von 2005 verneint, die etwa schärfere Personenkontrollen an Flughäfen vorschrieb. CSU-Mitglied Papier halte die Fälle aber für nicht vergleichbar. Er sehe "keine zwingenden Gründe", diese Argumentation auf die Laufzeitfrage zu übertragen, argumentiere er in der "Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht".

Wieland habe den Plan, das Gesetz ohne Zustimmung des Bundesrates zu beschließen, als "fahrlässig" bezeichnet. Hier "mit Augen zu und durch" zu verfahren, sei "sehr mutig", sagte Wieland der "Frankfurter Rundschau". Er erinnerte daran, dass Bundespräsident Christian Wulff, der das Atomgesetz unterzeichnen muss, als niedersächsischer Ministerpräsident von der Zustimmungspflicht ausging.

Bayern und Hessen wollen mehr

Derweil fordern Bayern und Hessen einen größeren Anteil an den Zusatzeinnahmen aus dem Atomkompromiss der Bundesregierung. 50 Prozent des Geldes sollten in die Standortländer fließen, sagte der bayerische Umweltminister Markus Söder der "Süddeutschen Zeitung". Die Bundesländer mit Atomkraftwerken bräuchten das Geld, um die Energiewende zu schaffen. "Je mehr Kernenergie ein Land hat, desto höher sollte der Anteil an den Mitteln sein." Zudem sollten Standortländer ein Mitspracherecht bei der Verwendung der zusätzlichen Milliarden bekommen.

Auch Hessens Umweltministerin Lucia Puttrich (CDU) fordert Anteile aus dem Atomkompromiss. "Die Länder müssen an den Einnahmen beteiligt werden, weil der Ausbau der erneuerbaren Energien in hohem Maße in den Ländern erfolgt." In den nächsten Tagen würden Gespräche geführt, um zu sehen, "um welche Beträge es gehen kann und wie das ausgestaltet werden kann", kündigte Puttrich an.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wies die Forderungen zurück. Laut Grundgesetz stünden spezifische Verbrauchssteuern wie diese dem Bund zu, sagte er im ZDF. "Das ist Teil unseres Zukunftspaktes, mit dem wir Schritt für Schritt die zu hohe Verschuldung abbauen und gleichzeitig die Rahmenbedingungen für eine gute wirtschaftliche Entwicklung verbessern."

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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